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Cannabis im europäischen Arzneischatz des 18. Jahrhunderts

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Das bis Mitte des 18. Jahrhunderts wohl populärste Arzneibuch im europäischen Raum war die Pharmacopoeia medico-chymica des Johann Schröder (TSCHIRCH 1910: 890). In der deutschen Ausgabe von 1709 mit dem Titel Vollständige und nutzreiche Apotheke oder medizin-chymischer Artzney-Schatz sind zahlreiche Cannabisrezepturen erwähnt. Einige Beispiele (SCHRÖDER 1709: 902):

«Die Bauern in Niederland geben Hanff Körner zerstoßen und ein Safft deraus gepresst den Patienten zu Anfang der Gelbsucht ein/und offt nicht ohne Nutzen sonderlich wenn sie aus bloßer Verstopfung und ohne Fieber entstehet. Er öffnet den Gang der Gallen und befördert durch den ganzen Leib bilis digestionem.»

«Wer flüssige Augen hat, der siede Hanff Körner in rothen Wein bis sie keimen hernach nehme man einen Schwam tunke den in die Brühe und binde den Schwamm alle Abend in den Nacken / zeucht die Flüsse hinweg.»

«Hanff-Emulsion aus dem Kern davon die Rinde abgemacht mit Rosen- Wasser bereitet und mit Baumwolle übergelegt vertreibet die MaserFlecken und Pocken-Narben / machet man aber mit Bier und Butter/Brühlein davon und trinket sie das morgens nüchtern so praeserviren sie den Kindern von Kinds-Blattern.»

In vielen zeitgenössischen Arzneibüchern wurde Hanf als Bestandteil von Rezepturen erwähnt. Meist waren es immer wieder die gleichen Beschwerden, die man mit Hanf(samen) behandelte. Eine typische Krankheit, die man unter anderem mit Hanfsamen bekämpfte, war die Geschlechtskrankheit Gonorrhoe (Tripper).

Auch der Schweizer Universalgelehrte Albrecht von Haller kannte den medizinischen Gebrauch von Hanf. Nebst den wohlbekannten Indikationen geht er in seinem 1776 erschienenen Werk Historia stirpium indigenarum Helvetiae auch auf die kulturhistorischen Hintergründe dieser Pflanze ein (HALLER 1768: 287-289).

Obgleich die nützlichen und therapeutischen Eigenschaften des einheimischen Hanfes geschätzt wurden, stand man dem bis dahin in der westlichen Medizin unbekannten indischen Hanf kritisch gegenüber. Den berauschenden Eigenschaften der fremdländischen Hanfpflanze und ihrer vermuteten Schädlichkeit wurde mit Vorsicht begegnet. Der Tübinger Medizinprofessor Johann Friedrich Gmelin hielt in seiner 1777 erschienen Allgemeinen Geschichte der Pflanzengifte fest:

«Auch der Saame, die Rinde, die Blätter, noch mehr der Saft, und die Spitzen der grünenden Pflanze haben etwas Betäubendes: sie sind das Brug, oder Bangue der Morgenländer, dass sie gemeiniglich mit etwas Honig anmachen, und es gebrauchen, wenn sie sich in eine angenehme Art von Trunkenheit und Benebelung des Verstandes versetzen wollen. Ob ich gleich nicht zweifle, dass ein langer Gebrauch solcher Mittel tödlich sein kann, so ist mir doch bisher kein Beispiel davon bekannt» (GMELIN 1777: 402).

Zusammengefasst: Auch im 18. Jahrhundert verwendete man von der Arzneipflanze Cannabis sativa fast ausschließlich, wie in der Volksmedizin üblich, die Samen in Form des Öls oder einer Emulsion. Die Heilpflanze Cannabis indica war bis zu diesem Zeitpunkt als Arzneimittel praktisch unbekannt. Es sollte bis Mitte des 19. Jahrhunderts dauern, bis sich der Indische Hanf in der europäischen Schulmedizin etablieren konnte.

Was ist Indischer Hanf?

Der wissenschaftliche Name Cannabis indica, Indischer Hanf, stammt von dem französischen Botaniker Jean Baptiste Lamarck (1744–1829), der ihn damit von dem in Europa angebauten Hanf Cannabis sativa unterschied. Er erwähnte «Chanvre des Indes – Cannabis indica» wahrscheinlich erstmals im Jahr 1783. Heute ist umstritten, ob es sich um eigene Arten (Spezies) oder um zwei Unterarten (Subspezies) derselben Art handelt (siehe Kapitel 2). Unabhängig von der Stammpflanze wird «Indischer Hanf» im Deutschen häufig als Synonym für Rausch- oder Drogenhanf verwendet, beispielsweise in der Homöopathie.

Cannabis in der Medizin

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