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Apostel der Aussätzigen: Damian de Veuster

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Als Pater Damian de Veuster am 10. Mai 1873 die „Hölle von Malakai“ betrat, zeigte sich ihm ein schreckliches Bild. Auf einer Landzunge der Insel Malakai im Hawaii-Archipel wurden die Leprakranken einfach ihrem Schicksal überlassen. Hunderte Menschen vegetierten dort vor sich hin unter übelsten hygienischen Bedingungen. Die Menschen lebten in einfachen Verschlägen aus Gras und warteten auf den Tod. Die Regierung des Inselstaates wusste sich nicht anders zu helfen, als die sich schnell ausbreitende Krankheit durch Isolation der Erkrankten einzudämmen. Mit Lepra, damals noch als Aussatz bezeichnet, hatte man keine medizinische Erfahrung und war nicht in der Lage, der Krankheit Herr zu werden. Aus Angst vor Ansteckung wurden die Kranken bei der Überfahrt vor Malaki einfach von Bord geworfen.

Für diese Menschen musste man etwas tun. Davon war der Bischof der Ordensgemeinschaft von den „Heiligsten Herzen Jesu und Mariens“ überzeugt. Die Missionare der Ordensgemeinschaft, in Deutschland unter dem Namen der „Arnsteiner Patres“ bekannt, war die seelsorgliche Betreuung der Sandwich-Inseln, wie man das Hawaii-Archipel nannte, anvertraut worden. Die Patres wollten die Leprakranken nicht einfach sich selbst überlassen. Allerdings wusste der Bischof, dass ein Einsatz auf der Insel aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr lebensgefährlich war. Keinen seiner Mitbrüder wollte er zwingen, auf die Insel zu gehen. Gleichwohl meldeten sich spontan vier Patres und erklärten sich bereit, die Leprakranken abwechselnd zu besuchen und ihnen als Seelsorger beizustehen. Der erste von ihnen war Pater Damian de Veuster, der schließlich auf eigenen Wunsch für immer auf Molokai bleiben sollte.

Damian de Veuster wurde unter dem Namen Joseph de Veuster am 3. Januar 1840 als siebtes von acht Kindern eines Bauern im flämischen Tremelo geboren. Zunächst arbeitete er nach der Volksschule auf dem elterlichen Hof, wurde dann aber von seinem Vater auf die Handelsschule geschickt, da der Junge Kaufmann werden sollte. Mit der Kirche war die Familie eng verbunden. Zwei seiner Schwestern waren in einen Orden eingetreten, sein Bruder war Mitglied des Ordens der „Heiligsten Herzen Jesu und Mariens“ in Leuven. Als Joseph 1859 mit seinem Vater den Bruder besuchte, entschloss er sich, ebenfalls in den Orden einzutreten und seine Kraft für die Mission einzusetzen. Der Orden nahm ihn auf, er erhielt den Ordensnamen Damian.

Für den Auftrag der Seelsorge im Hawaii-Archipel entsandte der Orden einige Brüder und Patres. Da Damians leiblicher Bruder aufgrund einer Krankheit nicht mitreisen konnte, nahm Damian seinen Platz ein. Viereinhalb Monate dauerte die Reise, bis die Ordensleute in der Hauptstadt Honolulu auf Hawaii eintrafen. Dort wurde Damian nach drei Monaten zum Priester geweiht und übernahm die Mission auf Puna, der größten der Sandwich-Inseln, auf der rund 30 Katholiken lebten. Damian errichtete eine Kirche und konnte eine kleine, blühende Gemeinde aufbauen. Bis er sich für den Einsatz auf der Leprainsel entschieden hatte.

1873 reiste Pater Damian nach Molokai. Zunächst versuchte Pater Damian, die schlimmsten Missstände zu beseitigen. Er versorgte Wunden, organisierte Kleidung und Medikamente. Schließlich versuchte er, die Insel zu bebauen und für die kranken Menschen zu einer erträglichen Heimat zu machen. Sein handwerkliches Geschick kam ihm dabei zugute: Er legte Äcker und Gärten an, errichtete eine Wasserleitung und baute mit den Kranken feste Holzhütten. Damian hatte nach anfänglicher Angst alle Bedenken fahren lassen, die Menschen zu berühren und mit ihnen zu essen. Schließlich wollte er den Kranken ihre Würde wiedergeben und ihnen nahe sein. Zunehmend nahm die Bebauung der Insel Gestalt an. Miteinander errichteten die Bewohner eine Kirche. In ihr feierte Pater Damian bis kurz vor seinem Tod jeden Tag die heilige Messe. Sogar ein Orchester gründete er. Allerdings musste er diesem hohen Einsatz schließlich doch den Tribut zollen. Als 1884 ein Arzt auf die Insel kam, um die Krankheit Lepra weiter zu erforschen, stellte er sie auch bei Pater Damian fest. Sein Arbeitseifer wurde dadurch nicht gebrochen, bis schließlich seine Kräfte nachließen. Äußerlich schwer entstellt und völlig ausgezehrt, starb Pater Damian am 15. April 1889, dem Montag der Karwoche. Er wurde neben seiner Kirche auf Molokai begraben.

Die Nachricht seines Todes zog weite Kreise. Zahlreiche Männer und Frauen traten in den Orden ein, um besonders den Armen und Ausgestoßenen das Evangelium zu verkünden. Auch der Kampf gegen die Lepra bekam durch Pater Damians Wirken einen wichtigen Anstoß. Mehrere Organisationen begannen, sich intensiv mit der Krankheit auseinanderzusetzen und Hilfsmaßnahmen für Erkrankte zu schaffen. Schließlich beruft sich auch die „Deutsche Lepra- und Tuberkolosehilfe“ auf das Wirken des engagierten Paters. Für den Staat Hawaii steht im Washingtoner Kapitol eine Statue des „Apostels der Aussätzigen“, wie man Pater Damian nannte. 1936 wurden seine Gebeine von der Insel nach Belgien überführt und in der Krypta der Klosterkirche in Leuven beigesetzt. Papst Johannes Paul II. würdigte das Leben und Wirken Pater Damians und sprach ihn am 10. Mai 1995 selig. Seine „bedingungslose Pflege von Körper und Seele“ betonte Papst Benedikt XVI., als er ihn in Rom am 11. Oktober 2009 heiligsprach. Um Christus zu folgen, habe er nicht nur seine Heimat verlassen, sondern sogar sein Leben eingesetzt und „dafür den Lohn des ewigen Lebens erhalten“, sagte der Papst. Pater Damians Gedenktag ist der 10. Mai, der Tag, an dem er auf die Insel Molokai kam.

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