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Buch 1
Zweites Capitel.
Sara Purfoy

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Die Deportierten waren sicher wieder eingesperrt und gingen zu Bett, wozu die Regierung dem Manne sechzehn Zoll Raum gestattete, der allerdings wegen verschiedener Verhältnisse aus dem Schiffe noch etwas verkürzt wurde.

Die Kajüte brachte ihre Abende mitunter recht vergnügt zu. Mrs. Vickers war poetisch und besaß eine Guitarre und da sie auch musikalisch war, sang sie dazu. Kapitain Blunt war ein lustiger, etwas gewöhnlicher Herr; Sergeant Pine hatte eine wahre Wuth, Geschichten zu erzählen und wenn Vickers auch meist langweilig erschien, so war Frere doch fröhlich. Ueberdies war die Tafel gut bedient und mit Mittagessen, Tabak, Whist, Musik und Branntwein und Wasser gingen die Abende mit einer Schnelligkeit vorüber, von der die wilden Thiere dort unter dem Deck, die zu Sechsen in einem Raume von fünf Fuß drei Zoll zusammen gedrängt waren, keine Vorstellung hatten.

An diesem Abend aber war die Kajüte etwas verstimmt. Das Mittagessen ging still vorüber und die Unterhaltung war ohne Lebhaftigkeit.

»Kein Anzeichen von Wind, Mr. Best? « fragte Blunt als der erste Offizier hereinkam und sich setzte.

»Mein Herr.«

»Diese – ach diese abscheulichen Windstillen,« sagte Mrs. Vickers. »Schon eine Woche, nicht wahr, Kapitain Blunt?«

»Dreizehn Tage, Madame,«s brummte Blum.

»Ich erinnere mich, daß wir auf der Höhe der Koromandel-Küste, als wir die Pest in der »Klapperschlange« hatten —«

»Kapitain Vickers, noch ein Glas Wein?« rief Blunt, um die Erzählung abzuschneiden.

– »Danke, nicht mehr. Ich habe Kopfweh.«

»Kopfweh – ja, das wundert mich nicht, wenn man zu den Kerls hinuntergeht. Es ist schändlich, wie diese Schiffe überfüllt werden. Wir haben über zwei hundert Seelen an Bord und nur Platz für die Hälfte.«

»Zweihundert Seelen! Gewiß nicht,« sagte Vickers. »Noch den königlichen Verordnungen —«

»Hundertundachtzig Gefangene, fünfzig Soldaten, dreißig Mann Schiffsbedienung, Alles in Allem und wie viele? – eins zwei, drei, sieben in der Kajüte. Wie viel macht das ?«

»Wir sind ein wenig beengt,« sagte Best.

»Es i sehr Unrecht,« sagte Vickers feierlich. »Seht Unrecht, nach den königlichen Verordnungen.« – Aber die königlichen Verordnungen waren in der Kajüte noch unbeliebter als Pine’s unendliche Anekdoten und Mrs. Vickers gab der Unterhaltung schnell eine andere Wendung.

»Sind Sie nicht dieses Lebens gänzlich müde, Mr. Frere?«

»Nun, es ist nicht gerade ein Leben, wie ich es zu führen wünschte,« sagte Frere und strich mit der von Sommerflecken gesprenkelten Hand durch sein hartes, rothes Haar, »aber man muß aus Allem das Beste ziehen.«

»Ja,« sagte die Dame in jenem leisen, mitleidigen Ton, in dem man von irgend einem Unfall spricht, »es muß ein harter Schlag für Sie gewesen sein, so plötzlich eines großen Vermögens beraubt zu werden.«

»Nicht das allein, sondern auch noch ausfindig zu machen, daß das schwarze Schaf, welches Alles bekommt, eine Woche vor meines Onkels Tode noch Indien abgesegelt ist. Lady Devine erhielt am Begräbnißtage einen Brief, worin ihr Sohn ihr anzeigte, daß er im Hydaspes nach Calcutta gegangen sei und nie wiederkommen wolle!«

»Sir Richard Devine hinterließ keine andern Kinder ?«

»Nein, nur diesen geheimnißvollen Richard, den ich nie gesehen habe, der mich aber gehaßt haben muß.«

»So so. O diese Familienzwistigkeiten sind schrecklich. Die arme Lady Devine, sie verlor an einem Tage den Gatten und den Sohn!«

»Ja und am nächsten Morgen hörte sie von dem Morde, der an ihrem Vetter, dem Lord Bellasis begangen war! Sie wissen, daß wir mit den Bellasis verwandt sind. Meiner Tante Vater heirathete eine Schwester des zweiten Viscounts.«

»Wirklich. Das ist ein schrecklicher Mord. Und Sie glauben, daß der schreckliche Mann, den Sie mir neulich zeigten, es gethan hat?«

»Die Geschworenen haben es verneint,« sagte Mr. Frere lachend. »Aber ich begreife nicht, wie sonst irgend Jemand einen Beweggrund dazu haben konnte. Ich will aber jetzt auf Deck gehen und rauchen.«

»Warum nur der alte Geizhals von Schiffsbauer seinen einzigen Sohn zu Gunsten dieses Burschen enterben wollte,« sagte Sergeant Pine zu Kapitain Vickers, als der breite Rücken von Maurice Frere auf der Kajütstreppe verschwand.

»Wahrscheinlich leichtsinnige Streiche, die der Sohn auf dem Continent gemacht; solche Emporkömmlinge haben nie Geduld mit den Verschwendern. Aber es ist hart für Frere. Er ist bei aller seiner Rauhheit kein schlechter Mensch und wenn ein junger Mann die Erfahrung macht, daß ein Zufall ihm die Aussicht auf eine Viertel Million raubt und er nichts hat als sein Patent in einem dienstthuenden Regiment, das in eine Strafkolonie kommandiert ist, so hat er wirklich Grund, gegen das Schicksal zu murren.«

»Wie kam es denn, daß der Sohn nun doch das ganze Vermögen erhielt?«

»Ja, es scheint, daß der alte Devine gerade, als er noch seinem Advokaten geschickt hatte, um sein Testament zu ändern, einen Schlaganfall bekam, vermuthlich eine Folge seiner Wuth. Als sie am Morgen in sein Zimmer kamen, fanden sie ihn todt.«

»Und der Sohn ist fort zur See,« sagte Mrs. Vickers, »und weiß nichts von Allem. Es ist ganz romantisch.«

»Es freut mich, daß Frere das Geld nicht bekam,« sagte Pine, an seinem üblen Vorurtheil festhaltend. »Ich habe selten ein Gesicht gesehen, das ich weniger leiden mochte, selbst unter meinen Gelbjacken unten.«

»O Mr. Pine, wie können Sie so sprechen?« rief Mrs. Vickers.

»Bei meiner Seele, Madame, Einige von ihnen sind in guter Gesellschaft gewesen, – das kann ich Ihnen sagen. Da unten sind Taschendiebe und Schwindler, die sich in der besten Gesellschaft bewegt haben.«

»Schreckliche Menschen,« rief Mrs. Vickers und legte ihre Kleider zurecht. »John, ich will auf Deck gehen.«

Die ganze Gesellschaft erhob sich bei diesem Signal.

»Nun, Pine,« sagte Kapitain Blunt, als er allein mit demselben blieb, »wir Beide treten ihr stets auf die Schleppe!«

»Weiber sind immer im Wege an Bord,« erwiderte Pine.

»Ach Doktor, das meinen Sie doch nicht im Ernst, das weiß ich,« sagte eine weiche, volle Stimme hinter ihm.

Es war Sara Purfoy, welche so eben aus ihrer Kajüte trat.

»Hier ist das Mädchen,« rief Blunt. »Wir sprachen gerade von Ihren Augen, meine Liebe.«

»Nun sie werden es wohl vertragen, daß man von ihnen spricht,« sagte sie und richtete ihre Blicke gerade auf ihn.

»Beim Himmel, das können sie,« rief Blunt und schlug mit der Hand auf den Tisch. »Es sind die schönsten Augen, die ich je in meinem Leben gesehen habe und darunter die rothesten Lippen —«

»Lassen Sie mich vorüber, Kapitain Blunt, bitte sehr. Ich danke Ihnen, Doktor.«

Und ehe der sie bewundernde Kapitain es verhindern konnte, war sie bescheiden aus der Kajüte gewichen.

»Ein schönes Stück Waare, – nicht?« fragte Blunt, ihr nachblickend. »Aber es sitzt ein Stück Teufel in ihr.«

Der alte Pine nahm eine mächtige Prise.

»Teufel! Ich will Ihnen etwas sagen, Blunt. Ich weiß nicht, wo Vickers sie aufgetrieben hat, aber das weiß ich, daß ich mein Leben lieber dem schlimmsten Schurken dort unten anvertrauen möchte, als ihr, wenn ich sie beleidigt hätte.

Blunt lachte herzlich.

»Nun, ich glaube doch nicht, daß sie es versteht, einem Manne das Messer in den Leib zu rennen,« sagte er, aufstehend. »Aber ich muß auf Deck, Doktor.«

Pine folgte ihm langsam.

»Ich will nicht behaupten , daß ich mich sehr gut auf die Weiber verstehe,« sagte er vor sich hin, »aber wenn das Frauenzimmer nicht eine ganz besondere Geschichte hat, so müßte ich mich sehr irren. Was hat sie hier an Bord als Kammerjungfer zu thun, das begreife ich nicht.«

Er steckte sich die Pfeife zwischen die Zähne und ging auf dem nun verlassenen Deck bis zur Hauptluke auf und ab. Oefter wandte er sich, um Sara’s weiße Gestalt auf dem Hinterdeck auf und ab schreiten zu sehen. Dann sah er wie eine andere, dunklere Gestalt sich zu ihr gesellte und er murmelte: »Sie hat nichts Gutes vor, darauf möchte ich schwören.«

In demselben Augenblick berührte ein Soldat im Interimsrock seinen Arm. Er war von unten gekommen.

»Was gibt es ?«

Der Mann richtete sich auf und grüßte.

»Verzeihen Sie, Doktor, einer der Gefangenen ist krank geworden und da der Mittag vorüber ist und er immer schlechter wird, habe ich gewagt, Euer Ehren zu stören.«

»Du Esel,« brummte Pine, der wie alle groben Leute ein gutes Herz unter der rauhe Schaale barg – »warum hast Du mir das nicht früher gesagt?« Er klopfte die Asche ans seiner kaum angezündeten Pfeife, stopfte Papier hinein und folgte dem Manne hinab.

Inzwischen genoß das Frauenzimmer, welches der Gegenstand von Pine’s Verdacht war, die frische Kühle der Nacht. Ihre Herrin und die Tochter ihrer Herrin bedurften ihrer nicht und die Herren hatten ihre Abendpfeife noch nicht beendet. Das Zelt war aufgerollt, die Sterne standen am mondlosen Himmel, die Hinterdeckswache war auf das Ouarterdeck gekommen und Fräulein Sara wanderte auf und ab mit keiner geringeren Person als Kapitain Blunt selbst. Sie war an ihm vorüber gegangen und wieder vorüber gegangen bis beim dritten Mal der alte Bursche, ganz unsicher in das Zwielicht starrend, dem Schimmer ihrer Augen folgte und sich ihr näherte.

»Sie waren doch nicht böse, mein Kind, über das was ich unten sagte ?«

Sie that ganz überrascht.

»Was meinen Sie ?«

»Nun, ich meine, ich war etwas – etwas dreist und unhöflich.«

»O nein, Sie waren nicht unhöflich.«

»Freut mich, daß Sie so denken,« erwiderte Phineas Blunt, ein wenig beschämt über seine gebeichtete Schwäche.

»Sie würden unhöflich gewesen sein, wenn ich es gestattet hätte.«

»Woher wissen Sie das ?«

»Ich sah es in Ihrem Gesicht. Denken Sie nicht, eine Frau kann es einem Mann am Gesicht ansehen, wenn er sie beleidigen will ?«

»Beleidigen! Auf mein Wort —«

»Ja, mich beleidigen. Sie sind alt genug , um mein Vater zu sein, Kapitain Blunt, aber Sie haben kein Recht mich zu küssen, wenn ich Ihnen nicht das Recht dazu gebe.«

»Ha, ha,« lachte Blunt, das mag ich leiden. Mir das Recht dazu geben, – ich wünschte, das thätest Du, Du Hexe, Du schwarzäugige.«

»Das wünschen andre Leute auch, – ohne Zweifel.«

»Zum Beispiel, der Offizier. Hu, Fräulein Bescheidenheit? Ich habe gesehen, wie er Sie anblickte, als ob er es auch versuchen wollte.«

Das Mädchen blitzte ihn von der Seite an.

»Sie meinen Lieutnant Frere. Sind Sie eifersüchtig auf ihn ?«

»Eifersüchtig! Was, der Bursche hat kaum seine ersten Hosen angezogen. Eifersüchtig!«

»Ich glaube, Sie sind es und Sie brauchen es nicht zu sein. Er ist ein dummer Tölpel, obgleich er Lieutnant Frere ist.«

»Das ist er. Da haben Sie Recht, beim Himmel.«

Sara Purfoy lachte leise und doch in so vollem Ton, daß dem mittelalterlichen Blunt der Puls schneller ging, und das Blut ihm bis in die Fingerspitzen schlug.

»Kapitain Blunt,« sagte sie, »Sie wollen etwas sehr Törichtes thun.«

Er kam dicht an sie heran und nahm ihre Hand.

»Was ?«

Sie antwortete mit einer andern Frage.

»Wie alt sind Sie?«

»Zweiundvierzig, wenn Sie es denn wissen wollen.«

»O, – und Sie wollen sich in ein Mädchen von neunzehn verlieben?«

»Wer ist das ?«

»Ich,« sagte sie und gab ihm die Hand und lächelte ihn mit ihren vollen, rothen Lippen an.

Der Besanmast verbarg sie dem Mann am Ruder und das Zwielicht der tropischen Sterne lag auf dem Hauptdeck.

Blunt fühlte den gesunden Hauch dieses sonderbaren Mädchens auf seiner Wange; ihre Augen schienen größer und kleiner zu werden und ihre feste, kleine Hand brannte in der seinen wie Feuer.

»Ich glaube, Sie haben Recht,« rief er. »Ich bin schon halb in Sie verliebt.«

Sie blickte ihn an und senkte fast verächtlich ihre Augenlider mit den langen, dunkeln Wimpern. Darm entzog sie ihm ihre Hand.

»Dann hüten Sie sich vor der andern Hälfte, oder Sie werden es bereuen.«

»Werde ich das ?« sagte Blunt. »Nun, das ist meine Sache; komm, kleine Hexe , gib mir den Kuß, zu dem Du mir das Recht geben willst.«

Und er nahm sie in seine Arme. In demselben Augen- blick hatte sie sich frei gemacht und stand ihm mit blitzenden Augen gegenüber.

»Sie wagen es,« rief sie. »Mich mit Gewalt küssen wollen! Ha, sie betragen sich wie ein Schulbube. Wenn Sie es zu Stande bringen, daß ich Sie liebe, dann will ich Sie küssen, so oft Sie wollen. Wenn Sie das nicht können, dann bitte, bleiben Sie mir fern!«

Blunt wußte nicht, ob er lachen sollte oder ärgerlich sein über diese Zurückweisung. Er fühlte, daß er sich in einer ziemlich unbequemen Lage befand und entschloß sich deshalb zu lachen. »Sie sind ein Sprühteufel. Was muß ich thun, damit Sie mich lieben?«

Sie machte ihm einen Knicks. »Das ist Ihre Sache,« sagte sie. Und da der Kopf von Mr. Frere gerade in der Kajütsthür erschien, so ging Blunt davon, ganz verwirrt und doch nicht unwillig.

»Sie ist ein Prachtmädchen, bei Jingo,« sagte er und drückte sich seine Mütze fest. »Ich will mich hängen lassen, wenn sie nicht verliebt in mich ist.«

Und dann fing er an zu pfeifen und das Deck entlang zu schreiten. Hin und wieder blickte er auf den Mann, der seine Stelle eingenommen hatte, freilich nicht mit freundlichen Augen. Aber eine Art von Scham hielt ihn zurück, und er blieb in der Entfernung.

Maurice Frere’s Gruß war sehr kurz.

»Nun, Sara,« sagte er »Sind Sie noch übler Laune?«

Sie runzelte die Stirn.

»Warum schlugen Sie den Mann? Er that kein Unrecht.«

»Er war, wo er nicht hingehörte. Was hatte er dahin zu kommen ? Man muß die Schufte niederhalten, mein Kind.«

»Oder Sie werden Ihnen über den Kopf wachsen? Glauben Sie , daß ein Mann ein Schiff einnehmen kann, Maurice?«

»Nein, aber hundert können es.«

»Unsinn! Was können Sie gegen die Soldaten thun? Da sind fünfzig Soldaten.«

»Ja. – aber —«

»Was ?«

»Nichts. Es ist gegen die Gesetze und ich will es nicht sagen.«

»Nicht nach den »königlichen Befehlen,« wie Kapitain Vickers zu sagen pflegt.«

Frere lachte über ihr Nachahmen des pathetischen Kapitains.

»Sie sind ein sonderbares Mädchen. Ich kann nicht klug aus Ihnen werden. Kommen Sie,« und er nahm ihre Hand, »sagen Sie, was Sie wirklich sind?«

»Wollen Sie mir versprechen, es nicht weiter zu sagen?«

»Natürlich.«

»Auf ihr Wort?«

»Auf mein Wort.«

» Nun denn, – aber Sie werden es weiter sagen?«

»Gewiß nicht! Schnell, sagen Sie.«

»Kammerjungfer in der Familie eines Herrn, der über See geht.«

»Sara, können Sie nicht ernsthaft sein?«

»Ich bin ernsthaft. Das war die Anfrage, die ich beantwortete.«

»Aber ich meine, was Sie gewesen sind. Sie waren nicht immer eine Kammerjungfer.«

Sie zog ihren Shawl dichter um ihre Schultern und fröstelte.

»Die Menschen sind natürlich keine geborenen Kammerjungfern.«

»Nun, wer sind Sie denn? Haben Sie keine Freunde? Was sind Sie denn gewesen?«

Sie blickte den jungen Mann in’s Gesicht, das in diesem Augenblick vielleicht einen weniger harten Ausdruck hatte, als gewöhnlich und trat ihm näher.

»Maurice, lieben Sie mich?«

Er hob eine ihrer kleinen Hände, die auf der Reeling lagen, in die Höhe und küßte sie unter dem Schutze der Finsterniß.

»Sie wissen, daß ich Sie liebe,« sagte er. »Sie mögen eine Kammerjungfer gewesen sein oder was Sie wollen, aber Sie sind das liebreizendste Weib, das ich je gesehen.«

Sie lächelte über seine Heftigkeit. »Also, wenn Sie mich lieben, was hat es dann auf sich?«

»Wenn Sie mich liebten, würden Sie es mir sagen,« sagte er mit einem Eifer, der ihn selbst überraschte.

»Aber ich habe Ihnen nichts zu sagen und ich liebe Sie – noch nicht!«

Er ließ ihre Hand mit ungeduldiger Geberde fallen und in dem Augenblick kam Blunt, der sich nicht länger halten konnte, herbei.

»Eine schöne Nacht, Mr. Frere ?«

»Ja, ziemlich schön.«

»Noch kein Zeichen von Wind?«

»Nein, noch nicht.«

Grade in diesem Augenblick schien ein lichter Schein aus dem tief violetten Streifen der über dem Horizont hing, hervorzubrechen.

»Hallo,« rief Frere, »sahen Sie das?«

Alle hatten es gesehen, aber warteten vergeblich auf eine Wiederholung.

Blunt rieb sich die Augen.

»Ich sah es deutlich,« sagte er, »ein Blitz.«

Sie strengten ihre Augen an, um die Dunkelheit zu durchdringen.

»Best sah etwas Aehnliches vor dem Essen. Es muß ein Gewitter in der Luft sein.«

Da schien ein lichter Streifen plötzlich in die Höhe zu fahren, dann sank er wieder hinab.

Jetzt war keine Täuschung mehr möglich und ein einstimmiger Ruf ertönte von dem Deck. Aus dem düsteren Horizont schoß eine Flammensäule auf, welche die Nacht einen Augenblick völlig erhellte. Dann sank sie wieder und ließ nur einen rothen Schein auf dem Wasser zurück.

»Ein Schiff brennt!« rief Frere.

Deportiert auf Lebenszeit

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