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Würdig und schlicht
ОглавлениеEr hatte es sich verbeten, dass nach seinem Tod ein Staatsbegräbnis inszeniert wird. Aber die Form des Abschieds hatte der Altbundespräsident noch selber bis ins Detail testamentarisch festgelegt; wie einen letzten Gruß an Familie und Volk.
Würdig und schlicht wie sein Leben war die Zeremonie. Frühling auf dem Zentralfriedhof; eine milde Sonne über aller Trauer. Die Witwe musste stark sein; sehr stark, das hatte sich Kirchschläger wohl auch so gewünscht.
Im kommenden Sommer hätten die beiden die diamantene Hochzeit gefeiert; sechzig Jahre Ehe durch alle Stürme der Zeit. Es war den beiden nicht mehr vergönnt, einander an diesem Tag die Hände zu reichen.
Aber in Gedanken und in dem, was man Liebe nennt, bleiben sie einander ewig verbunden; das spürte man, wenn man die Witwe in ihrer stummen Trauer sah.
Während der Zeremonie des Abschieds wird das Leben mit Kirchschläger noch einmal durch den Kopf der Witwe gegangen sein. Bilder aus jungen Jahren und von glücklichen Augenblicken. Bilder, die einen Menschen nie verlassen, auch wenn einer den anderen verlassen musste.
Wie schön ist das, wenn jemand im ganzen Schmerz noch denken kann, dass man das gemeinsame Leben in Treue gelebt und über alle Hürden hinweg gemeistert hat. Dann ist der Abschied in Liebe gebettet.
Und trotzdem kommt dann dieser ganz schmerzhafte Moment, wenn der Sarg der Erde übergeben wird. Das ist der Augenblick, in dem der Abschied so sichtbar und so endgültig wird.
Viele Menschen brauchen Gott ihr Leben lang nicht. Aber dann, im Angesicht des Todes, ist diese Hoffnung, dass es eine Auferstehung im Licht geben könnte, doch ein großer Trost. Herma und Rudolf Kirchschläger haben ihr Leben lang in dieser Hoffnung Kraft geschöpft.
11. April 2000