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Woran ich glaube
ОглавлениеTausende Schäfchen verlassen die Kirche wie ein sinkendes Schiff. Du nicht auch, fragt mich der Freund, der schon lange mit dem Gedanken gespielt hat, und jetzt, sagt er, hat er endgültig genug. Du nicht auch, fragt er mich. Nein, ich nicht. Wenn ich wegen dem, was jetzt offenbar unrund läuft, austreten müsste, dann hätte ich schon früher austreten müssen. Und wenn ich das alles aufzähle, was mir an der katholischen Kirche respektive an manchen ihrer Vertreter nicht gefällt, dann sitzen wir heute noch lange beisammen, Freund.
Aber ich bin und bleibe ja nicht wegen der Nachteile, sondern wegen der Vorteile Mitglied der katholischen Kirche. Wegen der Idee des Glaubens, die manchmal besser und manchmal schlechter gelingt.
Ich mag die Stille und den Geruch eines Gotteshauses, den Versuch, ein Zwiegespräch zu führen mit Gott, wo auch immer er wohnt. Ich mag den Trost eines stillen Vaterunsers, den Versuch des Gedankens und den Wert des Gefühles, wenn ich mir vorstelle, dass irgendwann ein paradiesisches Licht sein wird.
Die Kerze, die ich in der Muttergottes-Grotte anzünde, kann mir an manchen Tagen meine kleinliche menschliche Angst nehmen, und an manchem Tag ist sie ein Trost. Oder eine Bitte.
Ich besuche die Menschen, die nicht mehr da sind, auf dem katholischen Friedhof, und ich erinnere mich an die grausamen Abschiede, die durch die religiösen Rituale und den Trost des Priesters ein wenig gemildert wurden.
Ich bin katholisch, ich versuche, an Gott zu glauben, und der eine oder andere Bischof, der mir nicht passt, wird mir das nicht nehmen können. Ich glaube auch an die Kraft des Papstes, selbst wenn im Vatikan seltsame Dinge geschehen. Jedenfalls glaube ich daran lieber als an die Wall Street, die Autoindustrie oder das Götzenglück der wackligen Wirtschaft.
12. Februar 2009