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2.3. Die natürliche hierarchische Ordnung

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2.3.Die natürliche hierarchische Ordnung

Moderne Eltern wollen Kinder nach demokratischen Prinzipien erziehen und sie gehen vom Ideal der Gleichberechtigung aus. Im Konfliktfall wird Eltern von den meisten Experten geraten: Verständnis, Geduld, diskutieren, verhandeln, verhandeln, verhandeln – bis eine für beide Seiten akzeptable, eine sogenannte WIN-WIN-Lösung gefunden wird. Ein wunderbares Konzept für Erwachsene, in das Kinder hineinwachsen sollten.

Aber kennen Sie das? Sie haben Ihrem Kind ausreichend erklärt, warum es Zähne putzen soll, warum es einen bestimmten Film nicht sehen darf etc. Jede weitere Erklärung wird mit einem »Ja, aber …« abgeschmettert. Da fängt man an, sich sozusagen den »Mund fusselig« zu reden, kein Argument kann motivieren und überzeugen. Hier geht es also um das Durchsetzen notwendiger Maßnahmen, nicht um Win-Win-Lösungen, weil dem Kind offenbar noch die nötige Reife und Einsicht fehlt.

Wenn ein 5-Jähriger oder 12-Jähriger bei der Debatte über das Fernsehprogramm zu seinen Eltern sagt: »Aber du schaust dir doch auch an, was du willst!«, fehlt diesen oft das passende Argument. Aus Sicht der Gleichberechtigung ist dieser Einwand stichhaltig. Wie kommen Sie dazu, Ihrem Kind Vorschriften zu machen? Das tun Sie doch auch Ihrem Partner oder Ihrer Freundin gegenüber nicht! Spüren Sie, dass das mit der Gleichberechtigung so nicht stimmen kann?

Kinder sind gleichwertig, aber nicht gleichberechtigt

Sie haben von Geburt an dieselbe Würde wie Erwachsene und verdienen dieselbe Wertschätzung – aber sie haben nicht dieselben Pflichten wie ihre Eltern und daher auch nicht dieselben Rechte – eine pädagogische Binsenweisheit, die aber durch die blauäugige Gleichberechtigungsbrille betrachtet häufig verzerrt wird.

»Ich will den Willen meines Kindes nicht brechen!«,

sagen verantwortungsbewusste und bemühte Eltern, fühlen sich aber zunehmend hilflos, wenn ihre Anweisungen ignoriert werden oder das Kind auf legitime Auforderungen mit »Hab’ keine Lust!«, »Mir doch egal!« reagiert oder wenn es sich weigert, seine Sachen in Ordnung zu halten, Hausaufgaben zu erledigen, sich gesund zu kleiden oder zu ernähren, etc.

»Kinder lernen aus den Folgen«

ist ein Slogan, der eine gewisse Berechtigung hat. Aber was ist, wenn mein Kind die Folgen auch dann nicht ernst nimmt, wenn es die zehnte Bronchitis oder Blasenentzündung hat, die Zähne bleibenden Schaden nehmen oder die Tochter mit 20 ohne Schulabschluss und Berufsausbildung dasteht? »Du hättest das besser wissen müssen!«, lautet dann der berechtigte Vorwurf der jungen Leute an ihre Eltern.

Ob wir es wollen oder nicht: Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist nicht von Gleichberechtigung, sondern von einer natürlichen hierarchischen Ordnung geprägt. Die Rolle der Eltern ist die von Führungskräften. Sie tragen die Verantwortung dafür, das Unternehmensziel zu erreichen, die Existenz ihrer Mitarbeiter abzusichern und ein Klima zu schaffen, bei dem jeder seine Rechte und Pflichten kennt und ein offenes und verständnisvolles Miteinander möglich wird. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, dürfen sie ihre Führungsverantwortung nicht abgeben – um dann womöglich den Kindern die Schuld am Chaos zu geben.

Gewaltfrei, aber nicht machtlos

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