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Vorwort
von o. Univ. Prof. Dr. H. Max Friedrich

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Vorwort

von o. Univ. Prof. Dr. H. Max Friedrich

Die Erziehungsvorstellungen und Ziele sind zeitgeistig und gesellschaftlich Veränderungen unterworfen. Betrachtet man die Entwicklung der gewandelten Erziehungsstile der letzten 100 Jahre, so stand am Anfang die AUTORITÄRE Erziehung im Vordergrund. Die damals geltenden Schlagworte lauteten »Für Gott, Kaiser und Vaterland« und »Führer befiehl, wir folgen dir«. Es wurde die totale Unterwerfung unter eine Autorität gefordert. In der Nachkriegszeit kristallisierte sich in der 68er Generation mehr und mehr der ANTIAUTORITÄRE Erziehungsstil heraus, in dem möglichst keine Ge- und Verbote eingesetzt werden sollten. Dies bedeutete für Kinder eine nicht angstfreie, sondern ängstigende Erziehungsform, da Richtlinien in der Erziehung für ein Kind unumgänglich notwendig sind und bei bestmöglicher Freiheit Erziehungsgrenzen vermittelt werden müssen. Der antiautoritäre Erziehungsstil kann als gescheitert betrachtet werden, ebenso wie die danach folgende DEMOKRATISCHE Erziehung, bei der alles und jedes mit den Kindern ausdiskutiert werden sollte. Das Ziel, zur Demokratie hin zu erziehen, war zweifellos lobenswert, eignete sich jedoch nicht für eine umfassende Erziehungsnorm. Die nächste Phase eines Erziehungswandels führte zur LIBERALEN Erziehung. Wiederum war die Idee interessant und sogar wünschenswert, führte jedoch zu einer großen Verunsicherung vieler Eltern, da vor allem Kinder ab der Pubertät den PEERGRUPPEN Erziehungsstil wählten. Dies bedeutete, dass der letzte Rest elterlicher Autorität ins Wanken geriet.

Die gegenwärtige Diskussion über Erziehungsstile wird von Schlagzeilen, medialer Überfütterung, von Erziehungsratgebern, Supernannys und Mag. Dr. Google geführt.

Die gesellschaftlichen Veränderungen durch Reduktion auf Einkindfamilien, Mangel an großelterlicher Unterstützung, Arbeitsdruck, Patchworkfamilien und einzelerziehende Elternteile führen zu einem Vakuum im Imitationslernen und sozialer Identifikation. Moderne Armut wird zum erzieherischen Armutsrahmen, in dem, der Not gehorchend, wenig Zeit zur wichtigen pädagogischen Sozialisation bleibt. Die Schule ist vielfach außerstande, ihren im Schulgrundgesetz festgelegten Aufgaben zur Bildung und Erziehung nachzukommen.

Das vorliegende Buch hat es sich zur Aufgaben gestellt, erziehende Personen zur Gewaltfreiheit aufzurufen, die aber niemals Machtlosigkeit bedeuten darf. Gerade der Erziehung in der Familie, dem Grenzensetzen und der Vermittlung vom Umgang mit Gefühlen sind wesentliche Kapitel gewidmet. In sehr plastischen Beispielen werden Konfliktmanagement, Streitschlichtung und entwicklungspsychologische Strategien für Kinder von der Geburt bis zur Adoleszenz beschrieben.

Aus kinder- und jugendpsychiatrischer, individualpsychologischer Tiefenpsychologie und sozialpädagogischer Sichtweise sei diesem Buch Erfolg gegönnt, in dem im Fünf-Felder-Schema Körperlichkeit, Intellektualität, Emotionalität, Sozialisation und die Genderfrage Berücksichtigung erfahren sollen.

o.Univ.Prof.Dr. Max H. Friedrich

Vorstand der Univ.Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie

am AKH Wien

Gewaltfrei, aber nicht machtlos

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