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Obwohl Dom Felix vorgehabt hatte, früh aufzubrechen, verließen die Ridenows Arilinn erst, als die große Rote Sonne bereits hoch am Himmel stand. Im Gras an der Straße gab es schon längst keinen Tau mehr. Das Versprechen der flüchtigen Wärme eines Herbsttags hing in der Luft. Die Männer freuten sich, nach Hause zurückzukehren, denn sie waren erschöpft von abendlichen Feiern, bei denen es mehr um politischen Schlagabtausch als um Unterhaltung gegangen war. Varzil ritt schweigend an dem Platz, den sein Vater ihm zugewiesen hatte, als Zweiter in der Reihe. Er sagte kein Wort, nicht einmal, wenn jemand eine beiläufige Bemerkung zu ihm machte. Seine inneren Sinne bewegten sich rückwärts, nach Arilinn und zu seinen verblassenden Träumen.

Die Straße vor ihm verschwamm vor seinen Augen, die Farben verliefen – der rötlich braune Hals des Pferdes vor ihm, das Gold des von der Sonne ausgebleichten Grases, das Grau der Steine, der dunstige Himmel. Er ließ die Zügel auf den Hals des Pferdes fallen und drückte beide Hände auf die schmerzende Brust. Ein unsichtbares Seil verband sein Innerstes mit dem Turm, der nun bereits aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Er glaubte beinahe zu bluten, aber sein Herz klopfte stetig weiter, und dann erkannte er, dass es kein körperlicher Schmerz war.

»Varzil, Junge?« Die Stimme kam aus weiter Ferne. Es war Gwilliam, der kräftige junge Knecht, der zusammen mit den Pferden am Stadtrand geblieben war.

»Lass ihn in Ruhe.« Das war die Stimme seines Vaters. »Sobald wir zu Hause sind, wird er wieder in Ordnung sein.«

Ich bin nicht in Ordnung. Ich bin nie in Ordnung gewesen.

Soll das das Denken eines Laranzu von Arilinn sein? Versunken in Selbstmitleid wie ein verwöhntes Kind? Die Worte hallten durch Varzils Schädel. Er kannte diese geistige Stimme, die so klar und kraftvoll war. Wer sonst konnte ihn aus solcher Entfernung erreichen oder so klar mit ihm sprechen?

Auster!

Genau. Du konntest nicht gegen den Willen deines Vaters bei uns bleiben. Aber zweifle nicht an deiner Begabung. Tu das nicht. Wenn die Götter es wünschen, werden wir einander wieder begegnen. Verliere nicht den Mut.

Bevor Varzil antworten konnte, war der telepathische Kontakt bereits abgebrochen. Vor ihm, vor dem nickenden Kopf seines Pferdes, erstreckte sich die Straße über die Ebenen von Arilinn. Zu beiden Seiten bog sich das Getreide unter dem Gewicht der reifen Samenkörner. Jede Linie von Halmen und sonnengebräunten Blättern zeichnete sich mit kristallener Klarheit ab. Der Schmerz in seinem Körper ließ nach.

Varzil richtete sich im Sattel auf und griff nach den Zügeln. Das Pferd spürte neue Energie in seinem Reiter und wurde schneller.

Als Dom Felix murmelte: »Was habe ich dir gesagt?«, nickte Varzil nur.

Sie ritten den Rest des Morgens weiter. Auf beiden Seiten der Straßen zeichneten Heuwagen und Erntearbeiter Muster in die Felder.

Als sie in der Mittagshitze eine Rast einlegten, kam ein leichter Wind auf und brachte den honigsüßen Duft von Getreide heran. Insekten summten und zirpten. Die Pferde zerrten an ihren Zügeln, um Halme abzureißen, die dicht am Straßenrand wuchsen.

Die Hitze linderte die verbliebene Spannung in Varzils Muskeln, und er döste im Sattel ein. Sein Vater saß nicht mehr ganz so aufrecht, aber sie würden nicht für ein Schläfchen anhalten. Also setzte er sich zurecht, lockerte die Füße in den Steigbügeln und ließ seine Gedanken schweifen.

Dünne Wolken breiteten sich über den Himmel aus und ließen ihn beinahe weiß aussehen. Licht drosch auf sie ein. Ein paar Haine und Hecken an der Straße spendeten fleckigen Schatten, aber auch hier war es beinahe so heiß wie auf der Straße. Die Pferde waren längst von frischem Trab in einen Schritt gefallen, der immer träger wurde. Schweiß lief ihnen über Hals und Flanken.

Dom Felix ließ sie am Nachmittag Halt machen, an einem kleinen Bach, der sich entlang der Straße wand. Die Pferde senkten die Schnauzen in das plätschernde Wasser. Die Männer stiegen ab, tranken bachaufwärts und wuschen sich Hände und Gesicht. Dom Felix blieb stoisch auf seinem Pferd sitzen, nahm aber einen Becher Wasser entgegen. Er war kreidebleich, und die Muskeln an seinem Kiefer waren angespannt, weil er so fest die Zähne zusammenbiss.

Varzil ging zu dem Verwandten seines Vaters, dem Schwarzen Eiric, der Gwilliam dabei half, die Satteldecken auf Kletten und Falten zu überprüfen. Eiric Ridenow war nicht der Mann gleichen Namens, der gerade Lord von Serrais geworden war, sondern stammte aus einer Nebenlinie der Familie und hatte seinen Namen erhalten, weil er mit dichtem schwarzem Kopfhaar zur Welt gekommen war. Das Haar war seitdem heller geworden und nun rostbraun, aber der Kindername war an ihm hängen geblieben. Nun war er ein kräftiger Mann in mittleren Jahren, verlässlich und kompetent und trat oft als Friedensmann von Dom Felix auf.

»Mein Vater sieht nicht gut aus«, sagte Varzil leise. »Er wird nicht auf mich hören, aber ich denke, er sollte sich ausruhen.«

»Ihr könntet Recht haben«, erwiderte Eiric auf seine lässige ländliche Art. »Ich werde mich darum kümmern. Wenn er schon nicht um seiner eigenen Gesundheit willen länger Rast einlegt, dann sollte er es zumindest für die Pferde tun. Ich habe noch nie einen so heißen Herbsttag erlebt.«

Varzil nickte zum Dank und sah zu, wie der andere Mann zu Dom Felix’ Pferd ging. Wie man eine alte Wunde betastet, sandte er seine Gedanken nach Arilinn aus, aber er spürte nichts außer dem leichten Kribbeln – halb Musik, halb Licht – des Schleiers. Er fragte sich, ob es immer in seiner Erinnerung bei ihm sein würde.

Er hätte nicht sagen können, wie lange er dort gestanden und mit seinen Sinnen gelauscht hatte, bevor er ein leises Dröhnen unter den Füßen spürte. Zuerst fühlte er es im Geist, wie einen Basskontrapunkt zum Schleier. Einen Augenblick später jedoch erkannte er, dass es körperliche Vibrationen waren. Es wurde intensiver und lauter.

Hufschlag ...

Varzil entdeckte eine Staubwolke, die schnell näher kam. Er sah ein galoppierendes Pferd, konnte jedoch den Reiter nicht erkennen. Ein Drängen rührte sich in seinem Hinterkopf wie eine Glocke, eine beinahe vertraute Berührung –Carlo. Der rothaarige Junge aus Arilinn.

Sie warteten, bis der Reiter näher kam. Gelber Schaum klebte am Hals und an den Flanken des Pferdes und zog sich über den Brustriemen, aber das Tier bewegte sich immer noch so schwungvoll, als hätte es gerade erst den Stall verlassen. Varzil kannte sich mit Pferden aus. Das da war sicher einer der legendären schwarzen Hengste aus der Alton-Zucht in Armida.

»Aldones sei gepriesen! Ich habe Euch gefunden!«

Carlo zügelte sein Pferd vor Dom Felix. Der schwarze Hengst zog an der Kandare, und seine Seiten hoben und senkten sich wie Blasebälge. Alle anderen umdrängten sie nun. Der Reiter trug ein leichtes Sommerhemd mit offenem Kragen und keinen Umhang, aber die Satteldecken waren blau, und die Stickerei zeigte das Hastur-Wappen mit der Silbertanne. Carlo musste wirklich aus einer einflussreichen Familie stammen, um sich ein solches Tier leihen zu können.

Carlo zog die Füße aus den Steigbügeln und sprang geschickt vom Pferd. Dom Felix machte nicht den Eindruck, als wäre er erfreut, ihn zu sehen.

»Kommt, Sire, lasst uns unter vier Augen sprechen«, sagte Carlo nach einer kurzen, aber makellosen Verbeugung. »Ich bringe Nachricht aus Arilinn.«

Was könnten diese Hali’imyn schon zu sagen haben, das mich interessiert?, dachte Dom Felix säuerlich.

»Sire, es steht Euch zu – und nicht mir – zu entscheiden, was Ihr Euren Leuten sagen werdet«, erklärte Carlo. Er ließ sich nicht anmerken, ob er Dom Felix’ zornigen Gedanken aufgefangen hatte. Seine Miene war so respektvoll wie zuvor, der Blick der grauen Augen ruhig.

Der alte Mann verzog unwillig das Gesicht, stieg aber steif vom Pferd und bedeutete, dass Carlo ihm folgen solle. »Du ebenfalls«, sagte er zu Varzil, »denn das hier hat sicher mit irgendwelchem Ärger zu tun, den du gemacht hast.«

Carlo reichte Gwilliam die Zügel seines Rappen und bat ihn, das Tier ein wenig herumzuführen, bevor er es trinken ließ. Sie gingen ein Stück bachaufwärts. Hier beugten sich Weiden über das Wasser, um ihre blättrigen Finger durch die Strudel zu ziehen. Kühler, süßer Duft erhob sich vom Ufer, vermischt mit dem Geruch nach aufgewühltem Schlamm und nassen Steinen.

Carlo trat näher zu Dom Felix und senkte die Stimme. Varzil spürte seine deutlich ausgesprochenen Worte ebenso, wie er sie hörte. »Nachdem Ihr bereits aufgebrochen wart, haben wir im Turm von der Leronis in Serrais eine Botschaft erhalten.«

»Serrais?«, wiederholte Dom Felix den Namen des Stammsitzes der Ridenows. »Gibt es Ärger in Serrais?«

Nein, nicht in Serrais. Varzil wusste das ohne zu fragen.

Carlo schüttelte den Kopf. »Die Botschaft betrifft Euer eigenes Heim – Klarwasser, nicht wahr? Vor drei Tagen haben Katzenwesen die Schafherde überfallen. Einige Eurer Leute wurden getötet, andere sind verschwunden. Eine Gruppe von Männern unter Führung Eures ältesten Sohnes war nahe genug, um den Hirten zu Hilfe zu kommen. Es gab einen Kampf. Das Gelände war sehr schlecht.«

Ein Bild zuckte durch Varzils Kopf, aber er hätte nicht sagen können, woher es kam. Er sah die zerklüfteten Hügel und die Felsen, die aus dem windgepeitschten Heidekraut ragten, so deutlich, als stünde er selbst dort.

Zwei Männer in den Schaffellwesten und Wollhosen von Hirten duckten sich nahe der Hügelkuppe. Einer hielt sich den Oberarm. Feuchtigkeit lief zwischen seinen Fingern hindurch.

Das rote Licht der untergehenden Sonne blitzte auf Schwertern – den geraden Klingen von Menschen, die darum rangen, sich Platz zum Gebrauch ihrer Waffen zu verschaffen, und den gebogenen, kürzeren Schwertern in den Händen der beweglichen, bepelzten Geschöpfe. Die Katzenwesen kämpften, um ihren Rückzug zu decken, während sie zwei Hand voll erschrockener Schafe entlang der Felsspalte trieben.

Ein Mann mit einem schwarzen Bart taumelte, als der Stein unter seinen Füßen nachgab. Ein Katzenmensch sprang ihn an, bewegte die gebogene Klinge so schnell, dass sie verschwamm. Der Mann wich im letzten Augenblick aus, bevor das Schwert ihm den Bauch aufgeschlitzt hätte.

Noch während der Katzenmensch das Gleichgewicht wiedererlangte, eilte ein zweiter Mann an die Seite des ersten. Das brachte ihn in Reichweite des Schwertes des Katzenmenschen, der abermals zuschlug. Die Klinge traf den Mann in einer Aufwärtsbewegung am Oberschenkel.

Varzil spürte den Schrei des Mannes als Schaudern auf seiner Haut. Beim nächsten Atemzug schmeckte er kupfriges Blut.

Sofort kamen die Katzenwesen zurück. Sie schwärmten mit tödlicher Anmut aus den Schatten. Vielleicht spürten sie die Gelegenheit zu einem unerwarteten Sieg.

Schrecken verzerrte nun die Bilder. Varzil konnte den Hügel nicht mehr so klar erkennen, aber er spürte jeden Schnitt, jeden Ruck, jeden keuchenden Atemzug. Der moschusartige Geruch der Katzenmenschen überflutete ihn. Adrenalin hing bitter in der abkühlenden Nachtluft.

Varzil fasste sich schaudernd. Nur ein einziger Augenblick war vergangen, nicht einmal ein oder zwei Sätze des Gesprächs. Aber die Bilder brannten in ihm so lebendig, als stünde er selbst an diesem Hügel unter der sinkenden Sonne.

Nachdem Carlo seinen Bericht beendet hatte, sah er Varzil mit einem neugierigen, durchdringenden Blick an.

»Und die beiden anderen Männer?«, fragte Dom Felix heiser. Varzil hatte seinen Vater noch nie so ängstlich gehört.

»Nachdem der Kampf vorüber und die Katzenwesen geflohen waren, brachten die Hirten die Leichen der Gefallenen zurück nach Klarwasser. Euer Sohn und der andere Mann waren nicht darunter.«

»Die Katzenwesen haben sie verschleppt?«, fragte Dom Felix ungläubig.

»Entweder das, oder sie sind geflohen und leben vielleicht noch, sind verwundet und verstecken sich«, sagte Carlo. »Eure Haushalts-Leronis konnte den Geist Eures Sohnes nicht erreichen, ebenso wenig wie die Leute in Serrais.«

»Ich muss sofort zurückkehren«, rief Dom Felix und machte einen Schritt auf die trinkenden Pferde zu. Dann hielt er inne, als ihm klar wurde, wie weit der Weg noch war. Kein Pferd, nicht einmal Carlos wunderbarer Rappe, hätte diese Meilen in weniger als einem Zehntag hinter sich bringen können. Inzwischen konnte Harald tot oder im besten Fall die Spur zu kalt geworden sein.

Varzil nahm einen Hauch von Emotionen wahr, die von Carlo ausgingen. Der rothaarige Junge verbeugte sich abermals vor Dom Felix.

»Wenn Ihr mit mir nach Arilinn zurückkehren würdet«, sagte er, »würden wir Euch einen Luftwagen zur Verfügung stellen. Mit etwas Glück und klarem Himmel könnt Ihr noch heute Abend in Klarwasser sein.«

Varzil war verblüfft über dieses großzügige Angebot. Von Laran angetriebene Luftwagen waren berüchtigt teuer, ein Luxus, den sich nur Könige und die sehr Reichen leisten konnten. Luftwagen waren von einer Technologie abhängig, die in der Zeit des Chaos entwickelt worden und von der so viel nun vergessen war. Nur wenige wurden in Friedenszeiten benutzt, und auch dann nur für die dringendsten diplomatischen Missionen. Der Lord von Serrais hatte einen, den er keinem anderen anvertraute, damit das kostbare Fahrzeug nicht beschädigt wurde. Hatte Auster seinen Einfluss als Bewahrer eingesetzt, um sich einen Luftwagen zu verschaffen – und wieso gab er sich solche Mühe, jemandem zu helfen, den er kaum kannte?

»Wer hat das arrangiert?«, fragte Dom Felix misstrauisch. »Und was wird es mich kosten?«

»Der Besitzer will aus Gründen, die Ihr sicher versteht, unbekannt bleiben«, antwortete Carlo. »Und es kostet Euch nichts. Ich möchte nur einen Rat geben. Ihr habt Platz für drei Passagiere. Es wäre das Beste, Euren jüngeren Sohn mitzunehmen.«

»Varzil?« Er ist kein Spurenleser, und er kann auch nicht besonders gut mit dem Schwert umgehen. Und wenn eine ausgebildete Leronis Harald nicht erreichen konnte, was soll dieser Welpe schon tun? Dom Felix produzierte ein knurrendes Geräusch in der Kehle. Er wollte ein so großzügiges Geschenk nicht zurückweisen und sich auch nicht mit einer undankbaren Antwort einen mächtigen Feind schaffen. Varzil konnte die Gedanken seines Vaters beinahe hören. Das Wichtigste war, dass er Klarwasser so schnell wie möglich erreichte, sich einen Überblick über die Situation verschaffte und sofort handelte. Wenn das bedeutete, seinen nutzlosen jüngeren Sohn mitschleppen zu müssen, dann war das ein geringer Preis.

Sie kehrten etwas schneller nach Arilinn zurück, als sie es verlassen hatten. Selbst Carlos Rappe wurde wieder lebhafter, als es auf den Stall zuging, den er kannte. Dom Felix ritt mit dem Schwarzen Eiric voran und gab Anweisungen für die Rückkehr der anderen.

Carlo brachte sein Pferd neben Varzils Tier. Sie ritten beinahe am Ende der Ridenow-Truppe, weit genug von Varzils Vater entfernt, wo sie nicht so leicht belauscht werden konnten.

»Als ich deinem Vater die Nachricht überbrachte, die durch die Relais gekommen war«, sagte Carlo und hielt einen Augenblick inne, bevor er weitersprach, »was hast du da ... gesehen?«

Varzil zuckte zusammen und verbarg das rasch, indem er die Zügel zurechtzupfte. Dann fiel ihm wieder ein, dass Carlo im Turm ausgebildet wurde. Also spürte er wohl etwas. Er hielt Carlo nicht für einen Feind.

»Es ... es war, als wäre ich dort und würde den Kampf beobachten. Ich sah zwei Männer fallen, sah die Katzenmenschen mit ihren gebogenen Schwertern. Ich sah die Hügel, die Felsen ...« Das Blut.

Carlo riss die grauen Augen auf. »Ich bin kein so starker Telepath, dass ich es dir hätte übermitteln können.«

Varzil starrte auf seine Hände nieder, auf die Zügel, die von häufigem Gebrauch weich und dunkel geworden waren. Die Pferde trabten weiter, beschlagene Hufe klickten auf den Steinen der Straße, Steigbügelleder knarrte.

»Ich bin kein so starker Telepath ...« Carlos Worte hingen immer noch in der Luft.

»Dein Vater muss dir einfach gestatten, nach Arilinn zurückzukehren«, sagte Carlo in dem gleichen befehlsgewohnten Tonfall, denn er benutzt hatte, um nahe zu legen, dass Dom Felix Varzil im Luftwagen mitnahm.

Varzil zuckte die Achseln. »Da sehe ich kaum eine Möglichkeit. Selbst wenn man die politischen Aspekte außer Acht lässt –mein Vater glaubt, dass ich kein großes Talent habe und Arilinn mich ohnehin nicht nehmen würde, ob er nun seinen Segen gibt oder nicht. Ich werde in eurem Luftwagen nach Klarwasser fliegen, wenn er das will, und ich werde tun, was ich kann, um meinen Bruder zu finden, aber ich habe keine Hoffnung, dass mehr daraus wird.«

»Wie kannst du so leicht aufgeben?«, erwiderte Carlo hitzig. »War das nur ein Streich, die ganze Nacht vor den Toren von Arilinn zu sitzen? Wenn das der Fall war, verfügst du über eine erstaunliche Fähigkeit, andere zu täuschen. Du musst ein wirklicher Meister der Doppelzüngigkeit sein, denn es ist dir gelungen, mich – uns – zu überzeugen, dass du wirklich im Turm aufgenommen werden möchtest. Tatsächlich scheint mir mögen beinahe eine zu milde Formulierung zu sein.«

Gekränkt erwiderte Varzil: »Ich habe niemanden getäuscht. Ich ...« Ich will es immer noch mehr, als ich je etwas gewollt habe. Aber was hat es für einen Sinn, mich weiter zu quälen? Dann fuhr er mit sehr beherrschter Stimme fort: »Ich kann meinem Vater nicht trotzen, besonders jetzt nicht, da mein Bruder verschwunden ist. Uns beide zu verlieren, würde ihn umbringen. Und ich glaube auch nicht, dass Arilinn einen Mann aufnehmen würde, der mit seiner Pflicht und seiner Ehre so leichtfertig umgeht.«

Ein Stirnrunzeln verfinsterte Carlos hübsche Züge wie eine Wolke, die über die Sonne zieht. Er verfolgte das Thema nicht weiter.

Sie ritten nur bis zu einem Feld am Rand der Stadt, wo der Luftwagen bereitstand. Varzil hatte nie einen aus solcher Nähe gesehen. Der Luftwagen hatte die Form einer verlängerten Träne und bestand aus einem glasartigen Material, das an einigen Stellen klar und durchsichtig war und an anderen milchig oder vollkommen undurchsichtig. Eine Tür stand offen, und man konnte eine kleine Kabine darin erkennen. Dort gab es Instrumente aus der gleichen Substanz, einige mit Streifen von poliertem Metall und alle zur Nase des Gefährts hin angebracht. Es gab einen Sitz an den Instrumenten, einen daneben und zwei weitere im Bauch des Wagens. Hinter den Sitzen war noch Raum für Gepäck.

Ein Mann in einer blau-silbernen Livree stand neben dem Luftwagen. Mit der Haltung eines Mannes, der sich seiner Kompetenz sicher ist, zeigte er, wo sie das Gepäck ablegen sollten, und machte sich dann daran, es mit Gurten zu sichern. Dann half er Dom Felix auf den vorderen Sitz.

Carlo nahm Varzil beiseite. »Was immer auch geschieht, du musst deinen Vater überzeugen, dass er dich zurückkehren lässt.« Dann schob er Varzil, bevor er noch widersprechen konnte, neben den Schwarzen Eiric in die Kabine. Innerhalb von Minuten waren sie in der Luft.

Zandrus Schmiede

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