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JEDER WEG BEGINNT MIT DEM ERSTEN SCHRITT Zwei Wesen in meiner Brust

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Wow, das hat gutgetan. Mir endlich mal Luft zu verschaffen. Das hat es gebraucht. Jetzt fühl ich mich zwar nicht gut, aber irgendwie besser. Die Emotionen sind noch fühlbar, aber die Gedanken haben sich etwas beruhigt. Und nun ist auch irgendwie Luft um die Emotionen herum. Fast schon so, als hätte sich irgendwas in mir entspannt. Trotz oder besser noch mit den Emotionen. Ich fühle wieder Energie in mir, Lebendigkeit oder zumindest etwas Klarheit. Nicht, dass ich jetzt wieder Fan vom Leben bin, aber irgendwie etwas erleichtert, befreiter.

Schon oft konnte ich dies beim Schreiben feststellen. Wenn wir das, was uns im Inneren bedrückt, uns beklemmt und uns in seinen Sog zieht, aufschreiben, hat es eine heilende Wirkung. Allein der Prozess des Schreibens reicht schon aus, um Abstand zu bekommen. Wie dir sicherlich aufgefallen ist, habe ich keine Antwort auf meine Fragen erhalten. Ich habe auch keine Lösung oder etwas klären können. Ich habe lediglich aufgeschrieben, was in mir vorgeht. Und dabei war ich nicht mal sonderlich höflich. Und darum geht es auch nicht bei dieser Art des Schreibens. Alles, was ich getan habe, ist, nicht vor den Gefühlen und Gedanken wegzurennen, sondern mich mit ihnen hinzusetzen. Und das nicht mal mit der Absicht, irgendetwas mit ihnen zu machen. Ich wollte sie gar nicht verändern, denn in diesem Zustand ist es fast schon so, als wollte ich an ihnen sogar festhalten. Ich will nicht, dass mir jemand hilft. Ich will tatsächlich leiden. Ich will den Schmerz spüren und ich will diese Niedergeschlagenheit. Das ist verrückt, denn eigentlich beschwere ich mich die ganze Zeit darüber, dass ich mich so fühle. Und dennoch will ich es? Ja, so ist es. Ich kann in diesem Moment nicht davon ablassen. Es ist nicht nur ein Zustand. Ich bin dieser Zustand. Und wenn ich diesen Zustand ändern wollen würde, würde ich mich selbst verraten und manipulieren. Eigentlich will ich nur Bestätigung und Recht haben. Ich will keine Lösungsvorschläge und dieses andere, schöne Selbst sein. In diesem Zustand hasse ich die andere Seite und will sie nicht mehr. Sie kann mich mal und alle, die mir irgendwas einreden wollen. Alle tollen Zitate, alle Ratgeber, alle glücklichen und zufriedenen Menschen sind meine Feinde. Wenn ich mich jetzt auch auf deren Seite stelle, bin ich selbst mein Feind. Doch in dieser Situation scheine ich mein einziger Verbündeter zu sein. Also will ich insgeheim, dass dieser Zustand anhält.

Doch wer will das eigentlich? Auf der einen Seite bin ich es, der sich nach Erlösung, Entspannung, Frieden und Freude sehnt und auf der anderen Seite bin ich es auch, der scheinbar eins mit diesem Sog ist. Es ist, als würden zwei Wesen in mir leben: Den einen zieht es nach links, den anderen nach rechts. Zwiespalt, Dissoziation, Schizophrenie – bin ich jetzt geisteskrank? Muss ich zum Psychologen? Nein. Das ist absolut normal und wenn man einmal verstanden, erlebt und gefühlt hat, wer da im Hintergrund seine Fäden zieht, wieso er das tut und was man machen kann, dann ist das alles nur noch halb so schlimm. Es braucht nur etwas Aufmerksamkeit, Geduld, Mitgefühl und Ausdauer. Es ist möglich und machbar.

Der Schattenwolf in dir

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