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d) Risiko von Untersuchungshaft

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In größeren Steuerstrafverfahren besteht durchaus das Risiko einer Untersuchungshaft, die durch das Gericht in den Fällen mit dringendem Tatverdacht und zusätzlicher Flucht- oder Verdunkelungsgefahr angeordnet werden kann, § 112 StPO.

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Dringender Tatverdacht liegt vor bei einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat und dass alle Voraussetzungen einer Verurteilung vorliegen, insbesondere verwertbare Beweise gesichert werden können oder konnten, keine Verjährung droht etc.

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Verdunkelungsgefahr ist zu befürchten, wenn der Beschuldigte Einfluss auf die Zeugen nimmt (z.B. als Chef, als wichtiger Abnehmer) und versucht deren Aussagen zu beeinflussen. Werden den Behörden solche Kontakte bekannt, kann es gefährlich werden, insbesondere, wenn etwa auch solcherart beeinflusste Zeugen beginnen ihre Aussagen zu widerrufen.

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Fluchtgefahr wird einerseits durch die Prognose geprägt, wie belastend eine mögliche Bestrafung auf den Beschuldigten wirken kann (insbesondere drohende Freiheitsstrafe ohne Bewährung) und andererseits wie stark er im Inland verwurzelt ist (z.B. Lebensmittelpunkt, Familie, Stärke des sozialen Umfeldes) und ob er bereit ist, das alles aufzugeben. Die Prognose geht oft genug schief und dann ist der Beschuldigte weg.

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Nicht zu verkennen ist, dass bei Ausländern die Prognose einer Fluchtgefahr leichter fällt als bei Inländern. Dies ist aber im Zeitalter der Globalisierung nicht zwingend. Ausländische Geschäfts- und Privatadressen, vielfältige Geschäftskontakte im Ausland und die Möglichkeit, sein Geschäft von jedem Ort der Welt betreiben zu können kann auch für deutsche Staatsbürger zu einer Fluchtprognose führen.

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Gleichwohl ist selbst bei größeren Steuerfahndungsfällen der Haftbefehl die Ausnahme, weil den Steuerfahndern gerade bei größeren Verfahren der Preis zu hoch ist. Der Haftbefehl wird erkauft durch einen enormen Zeitdruck, unter dem das Verfahren ab dann zu führen ist. Spätestens nach sechs Monaten muss die erste Haftprüfung stattfinden (§ 121 StPO). Der Haftbefehl darf nur aufrecht erhalten werden bei besonderen Schwierigkeiten oder besonderem Umfang der Ermittlungen, wie sie allerdings in Steuerstrafverfahren üblich sind. Dauert die Untersuchungshaft ein Jahr an, ohne dass Anklage erhoben wurde, wird es für die Ermittlungsbehörde endgültig eng durch die weitere besondere Haftprüfung seitens des OLG, §§ 122 StPO. Diese gesetzlichen Fristen tragen der besonderen Schwere des Grundrechtseingriffs Freiheitsentzug durch Untersuchungshaft Rechnung. Wer aber die Dauer von größeren Steuerstrafverfahren kennt, bei denen sich die Ermittlungen schon einmal über zwei und mehr Jahre hinziehen, um den Prozessstoff wenigstens einigermaßen bewältigen zu können, weiß, in welche zeitliche Not die Ermittlungsbehörde kommen kann. In vielen Fällen kann man dem nur durch radikale Beschränkung des Prozessstoffes begegnen. Es werden nicht mehr alle Jahre mit Steuerhinterziehung ermittelt, sondern nur das letzte Jahr. Teile der Vergehen werden eingestellt, obwohl sie unter anderen Umständen weiter verfolgt worden wären. Dem vorrangigen Ziel, der Staatsanwaltschaft spätestens binnen 9–10 Monaten ein Ermittlungsergebnis zu liefern, aus dem diese eine Anklage formulieren kann, wird alles untergeordnet. Entscheidend ist die Erhebung der Anklage spätestens nach einem Jahr. Nur in seltenen Ausnahmefällen wird das OLG den Haftbefehl darüber hinaus aufrechterhalten.

Teil 1 Tax Compliance und Unternehmen8. Kapitel Ermittlungsmethoden und -kompetenzen von Steuerfahndung und Betriebsprüfung und daraus resultierende Risiken › V. Fallabschluss

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