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b) Business Judgement Rule

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Nach der vorstehend wiedergegebenen Meinung trifft die Vorstandsmitglieder nach §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG also die Rechtspflicht, ein Compliance Management System einzurichten. Gem. dieser Auffassung handelt es sich um eine Pflichtaufgabe, über deren Erfüllung nicht nach unternehmerischen Zweckmäßigkeitserwägungen entschieden werden kann, so dass die Vorstandsmitglieder kein von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG geschütztes „Entschließungsermessen“ für sich in Anspruch nehmen können.[98]

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Nach der sog. Business Judgement Rule des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ist eine Sorgfaltspflichtverletzung i.S.d. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG ausgeschlossen, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.[99] Diese Regelung geht zurück auf das ARAG/Garmenbeck-Urteil des BGH aus dem Jahr 1997.[100] In der Urteilsbegründung hatte der BGH herausgestellt, dass zur unternehmerischen Tätigkeit „neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen“ gehört, eine Schadenersatzpflicht des Vorstandes deshalb erst in Betracht kommen kann, wenn unternehmerische Risiken „in unverantwortlicher Weise“ eingegangen wurden.

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In diesem Sinne stellt also die Entscheidung über das „Ob“ eines Compliance Management System keine unternehmerische Entscheidung dar, die durch die Business Judgement Rule privilegiert ist. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Compliance Management Systems besteht hingegen ein unternehmerisches „Auswahlermessen“ im Sinne dieser Regelung.[101] Durch die Business Judgement Rule soll es der Geschäftsleitung also freistehen zu entscheiden, wie die Befolgung von Gesetzen im Unternehmen gewährleistet werden kann.

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Im Regelfall kommt eine Vielzahl geeigneter und rechtlich zulässiger Maßnahmen in Betracht. Die Auswahl der einzelnen Maßnahmen und ihre Kombination zu einem Compliance Management System unterliegen der ökonomischen „Zweck-Mittel-Rationalität“[102], die Ausgestaltungsentscheidung ist deshalb als unternehmerisch i.S.d. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zu qualifizieren.[103] Wie bei jeder unternehmerischen Entscheidung haben sich die Vorstandsmitglieder bei Ausübung ihres Ermessens am Unternehmenswohl zu orientieren. Die compliance-bezogenen Organisationsmaßnahmen müssen angemessen und verhältnismäßig sein;[104] das eingeführte Compliance-System ist an den Kriterien der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit auszurichten.[105] Wesentliche ermessenleitende Gesichtspunkte sind in diesem Zusammenhang die Gesellschaftsform, Unternehmensgröße und -struktur, Geschäftsmodell und Branche, Kapitalmarktbezug oder auch der Internationalisierungsgrad.[106]

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Einschränkungen des Organisationsermessens bei der Entscheidung über die Ausgestaltung des Compliance Management Systems können sich im Einzelfall aus zwingend zu beachtenden spezialgesetzlichen Regelungen[107] oder anerkannten Branchenstandards ergeben.[108] Im Falle von aufgetretenen Zuwiderhandlungen kann der Ermessensspielraum „bis auf Null schrumpfen“[109] und sich zu einer Handlungspflicht verdichten.

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