Читать книгу Invisible Sue - Plötzlich unsichtbar - Markus Dietrich - Страница 19
Mama
ОглавлениеHeiß und Kalt. Sue dachte noch immer darüber nach, wie der Mechanismus funktionierte. Sie war unsichtbar geworden, als sie ihre Hände unter dem Heißluftföhn trocknen wollte. Und sichtbar, als kaltes Wasser über ihren Arm floss. Das war doch kein Zufall. Oder doch?
Dieses Mal war es kein Problem, an den uniformierten Sicherheitsleuten vorbeizukommen. Zum Glück gab es weder Wärmebildkameras noch Bewegungssensoren. In Filmen zumindest waren Unsichtbare durch solche Kameras einfach zu entdecken …
Vor den Toren der DEC parkten gepanzerte Fahrzeuge, weiße Zelte waren vor dem Hauptgebäude aufgeschlagen, Männer und Frauen in Schutzanzügen und Atemmasken liefen herum; die Pressemeute wartete ungeduldig und wurde natürlich nicht zum Tatort vorgelassen. Hubschrauber kreisten über dem Gelände und wurden von unbemannten DEC-Drohnen abgedrängt. Das ganze Areal glich einem Hochsicherheitsgefängnis, dachte Sue, mehr noch als zuvor. Was hatte Jonas Drill zu verbergen? Wie gefährlich war die Flüssigkeit wirklich?
Um darauf eine Antwort zu bekommen, musste Sue ihre Mutter finden. Was sich als einfacher herausstellte als gedacht. Natürlich war ihre Mutter in ihrem Labor. Maria trug einen blauen Schutzanzug und diskutierte gerade mit Lenia und Drill. Harmonisch schien das Gespräch nicht zu sein.
Soweit Sue erkennen konnte, war das Labor bei der Explosion weniger schwer beschädigt worden, als zunächst angenommen. Wie allerdings der Reaktorraum aussah, konnte sie anhand der aus der Schleuse gebrachten Trümmer nur erahnen. Drill redete wild gestikulierend, drohte, schrie, drehte sich dann, ohne auf eine Antwort zu warten, um und verschwand. Was für ein Arschloch, dachte Sue.
Erst jetzt spürte die Unsichtbare, wie müde sie eigentlich war. Jeder Schritt fiel ihr schwer. Selbst ihre Gedanken bewegten sich wie in Zeitlupe. Vielleicht war sie doch zu schnell gerannt oder vielleicht war die Unsichtbarkeit für ihren Körper anstrengender als gedacht.
»Maria!« Sues Stimme klang kratzig, heiser und schwach.
Ihre Mutter schaute sich verwundert um.
Sue kam ins Straucheln, stützte sich an dem kleinen Labortisch ab, riss dabei Reagenzgläser zu Boden und rief: »Sorry!«
Jetzt erkannte Lenia ihre Stimme.
»Sue?«
Sue spürte, wie ihr schwindelig wurde. Alles drehte sich. Sie verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden.
Die kalten Schauer und das Kribbeln waren wieder da, ihr Körper verkrampfte sich, ihr Arm wurde sichtbar …
»Susanne?« Maria war wie vom Blitz getroffen.
»Ich heiße … Sue«, flüsterte Sue und ahnte verschwommen, wie die beiden sie besorgt ansahen, immer noch fassungslos darüber, was da gerade passierte.
»Ich …« Sues Stimme versagte. Maria kam näher, um sie besser verstehen zu können.
»Ich … kann mich unsichtbar machen.«
Dann wurde ihr schwarz vor Augen.