Читать книгу Soziale Arbeit mit marginalisierten Jugendlichen - Markus Ottersbach - Страница 7
1 Bedeutung und Probleme der Begriffswahl: Ein Plädoyer für den Begriff »marginalisierte Jugendliche«
ОглавлениеDie Begriffswahl in den Sozialwissenschaften und auch in der Sozialen Arbeit ist von einer hohen Bedeutung, weil sie Professionalität repräsentiert, und Professionalität in der Sozialwissenschaft und vor allem auch in der Sozialen Arbeit sich u. a. durch die Reflexion der Auswirkungen einer Begriffswahl charakterisiert. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob man von »asozialen« oder von »marginalisierten Jugendlichen« spricht. Bei diesem Beispiel wird die Differenz schnell deutlich, weil der aus der Alltagssprache stammende, erste Begriff diffamierend und diskriminierend ist. Mit diesem Begriff wird die Zielgruppe nicht nur homogenisiert und verallgemeinert, sondern auch verächtlich dargestellt. Ob man jedoch besser von »bildungsfernen« oder von »marginalisierten Jugendlichen« spricht, ist für Laien schon nicht mehr so leicht erkennbar. Beide Begriffe werden in (sozial-)wissenschaftlichen Kontexten verwendet und dennoch unterscheiden sich deren Implikationen. Zudem kann die Benutzung der Begriffe durchaus unterschiedliche Auswirkungen für die Zielgruppe haben.
Die Zielgruppe der Jugendlichen, um die es hier geht, ist jedoch tatsächlich begrifflich nicht leicht zu fassen, wenn man die Folgen der Begriffswahl berücksichtigt bzw. wenn man jegliche Arten von Diskriminierungen und Stigmatisierungen verhindern will.
Lange Zeit wurde diese Gruppe Jugendlicher als »Randgruppe« oder als »sozial benachteiligt« charakterisiert. Später nannte man sie »bildungsfern«. Im Zuge der Debatte um In- und Exklusion wurde die Gruppe auch als »exkludiert« oder »ausgegrenzt« bezeichnet. Im Anschluss an die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten und der darauffolgenden Zunahme territorialer Ungleichheiten zwischen West- und Ostdeutschland sprach man auch von »abgehängten Jugendlichen«. Neue Publikationen tendieren eher dazu, von »marginalisierten Jugendlichen« zu sprechen1. Deutlich wird, dass in den Sozialwissenschaften, aber auch in den Arbeits- sowie Wissenschaftsbereichen der Sozialen Arbeit und der Pädagogik es einen sich schnell fortentwickelnden Begriffsgebrauch für diese Zielgruppe gibt. Im Folgenden wird deshalb kurz auf die Inhalte der verschiedenen Begriffe rekurriert und vor allem deren Implikationen, Folgen und Auswirkungen analysiert.