Читать книгу Gute und Böse Nachtgeschichten - Markus Walther - Страница 10
ОглавлениеTrekkies
Das Licht braucht Zeit, um sich fortzubewegen. Seine Wellen benötigen über acht Minuten, um die Distanz zwischen Sonne und Erde zu überbrücken. Es dauert mehrere Jahre, bis ein Sonnenstrahl das nächste Sonnensystem erreicht.
Auch die Erde strahlt, spätestens seitdem der Mensch die Radiowellen nutzbar gemacht hat. Ungefähr 50 Lichtjahre entfernt treffen erst jetzt die ersten Rundfunksendungen auf unzählige Planeten.
Der Himmel verdunkelte sich plötzlich. Donnergrollen prophezeite ein nahendes Unheil. Über den dünnen Smognebeln der Großstadt formten sich die Umrisse des alten Sternenschiffs. Eine Stimme, lauter als das Dröhnen der Motoren, schallte durch die Straßen, in denen verwirrte und verängstigte Menschen das Weite suchten.
„Erdenbürger! Unser Volk hat einen Teil eurer interstellaren Botschaften erhalten und entschlüsseln können. Vor zwanzig Jahren eurer Zeitrechnung haben wir uns auf den Weg gemacht, eure Heimat zu besuchen. Nun möchten wir mit euren Führern sprechen.“
Etwas ratlos saßen sich die Minister gegenüber. Der runde Tisch hatte zwar noch vier freie Plätze für die Delegation der Außerirdischen, doch die Stühle waren für die eigenwillige Form der Fremden nicht geeignet. Ihre Anatomie war mit dem menschlichen Schema nicht zu vergleichen. Etwa drei Meter hohe Amöben kamen als Vergleich wohl am nächsten. Sie standen oder saßen – so genau konnte man das nicht erkennen – hinter den ihnen angebotenen Plätzen und wenn sie sprachen, erinnerte es aufdringlich an Durchfallblähungen: Nicht nur die Geräusche, sondern auch der penetrante Geruch ließen die Politiker nervös auf ihren Sitzen hin und her rutschen. Eine kleine Maschine, welche die Fremden mitgebracht hatten, übersetzte gottlob alles, was sie sagten.
„Erdenbürger. Nach Jahren der Entbehrung in der Schwerelosigkeit des Alls haben unsere Navigatoren eure sagenumwobene Welt gefunden. Unsere Wissenschaftler haben die Botschaft, die ihr uns zugesandt habt, inzwischen immer wieder analysiert. Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass eure Zivilisation der unseren ebenbürtig ist. Wir freuen uns deshalb, dass eure Welt nicht von uns vernichtet wird.
Es wurden Selektionskriterien von unserem Volk aufgestellt, um einer eventuellen Überbevölkerung des Alls entgegenzuwirken. Erfüllt ein Volk nicht diese Standards, wird es terminiert.
Ihr seid unserer würdig. Wir bieten euch einen Friedensvertrag an, im Interesse des gegenseitigen Wissensaustauschs. Speziell möchten wir mehr über die Technologie des Materietransportsystems, das ihr umgangssprachlich ‚Beamen‘ nennt, erfahren. Außerdem möchten wir einen Teil der von euch umschriebenen Produkte erwerben.“
Ein kurzes Schweigen folgte. Schließlich schüttelte einer der Minister fassungslos den Kopf. „Umschriebene Produkte? Beamen? Soll das heißen, dass unter all den Fernsehsendungen, die ausgestrahlt wurden, ihr nur eine Stunde ‚Star Trek‘ inklusive Werbeunterbrechung empfangen habt?“
„Werbeunterbrechung? Was ist das? Wir haben zwanzig Minuten eurer Botschaft empfangen können, bevor unser Heimatplanet wieder durch einen seiner Monde verdeckt wurde. Unseren Wissenschaftlern reichte dies für ein positives Urteil. Sind die uns übermittelten Daten denn nicht korrekt?
Ist die Einschätzung eurer Zivilisationsstufe nicht richtig?“