Читать книгу Mediation am Bau - Wirkung und Methode - Martin Jung - Страница 15
1.Entwicklung der Mediation
Оглавление16Die Mediation wie wir sie heute kennen hat ihren Ursprung in dem sachbezogenen Verhandlungskonzept, wie es Roger Fisher und William Ury 1981 entwickelt haben.6 Das sogenannte „Harvard Konzept“ beruht auf dem an sich einfachen Motto: „Hart in der Sache – weich zu den Menschen“, und auf folgenden vier Grundprinzipien:
– Menschen und Probleme getrennt voneinander behandeln
– Auf Interessen konzentrieren, nicht auf Positionen
– Entwickeln von Entscheidungsmöglichkeiten zum beiderseitigen Vorteil
– Anwendung objektiver Beurteilungskriterien
17Das Ziel der Verhandlung ist eine Übereinkunft, welche die guten Beziehungen der Parteien erhält, in der beide Seiten mitnehmen, was sie brauchen – oder, wenn beide das Gleiche brauchen, es fair teilen – und die zeiteffizient verhandelt werden kann, weil die Parteien nicht auf ihre Positionen bestehen.
18Das Harvard-Konzept unterscheidet zwischen den beiden Kommunikations-Ebenen: der des Sachinhaltes, also der zu verhandelnden Übereinkunft, und der Verhandlungsführung, einer Meta-Ebene. Dabei wird Wert darauf gelegt, die Interessen der Beteiligten zu thematisieren, und nicht die vorab eingenommenen Positionen zu zementieren. Die Konfliktparteien müssen ihre Interessen kommunizieren und die der jeweiligen Gegenseite wahrnehmen und wertschätzen, um zu einer allen möglichst gerecht werdenden Lösung zu kommen.
19Auch der Umgang mit Emotionen wie Verunsicherung, Ärger oder Wut muss geklärt werden. Hinter den Gefühlen, die Verhandlungspartner in einem Konflikt andeuten oder zeigen, stecken Grundbedürfnisse wie die nach Autonomie, Anerkennung oder Verbundenheit, das Bedürfnis, eine sinnvolle Aufgabe zu erfüllen und der Wunsch, fair beurteilt und anerkannt zu werden.7 Emotionen müssen angesprochen und anerkannt werden, auch soll man dem anderen erlauben, Dampf abzulassen, ohne darauf negativ zu reagieren.
20Für die Suche nach Lösungen empfehlen Fisher/Ury das Brainstorming und stellen Regeln dafür auf. In dieser Phase der Verhandlung soll nicht versucht werden, die eine richtige Lösung zu finden, sondern zunächst die Verhandlungsspielräume zu erweitern – so können Optionen ausgebaut und vervielfältigt werden. Am Ende kann ein Verhandlungsergebnis stehen, das für alle Beteiligten eine akzeptable und nachhaltige Lösung darstellt.
21Natürlich hat sich seit der Veröffentlichung dieses Standardwerkes in der theoretischen und praktischen Diskussion über Mediation eine Menge getan – aber die Grundprinzipien der Harvard Methode bilden noch heute die Eckpfeiler gelungenen Verhandelns, und auch der Mediation.
22In Deutschland ist die Mediation zunächst im Zusammenhang mit Familiensachen und Scheidungsverfahren bekannt geworden. Aber auch im Wirtschaftsrecht gewinnt Mediation als alternative Konfliktlösungsmethode zunehmend an Bedeutung. Ihre Methoden und Techniken wurden weiterentwickelt und evaluiert. Da die staatlichen Gerichtsverfahren nicht nur aus Zeit- und Kostengründen unvorhersehbare Risiken mit sich bringen, entwickelt sich ein zumindest theoretisches Interesse an der Mediation, auch wenn sie sich im Wirtschaftsleben noch nicht überall durchgesetzt hat. Das Inkrafttreten des Mediationsgesetzes im Jahre 2012 hat sicherlich noch einmal dazu beigetragen, der Mediation zu mehr Öffentlichkeit und Legitimität zu verhelfen, vielleicht auch zu mehr Akzeptanz als Streitbeilegungsverfahren. Alternative Konfliktbearbeitungsverfahren werden in der Wirtschaft zwar als vorteilhaft eingeschätzt, jedoch immer noch nicht so häufig eingesetzt, wie es dieser Einschätzung entsprechen würde.8