Читать книгу Mediation am Bau - Wirkung und Methode - Martin Jung - Страница 16
2.Konfliktanalyse
Оглавление23Nicht jeder Konflikt ist geeignet für eine Mediation. Es gibt Streitigkeiten, die bereits derartig eskaliert und in welchen die Fronten so verhärtet sind, dass eine Verständigung auch in der Mediation nicht mehr möglich ist. Das kann zum Beispiel in Familien- oder Erbstreitigkeiten der Fall sein. Bei Konflikten in Planungs- oder Bauprojekten liegen die Probleme zumeist jedenfalls vordergründig eher auf der sachlichen Ebene. Dennoch empfehlt es sich, vor Beginn eines Mediationsverfahrens zu prüfen, inwieweit eine Mediation sinnvoll ist.
24Friedrich Glasl hat 1980 sein bekanntes 9-Stufen-Modell zur Analyse des Eskalationsgrades von Konflikten erarbeitet,9 welches bei dieser Beurteilung hilfreich ist. Es besteht aus drei Ebenen, die wiederum in jeweils drei Abschnitte unterteilt sind. Die Skala reicht von einfacher „Verhärtung“ bis „gemeinsam in den Abgrund“ und illustriert anschaulich, wie man sich von win-win zu loose-loose bewegen kann, also von einer Situation, in welcher alle noch etwas zu gewinnen haben bis hin zum gegenseitigen Vernichtungskrieg.
25Es liegt auf der Hand, dass ein Fall sich nicht für die Mediation eignet, wenn bestimmte Eskalationsstufen überschritten sind. Es erfordert ein gewisses Maß an Kooperationsbereitschaft, um den Prozess einer Mediation miteinander zu durchschreiten. Diese Bereitschaft ist bei sehr verhärteten Konflikten oft nicht mehr vorhanden. Ob die Auseinandersetzung ungeeignet für eine Mediation ist, lässt sich zügig mit den Methoden der Mediation klären.
Abbildung 1: Eskalationsstufen nach Friedrich Glasl
26Man kann Konflikte weiter kategorisieren, zum Beispiel in „heiße“ und „kalte“ Konflikte. Heiße Konflikte werden offen ausgetragen und sind als Konfrontation erkennbar. Sie sind vor allem dadurch gekennzeichnet, dass eine Partei die jeweils andere von ihrem Standpunkt überzeugen will oder zu einer von ihr bevorzugten Lösung zu drängen versucht.
27Kalte Konflikte sind eher unsichtbar und werden mit subtilen Mitteln der Sabotage, Blockade und Verzögerung geführt. Es sind Auseinandersetzungen, in denen es manchmal nur noch darum geht, der anderen Partei zu schaden. Oft sind kalte Konflikte das Ergebnis ehemals heißer Konflikte, die nicht gelöst werden konnten. Die Beteiligten sind daher frustriert und desillusioniert, was die Möglichkeit einer einvernehmlichen Lösung betrifft und verhalten sich entsprechend.
28Es gibt viele weitere Kategorisierungen von Konflikten und/oder der Teilnehmer an diesen. Interessant ist auch der Ansatz, die Parteien nach ihrem jeweiligen Konfliktverhalten zu typisieren und herauszufinden, wie sich das jeweils individuelle Verhalten im Konflikt auf eine Auseinandersetzung auswirkt – und wie man bzw. der Mediator am besten damit umgeht. Im Koordinatenkreuz zwischen Kooperationsbereitschaft und Durchsetzungsvermögen lassen sich zwischen Kämpfen, Konkurrieren, Nachgeben und Vermeiden noch viele Schattierungen finden. Eine Darstellung aller dieser Ansätze würde den Rahmen unserer praktischen Einführung allerdings sprengen.