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5.Der Mediator

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38Ein Mediator kann eine sensible Wahrnehmung der einem Konflikt zugrunde liegenden Probleme anstoßen und die Parteien dazu bringen, über bisher nicht gesehene Lösungen nachzudenken. Mit entsprechender professioneller Kompetenz, menschlicher Integrität, auch interdisziplinärer Vernetzung und Felderfahrung (z. B. Branchenkenntnis) kann ein guter Mediator viel erreichen. Empathie, Achtsamkeit, Beweglichkeit, Interesse, Behutsamkeit, Verlässlichkeit und Sorgfalt im Umgang mit den Beteiligten sind außerdem wichtig, um bisher nicht wahrgenommene und nicht zum Ausdruck gekommene Gefühle und Werthaltungen sowie verworrene strukturelle Sachlagen zu durchschauen und aufzulösen. Das Wichtigste jedoch ist das Vertrauen der Parteien in den Mediator. Nur auf dieser Basis wird ein Transformationsprozess in Gang gebracht, der die Parteien zur Einigung führen kann.

39a) Voraussetzungen, Ausbildung. Auch nach Inkrafttreten des Mediationsgesetzes im Jahr 2012 ist die Berufsbezeichnung „Mediator“ rechtlich nicht geschützt, im Prinzip kann sich also jeder Mediator nennen. Geschützt ist die Bezeichnung des „Zertifizierten Mediators“. So dürfen sich nach dem MediationsG nur Personen bezeichnen, die eine bestimmte Ausbildung abgeschlossen haben, Mediationserfahrung nachweisen können und spezifische Fortbildungspflichten erfüllen. Auch ein Rechtanwalt darf sich nur dann als Mediator bezeichnen, wenn er durch „geeignete Ausbildung nachweisen kann, dass er die Grundsätze des Mediationsverfahrens beherrscht“.16 Auch Steuerberater unterliegen als Mediatoren den Regeln ihres Berufsrechts.

40Die Suche nach einem geeigneten Mediator sollte sich an dessen Ausbildung und Erfahrung orientieren. In Deutschland gibt es eine Fülle von Ausbildungsangeboten, die nicht alle die gleichen qualitativen Kriterien erfüllen. Nach der Zertifizierungsverordnung für Mediatoren darf sich „Zertifizierter Mediator“ nennen, wer eine Mediationsausbildung im Umfang von mindestens 120 Präsenzzeitstunden absolviert, sowie spätestens ein Jahr nach dessen Abschluss einen praktischen Mediationsfall bearbeitet und in einer Supervision reflektiert hat. Es kann hilfreich sein, sich bei der Suche nach einem kompetenten Mediator an der hier geforderten Dauer der Ausbildung zu orientieren.

41Zahlreiche Verbände,17 Institute und auch kommerzielle Organisationen bieten Hilfe bei der Suche nach einem geeigneten Mediator. In der Bau- und Immobilienwirtschaft ist bei Konfliktlösern darüber hinaus Sachkunde gefragt.18 Es macht also durchaus Sinn, darauf zu achten, dass ein Mediator sich in der Branche auskennt. Der auf die Bau- und Immobilienwirtschaft fokussierte „MKBauImm e.V. – Mediation und Konfliktlösung in der Bau- und Immobilienwirtschaft“ etwa bietet einen Mediatorenpool von Rechtsanwälten, Sachverständigen, Architekten etc., die entsprechende Erfahrungen vorweisen können.19

42b) Neutralität. Der Mediator kann das Vertrauen der Parteien nur gewinnen – und halten – wenn er wirklich ein neutraler Vermittler ist. Er darf schon nach dem Gesetz nicht vor, während oder nach der Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig sein, etwa als Anwalt, und zwar auch dann nicht, wenn er in Sozietät mit dem Anwalt einer der Parteien ist20 – es sei denn, die Konfliktparteien erklären sich damit einverstanden.

43Mindestens ebenso wichtig wie dieser formale Aspekt ist aber tatsächlich die innere Haltung des Mediators. Er muss sich allen Teilnehmern in dem Konflikt so gleichmäßig zuwenden können, dass sich keiner übergangen oder benachteiligt fühlt. Alle Beteiligten müssen das Gefühl haben, dass der Mediator sich gleichermaßen für ihre Belange interessiert, das Verfahren nach allen Seiten einheitlich fördert und jeden ausreichend zu Wort kommen lässt. Deshalb wird die Neutralität in der Mediation auch „Allparteilichkeit“ genannt. Darin kommt zum Ausdruck, dass der Mediator allen Parteien die notwendige Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegenbringen muss, damit jeder dieselben Chancen hat, sich und seine Interessen einzubringen. Nur wenn dies gelingt, kann ein Prozess stattfinden, der zu einer für alle gleichermaßen akzeptablen und nach Möglichkeit auch befriedigenden Lösung führt.

44Wenn das durchaus empfindliche gleichschenklige Dreieck zwischen dem Mediator und den Konfliktparteien in eine Schieflage gerät, etwa weil eine der Parteien den Eindruck hat, dass der Mediator sich auf die Seite der anderen Partei ziehen lässt, kann die Mediation schnell scheitern. Es ist daher wichtig, dass der Mediator seine Haltung ständig überprüft und seine Verhandlungsführung so austariert, dass seine Neutralität nicht in Frage gestellt werden kann.

45Diese Haltung des Mediators sollte auch darin zum Ausdruck kommen, dass er es grundsätzlich vermeidet, Lösungsvorschläge zu machen. In dem Moment, in welchem der Mediator den Parteien Vorschläge zur Lösung ihres Konfliktes macht, nimmt er ihnen die Chance, den Weg zur Lösung selbst zu finden, und damit auch ihre Autonomie. Ganz abgesehen davon, dass er sich so vom klassischen Prinzip der Mediation entfernt, kann wegen der Bewertung, die in jeden Lösungsvorschlag einfließt, bei den Parteien auch leicht der Eindruck einer Benachteiligung – oder Bevorzugung der jeweils anderen Partei – entstehen. Schließlich basiert die Mediation auf der systemischen Idee, dass niemand in dem Konflikt und den Möglichkeiten seiner Lösung so zuhause ist wie die Streitenden selbst, und schon deshalb verbietet sich eigentlich ein derartiger Eingriff in ihre Selbstbestimmung.

46c) Mediator in der Baumediation. Die vorstehenden Ausführungen gelten grundsätzlich auch für die Mediation von Bausachen. Allerdings können die Besonderheiten in der Baumediation es erforderlich machen, dass der Mediator eine stärkere Rolle einnimmt, sich also aktiver mit Anregungen zur Gestaltung des Verfahrens und zu Lösungsvorschlägen einbringt. Wenn alle Parteien damit einverstanden sind, ist das kein Problem, der Mediator sollte aber spätestens in der Eröffnungsphase die Erlaubnis für so eine Gestaltungsfunktion nachfragen und einholen. Ein Baumediator gestaltet das Verfahren typischerweise in allen Phasen stärker als das sonst in der Mediation üblich ist.

47Die Komplexität baurechtlicher Streitigkeiten erfordert eine intensive Strukturierung der Streitthemen. Der „starke Mediator“21 agiert auf der Basis seiner rechtlichen und branchenspezifischen Kenntnisse ähnlich wie ein Schlichter, achtet dabei aber nach wie vor auf die Autonomie der Parteien. Die Idee dabei ist, dass ein Mediator, der die Sachverhalte und auch die rechtlichen Besonderheiten in klassischen Baustreitigkeiten versteht, besser in der Lage ist, den Parteien die Risiken und Möglichkeiten der Auseinandersetzung aufzuzeigen und einen verständnisorientierten Kommunikationsprozess zu führen. Erfahrungsgemäß gibt es in Bausachen eine größere Akzeptanz für einen Mediator, der Sachkenntnis mitbringt und mit den termini technici der Branche vertraut ist, also die branchenspezifische „Sprache“ der Beteiligten kennt, versteht und spricht.22

Mediation am Bau - Wirkung und Methode

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