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1.6 Externe Akteure greifen ein

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Bald wurde deutlich, dass die USA in der multipolaren Welt des 21. Jahrhunderts nicht mehr bereit bzw. fähig sind, ihre Rolle als Hegemonialmacht in Nahmittelost aufrechtzuhalten. Zum einen war Washington durch zwei langdauernde, gleichzeitige Kriege (Afghanistan, Irak) und eine desaströse Banken- und Finanzkrise politisch, militärisch und wirtschaftlich geschwächt. Zum anderen musste es sich der Konkurrenz mit dem auf die Weltbühne zurückgekehrten Russland, der aufstrebenden Weltmacht China sowie erstarkten Regionalmächten stellen.

Drei langjährige Regionalmächte im Zentrum der arabischen Welt waren 2011 paralysiert: der von bewaffneten Gruppenkonflikten und terroristischen Attentaten erschütterte Irak, Ägypten aufgrund seiner überalterten Führung und seinen anwachsenden inneren Spannungen sowie Syrien aufgrund des eskalierenden Bürgerkriegs.

Dadurch entstand ein von Libyen über Ägypten und Syrien bis in den Irak reichendes Vakuum. Es wurde zum primären Austragungsort externer Einflussnahme.

Eine regionale Führungsrolle beanspruchte das Königreich Saudi-Arabien mit seinen gigantischen Devisenreserven von an die 500 Mrd. USD im Umbruchjahr 2011.33 In seinem Windschatten segelten die immer selbstbewussteren VAE, und in offener Konkurrenz zu Saudi-Arabien agierte der ehrgeizige Emporkömmling Katar. Das kleine Emirat mit seinen immensen Erdgasreserven versuchte, seine ebenfalls erheblichen Devisenreserven (ca. 30 Mrd. USD) und seine beträchtliche Softpower (z. B. den Satellitensender al-Dschasira) in außenpolitischen Einfluss zu tauschen.34

Deutlich an Macht und Einfluss hatten die nichtarabischen Regionalmächte gewonnen:

• das hochgerüstete Israel mit seiner technologisch weit fortgeschrittenen Volkswirtschaft und seiner kleinen, schlagkräftigen Armee,

• der ebenfalls hochgerüstete Iran mit seinen bis in den Libanon und den Gasa-Streifen reichenden, politisch-religiösen sowie militärischen Netzwerken sowie

• die nach erfolgreicher wirtschaftlicher Liberalisierung boomende Türkei mit ihrer starken Militärmacht und attraktiven Softpower (ökonomische Vorbildfunktion, Entwicklungshilfe, kulturelle Attraktivität, Tourismusziel, Hochschulstipendien, islamische Mission).

Israel, der Iran, die Türkei und die Golfmonarchien Katar, Saudi-Arabien und die VAE scheuten nicht vor robusten Eingriffen zurück. An einer Demokratisierung der Region waren sie nicht oder nur bedingt interessiert und setzten vor Ort auf die stärksten Bataillone. Entsprechend agierte auch Russland, das ab 2015 vom Brückenkopf Syrien aus politisch und militärisch in die Geschehnisse eingriff und seinen politischen und ökonomischen Einfluss in Nahmittelost und Nordafrika zu erweitern sucht. Die USA agierten zögerlich und waren bestrebt, regionale Verbündete wie Katar und die Türkei vorzuschicken. Die EU blieb blass und fand bis heute zu keiner einheitlichen Linie.

Arabischer Frühling ohne Sommer?

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