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b) Hinweise vor Vertragsschluss
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Ebenso wenig wie ein verspäteter Hinweis des Verwenders genügt ein verfrühter. Bedeutung erlangt dies namentlich bei Waren und Dienstleistungen, die per Katalog oder Preisliste bestellt werden: Wenn sich in solchen Prospekten AGB befinden und nunmehr der Kunde nach Prospekt bestellt, so bedeutet dies nicht, dass der Kunde diese AGB in sein Angebot aufgenommen hat[8]. § 305 II Nr. 1 BGB soll gewährleisten, dass dem Kunden bei Vertragsschluss die Einbeziehung der AGB bewusst gemacht wird. Das ist bei AGB in Prospekten nicht der Fall: Es ist nicht gewährleistet, dass der Kunde sie überhaupt, geschweige denn, dass er sie gerade bei Aufgabe seiner Bestellung, also bei Abgabe seiner auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung zur Kenntnis nimmt. Denn der Katalog dient dazu, den Kunden über die Leistungen des Anbieters und deren Vorteile zu informieren, und ist folglich für die Festsetzung von AGB, die dem Kunden typischerweise nachteilig sind, nicht der geeignete Ort[9]. Die AGB werden selbst dann nicht allein kraft Abdrucks im Prospekt Vertragsbestandteil, wenn sie drucktechnisch besonders auffallen[10]; denn abermals ist nicht gewährleistet, dass der Kunde gerade die Seite aufschlägt, auf der ihm die AGB in dieser Weise nahegebracht werden.
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Vertragsbestandteil werden AGB in Prospekten vielmehr nur, wenn sie einen Bestellschein erhalten, auf dessen Vorderseite in deutlich lesbarer Weise unter Angabe der genauen Fundstelle auf die AGB verwiesen wird, und der Kunde für seine Bestellung diesen Bestellschein tatsächlich verwendet. Nur dann darf der Verwender davon ausgehen, dass der Kunde sich vor Abgabe der Bestellung die AGB vor Augen geführt hat.
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Muster: Wirksame Einbeziehung von AGB auf Bestellscheinen in Prospekten
„Die Bestellung erfolgt auf der Grundlage unserer Allgemeinen Lieferbedingungen, die in diesem Prospekt auf Seite 83 abgedruckt sind.“
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Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so sind die AGB nicht Bestandteil der Kundenbestellung. Wird die Bestellung vom Verwender unverändert angenommen, so kommt der Vertrag ohne die AGB zustande. Die AGB können nur noch Vertragsbestandteil werden, wenn der Verwender die Bestellung unter Einbeziehung seiner AGB annimmt; dann hat er die Bestellung des Kunden nach § 150 II BGB abgelehnt und ein neues Vertragsangebot unterbreitet[11].
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Beispiel 21
K bestellt bei Versandhändler V einen Anzug nach Katalog, der an versteckter Stelle die Verkaufsbedingungen des V enthält. V übersendet dem K eine „Auftragsbestätigung“, in der auf jene Verkaufsbedingungen verwiesen wird.
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Grundsätzlich darf freilich der Kunde bei Annahme der Bestellung davon ausgehen, dass von seinem Angebot inhaltlich nicht abgewichen wurde. Eine Annahme unter Änderungen, nämlich unter Einbeziehung der AGB, setzt daher voraus, dass die Annahmeerklärung einen deutlichen (sprich: § 305 II Nr. 1 BGB entsprechenden) Hinweis auf die AGB enthält[12]. Im Beispiel 21 kann also die „Auftragsbestätigung“ des V unter keinen Umständen schon für sich gesehen die Einbeziehung der AGB bewirken[13]. Vielmehr werden AGB des Verwenders, selbst wenn in diesem Sinne nach § 150 II BGB ein neues Angebot vorliegt, nur Vertragsbestandteil, wenn der Kunde es seinerseits annimmt. Bloßes Schweigen des Kunden begründet eine solche Annahme noch nicht[14]. Die kommentarlose Entgegennahme der Lieferung durch den Kunden reicht nach strittiger, aber vorzugswürdiger Ansicht für eine Annahme des Änderungsangebots ebenfalls nicht aus[15]: Wenn der Verwender trotz fehlender Einigung über die AGB liefert, bringt er abweichend von der Regel des § 154 I BGB zum Ausdruck, dass er sich ohne Rücksicht auf die Frage, ob die AGB einbezogen sind, an den Vertrag gebunden fühlt und ihn durchführen will. So und nicht anders darf der Kunde das Leistungsangebot des Verwenders verstehen. Dem Kunden, dem die Leistung angeboten wird, ist es nicht zuzumuten, mit dem Verwender ausdrücklich in eine Kontroverse darüber einzutreten, ob die AGB wirksam einbezogen sind oder nicht, womöglich auf die Gefahr hin, dass der Verwender bei fehlender Einigung die Ware wieder mitnimmt. Es ist vielmehr Aufgabe des Verwenders, vor Erbringung seiner Leistung auf klare Verhältnisse zu dringen, ob seine AGB akzeptiert sind oder nicht.