Читать книгу Der Kelch der Wiederkehr - Matthias Bieling - Страница 15

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Unzufrieden und stark verspannt machte ich mich auf den Heimweg. Es war schon dämmerig und der Verkehr rann träge dahin, alles war schon in Erwartung der Abendstille. Die Laternen konnten die Trostlosigkeit nicht vertreiben und die Menschen drängelten sich nah an den Hauswänden vorbei. Im Autoradio hatten sie einen Stau auf der A 40 zwischen Stadion und Werne gemeldet, sodass ich einen Umweg machen musste. Als ich die Hauptstraße Richtung Lütgendortmund hinauffuhr, klingelte das Telefon.

„Jupp, Du musst noch einmal bei uns vorbeikommen“, klang die Stimme von Dietrich Dörner durch die Freisprechanlage. Er klang nicht aufgeregt, fordernd war wahrscheinlich die richtige Beschreibung.

Für heute war ich es leid, herumgeschubst zu werden, deshalb erwiderte ich „Dietrich, ich mache das direkt morgen früh, wann passt es am besten?“

„Ich denke, Du schaffst es heute noch, Hauptkommissar Onhoven möchte mit Dir sprechen. Ich habe Dir gesagt, dass das LKA eine Mordkommission eingerichtet hat und er leitet die Ermittlungen. Wann bist Du also hier?“

Manchmal war es besser, einen Kampf nicht zu kämpfen, sondern auf einen anderen Zeitpunkt zu warten. Dieses Gefühl hatte ich in dem Moment und sagte deshalb zu: „Es dauert wohl eine halbe Stunde. Ich komme direkt in Dein Büro, sag' der Zentrale Bescheid.“

Auf dem Ruhrschnellweg ging es so schnell wie erwartet und vom vielen Kupplung treten schmerzte mir die Wade. Am Stadion fuhr ich ab. Der Stadtpark kontrastierte schwarz zu dem grauen Himmel und irgendwie wirkten die wenigen Passanten unangemessen.

Das Bochumer Polizeipräsidium war eindrucksvoll, und das nicht nur für Menschen, die sich nicht ganz sicher waren, ob sie auf der richtigen Seite standen. Durch den Eckturm und über Flure, auf denen Rollschuhwettbewerbe sicher eine würdige Bahn gefunden hätten, erreichte ich das Büro von Hauptkommissar Dietrich Dörner.

Er war mit einem hageren, schmalen Mann, der eine faltige Gesichtshaut hatte und einer ebenso hageren Blondine im Gespräch, als ich nach einem Klopfen die Tür öffnete. Der Hagere war schon weit über fünfzig, trug einen ausgebeulten Anzug, der ihm zu groß schien und dessen Hose an den Oberschenkeln schon glänzte, und dazu breite, bequeme Schuhe. Sein weißes Hemd war zerknittert, seine Hände noch faltiger als sein Gesicht und ich hatte den Eindruck, dass er beim Bewegen knisterte. Wahrscheinlich war er nicht geschmeidig genug und das der Grund, warum er den Weg in den höheren Polizeidienst immer verpasst hatte und deshalb immer noch Hauptkommissar war. Die Frau hatte hochstehende Wangenknochen über denen die Haut spannte. Ihr Hosenanzug hätte genauso zu einem Konfirmanden gepasst. Ganz deutlich zeichnete sich ihr Holster an der Hüfte ab und war das Einzige, was aus Ihrer Flachheit hervorstach. Sie war höchstens fünfunddreißig und die flachen Schuhe, geschnürt und mit einer Gummisohle, verrieten ihren aufdringlichen Ehrgeiz. Wahrscheinlich würde sie aufgesetzt lächeln, während sie dazu gekonnt nach unten trat. Auf ihrem Kinn spielte ein niedriger Schatten.

„Ah, Jupp, die Maske brauchst Du hier nicht, wir sind alle gesund. Aber bitte setz‘ Dich doch. Das sind Hauptkommissar Peter Onhoven und Kommissarin Blaire Bertes vom LKA“, begrüßte mich Dietrich Dörner mit gespielt gleichgültiger Jovialität. Er trug an jenem Tag auch wieder von ihm für englisch gehaltene Kleidung. Die braune Hose schlotterte ein wenig, das karierte Hemd hatte auf der Brusttasche ein fulminantes Emblem und überstrahlte das unvermeidliche Tweed Sakko mit seinen Komplementärfarben. „Ich habe die beiden hier aufgenommen und sie fühlen sich sehr wohl“, dabei beschrieb seine Hand eine Bewegung über das eigentümliche Potpourri aus hässlicher Behördenausstattung und den von ihm zugefügten Ausstattungsteilen, ein Konglomerat, das jedes Klischee einer englischen Polizeistation authentisch erscheinen ließ. „Alle fühlen sich im ‚Yard‘ wohl“, lachte er und stellte den Schirm aus grünem Glas an seiner Schreibtischlampe so ein, dass der Kegel die Papiere auf dem Tisch wirkungsvoll beleuchtete.

Die beiden wirkten absolut deplatziert, aber lächelten mich geübt an.

„Danke, dass Sie noch hergekommen sind, aber wir müssen mit Ihnen sprechen, um zu vermeiden, dass Sie die Ermittlungen stören“, kam Hauptkommissar Onhoven lustlos sofort zur Sache. „Sie haben Prof. Osbert zu Eugen Schäfer befragt. Prof. Osbert hat sich bei Oberstaatsanwalt Dr. Mayer beschwert, die beiden spielen wohl zusammen Golf oder so.“

Ich war erstaunt, dass ich mit meinem Besuch so viel Staub aufgewirbelt hatte. Ich wäre allerdings nach dieser Eröffnung nicht verblüfft gewesen, wenn er mir auch noch erzählt hätte, er wolle sehr gerne dem Mann willfährig sein und habe mich deshalb hierher bestellt und seine größte Freude wäre, den Staub zu unterdrücken. Die Augen der hageren Frau waren lauernd, ihr Gesicht schien sich grünlich eingefärbt zu haben, aber sicher lag das nur an der Lampenschirmeinstellung.

„Wir wollen den Fall lösen, deshalb können wir keine Einmischungen gebrauchen, die dann dazu führen, dass wir nicht die richtigen Prioritäten auf die vielversprechendsten Spuren legen“, überraschte er mich mit einer etwas originellen Begründung.

Er war ein Profi und ich durfte ihn nicht unterschätzen. Er würde mir nicht die Ohren rumdrehen und sagen ‚Lassen Sie die Finger davon oder ich ziehe Ihnen die Ohren lang‘, aber er war entschlossen, sich durchzusetzen. Er würde ganz direkt vorgehen und das volle Instrumentarium nutzen, das ihm als Hauptkommissar des LKA zur Verfügung stand, damit ich Ruhe gäbe. Oder geben musste, weil sie mich für eine Zeit aus dem Verkehr zögen. Zwar würde ich am übernächsten Tag wieder aus dem Gewahrsam entlassen werden müssen und vielleicht würde mir mit einem früheren Termin Dr. Ernest Kort helfen können, aber selbst er würde seine Zeit brauchen. Dr. Kort war Fachanwalt für Strafrecht und wir schickten uns gegenseitig manchmal Klienten, weil sich unsere Arbeitsgebiete ergänzten. Er war eine ehrliche Haut, hatte bisher nach meinem Empfinden gute Arbeit geleistet für die Klienten, die ich ihm geschickt hatte und hatte auch mir ein paarmal aus der Klemme geholfen. Er pflegte den Ruf, Spaß daran zu haben, sich an Polizeiwillkür oder Justizirrtümern abzuarbeiten.

„Warum pfuschen Sie in den Ermittlungen rum? Wir können hier keine zu große Aufmerksamkeit gebrauchen, das ist nur hinderlich“, setzte die Hagere nach, damit ich auch wirklich den Ernst der Lage erkannte. Sie spielte Bad-Cop-Good-Cop und lächelte dabei schief. Sie war nicht ernst zu nehmen.

„Ich pfusche nicht in Ihren Ermittlungen rum und ich behindere sie erst recht nicht“, sagte ich fest und sah Hauptkommissar Onhoven dabei direkt in die Augen. Noch wusste ich nicht, wie die Sache laufen würde, aber es erschien mir angemessen, Onhoven klar zu machen, dass ich mich nicht einschüchtern ließ und dagegen halten würde.

„Ach hör doch auf, ich habe Dir doch gesagt, dass das LKA Vertraulichkeit wünscht“, mischte sich Dörner ein. Er hatte es immer schon verstanden, niemals auch nur in den Verdacht zu kommen, gegen die Interessen von Männern zu verstoßen, die einen Arm hatten, der bis zu seinen Vorgesetzten reichte. Deshalb fügte er noch an: „Ich habe Dir klar gesagt, dass das LKA Vertraulichkeit wünscht und Du läufst umgehend los und trittst einem wichtigen Mann auf die Füße. Wenn Du mit Deinen Plattfüßen weiterhin überall herumtrampelst, bekommst Du mächtig Ärger, hörst Du. Also halte Dich aus allem raus, wie ich Dir schon gesagt habe.“

Hauptkommissar Onhoven sah ihn belustigt an und sagte dann zu mir gewandt: „Ich bin sicher, dass Herr Koslowski uns versteht. Die Frage ist, wie seine Einstellung dazu ist.“ Seine Entschlossenheit war nicht ins Wanken geraten und er presste die Zähne zusammen, während er mich anblickte.

„Hören Sie, Koslowski, es geht um Drogen und eine internationale Verbindung, deshalb ist das eine Sache fürs LKA“, sagte die hagere Blonde hastig, um in Erinnerung zu bringen, dass sie auch da war. Sie patzte in dem Spiel.

Ich konnte mich immer noch nicht mit dem Gedanken anfreunden, aber manchmal ergeben auch zwei plus eins drei. Deshalb fragte ich: „Und der Professor betreibt eine Drogenküche, hat Angst, dass das Ganze auffliegt und nutzt deshalb all seine Connections, um sich zu schützen und ihr macht dabei mit?“ Es war ein offener Angriff.

Dietrich Dörner wog meine Bemerkung offensichtlich ab und rechnete sich aus, dass es diesmal vielleicht besser war, das Gespräch nur an sich vorbeilaufen zu lassen. Er konnte dann gegebenenfalls behaupten, sich nicht eingemischt zu haben, weil er nur drittes Rad am Wagen war. Ich hatte erfolgreich in ihm die Befürchtung geweckt, die Nähe zu den wichtigen Männern könnte auch mal nach hinten losgehen. Deshalb versuchte er durch das Zurechtruckeln seiner Brille klar zu machen, dass er eigentlich nur da war, weil er den LKA-Mitarbeitern sein Büro zur Verfügung stellte, aber ansonsten überhaupt nichts mit der Sache zu tun hatte.

„Interessanter Gedanke, aber wir glauben, der Professor hat nichts mit der ganzen Sache zu tun“, sagte Hauptkommissar Onhoven, aber ich sah, dass er an der Verdrängung dieses Gedankens schon einige Zeit arbeitete. „Er ist ja auch Mediziner mit Schwerpunkt Humangenetik, kein Chemiker“, beruhigte er sich zusätzlich.

„Ja, das beweist das“, sagte ich und wusste, dass ich sein Unbehagen damit steigerte. Aber ich hatte keinen Grund nett zu sein.

„Was hat der Professor denn gesagt, zu Ihren Fragen?“, wollte Onhoven wissen und ich hatte den Eindruck, ihn interessierte das wirklich. Vielleicht auch über die Suche nach der eigenen Beruhigung hinaus.

„Gilt denn das Frage-Antwort-Spiel gegenseitig? Immerhin habt ihr ja auch schon einige Antworten erhalten.“

„Hören Sie“, sagte die Blonde, „Nach § 257 StGB machen Sie sich strafbar, wenn Sie nicht mit uns zusammenarbeiten.“ Sie hatte nur auf den Augenblick gewartet, um wieder etwas sagen zu können. Ihre Worte versuchte sie durch einen bösen Blick zu untermauern, und damit hätte sie es bestimmt geschafft, dass Tote vor Lachen wieder auferstanden wären. Sie war eine Anfängerin.

Ich wusste nicht, ob es Mitleid oder Verzweiflung waren, die in dem Grinsen von Onhoven lagen, jedenfalls sagte er: „Soweit es uns möglich und zulässig ist, werden wir natürlich auch Ihre Fragen beantworten, Koslowski.“

Blaire Bertes wurde rot. Ob dessen, dass ihr Vorgehen von Onhoven einfach ignoriert wurde, was sie sicher als Maßregelung auffasste oder weil sie ertappt worden war, die Vorschriften nicht ganz zu beherrschen, war mir egal. Sie gehörte irgendwie nicht in dieses Gespräch.

Jedenfalls wurde Hauptkommissar Peter Onhoven mir langsam sympathisch und ich beschloss ein paar Karten zu spielen und zu sehen, ob er auch einige Trümpfe hatte, die dem Spiel eine klare Richtung geben würden. Ich blickte in die Runde, als sei es eine ganz entscheidende Information und sagte dann ganz langsam und deutlich: „Der Professor hat gesagt, er hatte schon lange keinerlei Kontakt mehr, aber Schäfer habe ihm vor kurzem die Belieferung von Labormaterial angeboten. Er habe aber abgelehnt, da er an die Beschaffungswege der Universität gebunden sei.“

Hauptkommissar Onhoven sah mich mit fragendem Blick an: „Labormaterial? Wie kommt er denn daran?“

„Ich weiß es nicht.“

Die beiden LKA-Beamten tauschten einen schnellen Blick aus, dann fragte die Frau: „Was hat der Professor noch erzählt?“

Offenbar hatten sie von meinem Besuch bei Julia Schäfer noch nichts gehört, sonst wüssten sie, dass der Professor das nicht von sich aus erzählt hatte, sondern Julia das Telefonat gehört hatte. Ich beschloss, mein Gespräch mit Julia nicht aktiv zu erwähnen. „Leider nichts mehr, der Besuch war nicht sehr ergiebig.“ Als ich die Ratlosigkeit im Gesicht der Blonden sah, beschloss ich, auch meine weiteren Besuche nicht zu erwähnen. Stattdessen fragte ich: „Wie reimt ihr euch das denn alles zusammen? Hat denn die Autopsie schon Ergebnisse gebracht?“

„Tja“, sagte Hauptkommissar Onhoven. „Der Doktor hatte Recht mit seinem Zweifel an der offensichtlichen, selbstverpassten Überdosis. Gut, dass die Kollegen die Beweissicherung sorgfältig durchgeführt haben.“

Es war klar zu sehen, Hauptkommissar Dörner fand es gar nicht gut, dass der Doktor mit seinem Zweifel Recht gehabt hatte.

„So konnte die Ermittlungsarbeit gleich von Anfang an in die richtigen Bahnen laufen. Tatsache ist jedenfalls, dass Eugen Schäfer mit KO-Tropfen in der Cola betäubt worden ist und ihm dann die Überdosis gespritzt wurde. Es sollte wie ein Selbstverschulden aussehen, war aber Mord.“

„War er wegen Drogenschmuggel in Italien? War es ein Kunde, der seine Chance auf ein Freilos wahrgenommen hat und ihn deshalb umgebracht hat?“, formulierte ich einen möglichen Tathergang.

Die Blonde sah zufrieden aus, aber Onhoven beobachtete mich sehr genau und dazu nickte er bedächtig und nachdenklich. Ich konnte nicht einschätzen, was er wusste und welche Hypothesen er verfolgte, aber ich hatte den Eindruck, dass er Drogen nicht als Hintergrund und Motiv für den Fall ansah. Daher entschloss ich mich, herauszufinden, welches ihre Hauptermittlungsrichtung war und ob sie sich aufgrund dessen, was sie inzwischen ermittelt hatten, etwas anderes zusammenreimten und fragte: „Er hat aber nicht auf eigene Rechnung gearbeitet. Das LKA schaltet sich doch nicht ein, wenn ein kleiner, auf eigene Rechnung arbeitender Dealer von einem Kunden umgebracht wird. Und die Mordmethode passt nicht zu einem Kunden, der eine zufällige Chance wahrnimmt. Das war überlegt und vorbereitet, allerdings stümperhaft ausgeführt.“

Die Blonde sah überrascht aus, weil ich den Drogenbären nicht geschluckt hatte. Sie war aber narzisstisch genug zu erwarten, ich würde das Offensichtliche eins und eins zusammenzählen.

„Er ist ein Drogenkurier, der irgendwie nicht mehr passte und der deshalb umgebracht wurde. Das Ganze ist eine größere Geschichte, grenzüberschreitend, Mafia oder so. Deshalb ermittelt das LKA“, lockte ich.

In ihrem Auge war ein so beruhigtes Lächeln, dass sich meine Zweifel verstärkten. Sie war eine absolute Anfängerin. Onhoven sah mich immer noch nachdenklich an und Dietrich Dörner überlegte angestrengt, ob er vielleicht doch in irgendwelchen Schlamassel geraten war.

Ich wusste aber immer noch nicht, was sie dachten. Manchmal half fragen, manchmal kommt man mit Fragen erstaunlich weit, und so nahm ich mir die Kommissarin vor: „Was stimmt nicht an dieser Story? Sagen Sie es mir!“

Erschrocken sah sie mich an und suchte nach Worten. Peter Onhoven erbarmte sich ihrer, auch um zu vermeiden, dass sie etwas ausplauderte, was ich nicht wissen sollte. Er sagte: „Ehrlich gesagt, gibt es ein paar Gesichtspunkte, die nicht zu dieser Geschichte passen. Wir haben aber noch keine Theorie.“ Dabei blickte er sie sehr eindringlich an.

„Was hat Schäfer denn in Rom auf diesem Platz gemacht? Ist das ein Drogenumschlagplatz?“, bohrte ich und sah die Kommissarin dabei an, als wollte ich sie beißen.

Er hatte sie aber unter Kontrolle gebracht und sie würde nichts sagen. „Das ist einer der Gesichtspunkte, die nicht ganz passen: Die italienischen Kollegen sehen an dem Ort tatsächlich keinerlei Verbindung zu Drogen, dort befindet sich nur eine Kirche und ein Verwaltungsgebäude des Malteserordens. Vielleicht wollte er einfach mal sehen, wo sein Arbeitgeber sein Hauptquartier hat. Wir haben da nur Vermutungen“, versuchte er eine Begründung zu geben, die weder ihn, noch mich überzeugte und erst recht keinen der Gründe für die Zweifel an der Drogengeschichte ausräumte.

„Gibt es denn irgendwelche Anhaltspunkte für Drogengeschichten? Private Kontakte, Arbeitskollegen?“, lockte ich.

„Wir werden uns seine ehemaligen und aktuellen Arbeitskollegen vornehmen. Es hat da mal eine Geschichte gegeben, die aber im Sande verlaufen ist, weil sich das nicht feststellen ließ. Kann aber durchaus sein, dass da was war“, bestätigte Hauptkommissar Onhoven, was mir schon Alliard erzählt hatte.

„Wie ist er in den Rettungswagen gekommen? Hat eure Befragung von Taxifahrern etwas ergeben?“, versuchte ich es an einer anderen Stelle.

„Nein, wir wissen das noch nicht, und Hypothesen dazu sind noch nicht abschließend formuliert“, haspelte die Blonde, offenbar bemüht ihren Fehler wiedergutzumachen.

Dann schwiegen wir uns an. Ich hatte alles erfahren, was zu erfahren war, brauchte etwas zu trinken und sagte deshalb: „Es war nett, mit Ihnen zu plaudern und wenn Sie mich nicht mehr brauchen, gehe ich jetzt.“

Es reichte allen für heute und deshalb sagte Hauptkommissar Onhoven: „Okay, Sie können gehen.“ Kommissarin Blaire Bertes sah erleichtert aus und Dietrich Dörner wirkte sehr zufrieden damit, dass jedem klar war, er würde für wichtige Männer tanzen, aber in diesem speziellen Fall war er außen vor und würde sich auch aus allem raushalten.

Ich wurde nicht schlau aus diesem Hauptkommissar Onhoven und konnte seine Schritte nicht einschätzen. Warum er nicht an die Drogengeschichte glaubte, wusste ich zwar nicht, aber dass er hinter der Angelegenheit etwas anderes vermutete, lag ganz klar auf der Hand.

Ich hatte keine Angst, aber ich beschloss, mich vorerst nicht mehr mit dem Professor zu befassen, auch wenn er mich bei meinem Besuch angelogen hatte und nunmehr seinen Verdächtigungsindex stark gesteigert hatte, weil er seinen Buddy von Oberstaatsanwalt eingeschaltet hatte. Es war ganz gegen meine Gewohnheiten, denn wenn jemand versucht, mir Angst zu machen, ist das immer eine willkommene Herausforderung. Ich wollte aber Onhoven keine Gelegenheit geben, mich irgendwie aus dem Verkehr zu ziehen.

Es gelang mir, mich davon zu überzeugen, dass mein Zweifel an der Drogengeschichte nicht daher rührte, Julia Schäfer in ihre tiefen, türkisfarbenen Augen gesehen zu haben, als sie mich bat, zu helfen und nach Beweisen zu suchen, dass ihr Mann kein Drogendealer gewesen war. Es gelang mir, weil ich erstens bei meinem Gespräch mit von Richtplatz nicht so richtig an Drogen in dem Paket geglaubt hatte. Und zweitens, weil Alliard dementiert hatte, Eugen Schäfer habe etwas mit Drogen zu tun. Und drittens, weil ich schon während meines Gespräches mit dem Professor wusste, dass er etwas mit dem Fall zu tun hatte und sein Versuch mich kaltzustellen das bestätigte, er aber überhaupt nicht zu der Drogengeschichte passte: Die Vorstellung, dass er Drogen weiterverarbeitete, war lächerlich. Und viertens, weil Eugen Schäfer im Hauptquartier des Ordens gewesen war.

Es war ein berechtigter Zweifel!

Der Kelch der Wiederkehr

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