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b) Rechtliche Grundlagen

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Nach der Konzeption der StPO ist der Pflichtverteidiger dem Beschuldigten in Fällen notwendiger Verteidigung grundsätzlich bei Anklagezustellung beizuordnen, § 141 Abs. 1 i.V.m. § 201 StPO. Die Beiordnung kann indessen auch schon im Ermittlungsverfahren erfolgen, § 141 Abs. 3 S. 1 StPO. Nach h.M.[51] setzt die Beiordnung eines Verteidigers in diesem frühen Verfahrensstadium einen Antrag der Staatsanwaltschaft voraus, den diese stellt, wenn nach ihrer Prognose im gerichtlichen Verfahren ein Fall notwendiger Verteidigung gegeben sein wird, § 141 Abs. 3 S. 2 StPO.[52] Die Prognoseentscheidung der Staatsanwaltschaft wird nach (noch) überwiegend vertretener Auffassung[53] für gerichtlich nicht anfechtbar gehalten.

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Ein Antrag des Beschuldigten auf Pflichtverteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren soll lediglich als Anregung an die Staatsanwaltschaft auszulegen sein, ihrerseits einen Antrag auf Beiordnung eines Verteidigers zu stellen.[54] Auch im Rahmen der Neuerungen bei der Einführung des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens wurde dem Beschuldigten – trotz Empfehlung der Expertenkommission – kein eigenes Antragsrecht eingeräumt.

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Eine Neuregelung, welche im Rahmen der Einführung des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens eingeführt wurde, besteht in der Belehrungserweiterung des § 136 Abs. 1 StPO. So sind dem Beschuldigten, der vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen möchte, nunmehr gem. § 136 Abs. 1 S. 3 StPO Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Es ist dabei gem. dem neu eingeführten § 136 Abs. 1 S. 4 StPO auf den bestehenden anwaltlichen Notdienst hinzuweisen. Weiterhin muss der Beschuldigte nunmehr gem. § 136 Abs. 1 S. 5 letzter HS StPO auch über die mögliche Kostenfolge des § 465 StPO belehrt werden.

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Die rückwirkende Bestellung eines Pflichtverteidigers ist nicht zulässig,[55] und zwar auch dann nicht, wenn über einen gestellten Beiordnungsantrag versehentlich nicht entschieden wurde.[56] Die Bestellung eines Pflichtverteidigers verfolgt allein den Zweck, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass der Angeklagte rechtskundigen Beistand erhält und dass der Verfahrensablauf gewährleistet ist, sie dient hingegen nicht dem Kosteninteresse von Angeklagtem und Verteidiger.[57] Der Verteidiger sollte daher tunlichst kontrollieren, ob über eine beantragte Beiordnung entschieden wurde, gegebenenfalls durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Handaktenbogen. Ist eine Entscheidung nicht erfolgt, so kann in der Hauptverhandlung nochmals darauf hingewirkt werden. Zu beachten ist allerdings auch, dass eine stillschweigende Beiordnung allgemein für zulässig gehalten wird.[58] Von ihr ist etwa auszugehen, wenn ein Fall notwendiger Verteidigung gegeben ist und die Hauptverhandlung auch tatsächlich unter Mitwirkung des Verteidigers durchgeführt wurde.[59]

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Ist das Verfahren bereits gerichtlich anhängig, entscheidet über die Bestellung des Pflichtverteidigers gem. § 141 Abs. 4 StPO der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist. Im Ermittlungsverfahren wurde durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens eine einheitliche Zuständigkeit des Ermittlungsrichters geschaffen. Gemäß § 141 Abs. 4 S. 2 StPO entscheidet vor Erhebung der Anklage das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft oder ihre zuständige Zweigstelle ihren Sitz hat über die Bestellung.

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Grundsätzlich endet die rechtliche Wirkung der Beiordnung mit der Rechtskraft des Urteils.[60] Allerdings kann es der Rechtsgedanke des § 140 StPO, der auf dem Rechtsstaatsprinzip und damit auch dem Grundsatz des fairen Verfahrens beruht, gebieten, die Vorschrift über ihren gesetzlich geregelten Anwendungsbereich hinaus entsprechend anzuwenden.

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Insbesondere im Vollstreckungsverfahren[61] kann eine Pflichtverteidigerbestellung analog § 140 Abs. 2 StPO veranlasst sein,

wenn der Vollstreckungsfall für den Verurteilten schwer wiegt (z.B.: drohender Bewährungswiderruf,[62] Reststrafenaussetzung bei lebenslanger Freiheitsstrafe[63]) oder die Sach- und Rechtslage im Vollstreckungsverfahren[64] besondere Schwierigkeiten aufwirft[65]
oder wenn der Verurteilte zur Selbstverteidigung im Vollstreckungsverfahren außerstande ist (Bsp.: Prüfungsverfahren nach § 67e StGB[66]).[67]

Grundsätzlich gilt die Beiordnung für das gesamte Vollstreckungsverfahren, nicht nur für einzelne Vollstreckungsabschnitte.[68]

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