Читать книгу AnwaltFormulare Strafrecht - Matthias Klein - Страница 452
c) Entlastungsbeweisanträge gem. § 163a Abs. 2 StPO
Оглавление373
§ 163a Abs. 2 StPO sieht die Möglichkeit des Beschuldigten vor, im Rahmen seiner Vernehmung die Erhebung von Beweisen, die seiner Entlastung dienen, zu beantragen. Soweit im Rahmen der Vernehmung des Beschuldigten diesbezüglich Anträge gestellt werden, sind diese jedenfalls in die Vernehmungsniederschrift aufzunehmen.[4] Inwieweit sich aus der Regelung des § 163a Abs. 2 StPO ein selbstständiges Antragsrecht ergibt, wird unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird ein selbstständiges Antragsrecht befürwortet,[5] teilweise § 163a Abs. 2 StPO als Unterfall des § 160 Abs. 2 StPO angesehen.[6] Voraussetzung für einen Entlastungsbeweisantrag gem. § 163a Abs. 2 StPO ist, dass eine bestimmte Tatsache bezeichnet wird, über die Beweis erhoben werden soll und das Beweismittel benannt wird. Der Abgrenzung zum Beweisermittlungsantrag, die für das Beweisantragsrecht nach § 244 Abs. 3 bis 6 StPO wichtig ist, kommt hier keine Bedeutung zu.[7] Auch Beweisanregungen sind möglich, jedoch wenig ratsam, weil sie die Beweiserhebung von vornherein in das Ermessen der Strafverfolgungsbehörden stellen. Der Antrag ist an keine Form gebunden und kann zu jedem Zeitpunkt gestellt werden.
374
Wird nun ein Entlastungsbeweisantrag im Sinne des § 163a Abs. 2 StPO gestellt, so ist dieser nach dem Wortlaut der Vorschrift zu erheben, wenn dieser von Bedeutung ist. Die mit dieser Formulierung zum Ausdruck kommende Beweiserheblichkeit der zu beweisenden Tatsache und der damit einhergehende Behandlungsmaßstab der Strafverfolgungsbehörden werden unterschiedlich beurteilt. Einigkeit dürfte allerdings darin bestehen, dass die Strafverfolgungsbehörden nicht jedem irgendwie gearteten Beweisantrag nachgehen müssen, v.a. nicht solchen, die mit dem Gegenstand des Ermittlungsverfahrens in keinerlei Zusammenhang stehen. Teilweise wird dazu vertreten, dass sich die Beweiserheblichkeit nach pflichtgemäßem Ermessen der Staatsanwaltschaft beurteilt.[8] Eine andere Auffassung billigt dem Beschuldigten demgegenüber einen Beweiserhebungsanspruch zu, der allerdings bestimmten Einschränkungen unterliegen soll.[9] Ausgangspunkt für die Beurteilung der Beweiserheblichkeit kann bei der Auflösung dieses Problems die Regelung des § 160 Abs. 2 StPO sein. Danach hat die Staatsanwaltschaft nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände gleichermaßen zu ermitteln. Dabei ist auch einzubeziehen, dass bei Abschluss des Verfahrens eine Prognose hinsichtlich der Verurteilungswahrscheinlichkeit gem. § 170 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StPO vorzunehmen ist. Dementsprechend erscheint es sachgerecht neben den entsprechend anzuwenden Ablehnungsgründen des § 244 Abs. 3 und 4 StPO auch solche Erwägungen für eine Ablehnung der Beweiserheblichkeit einzubeziehen, die diese zu bildende Prognose in keiner Weise beeinflussen können.[10]
375
Lehnt es die Polizei ab, einem Entlastungsbeweisantrag von sich aus nachzugehen, so hat sie den Ermittlungsvorgang dem zuständigen Staatsanwalt zur endgültigen Entscheidung vorzulegen.[11] Dieser hat dann darüber zu entscheiden. Wird auch von Seiten der Staatsanwaltschaft eine diesbezügliche Beweiserhebung abgelehnt, so ist dies dem Beschuldigten bzw. seinem Verteidiger unter kurzer Begründung mitzuteilen.[12] Eine förmliche Bescheidung ist nicht erforderlich.[13]
376
Wird ein Antrag nach § 163a Abs. 2 StPO durch die Staatsanwaltschaft abgelehnt, so bestehen mit Ausnahme der Abgabe einer Gegenvorstellung und Erhebung einer Dienstaufsichtsbeschwerde keine Möglichkeiten dagegen vorzugehen.[14] Die Anträge können jedoch im Zwischen- und Hauptverfahren wiederholt werden.
377
Hinweis
Für die Verteidigung stellt sich die Frage, ob das Stellen von Entlastungsbeweisanträgen bzw. das Vorbringen entsprechender Anregungen gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft zu diesem frühen Zeitpunkt sinnvoll ist. Dies kann aus Verteidigersicht, je nach Verfahrenslage, äußerst nützlich und vorteilhaft, aber auch nachteilig sein und ist sorgsam abzuwägen. Von Vorteil ist, dass durch solche Anträge die Ermittlungen in eine von der Verteidigung beabsichtigte Richtung gelenkt werden können und der Verteidiger selbst keine eigenen Ressourcen dafür aufwenden muss. Auch kann sich durch solche Anträge, verbunden mit einer geschickten Einlassung, recht frühzeitig die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung jedweder Art ergeben und es können damit die Belastungen des Mandanten gering gehalten werden. Zudem können Beweismittel, deren Verlust droht, rechtzeitig gesichert werden. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass frühzeitig die Taktik der Verteidigung offengelegt wird und kein Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei Vernehmungen von Zeugen durch die Polizei oder Staatsanwaltschaft besteht, selbst wenn diese durch ihn angeregt bzw. beantragt wurde. Die Konsequenz hieraus ist, dass von Seiten der Verteidigung eine richterliche Vernehmung von Entlastungszeugen – vor allem bei Alibizeugen – zu beantragen ist, um ein Anwesenheits- und Fragerecht zu ermöglichen.