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Marillion „Brave” (1994)
ОглавлениеAls der Punk 1976 den saturierten Kunstrock zermalmte, schienen die Tage der Supergroups gezählt – zumal nach Peter Gabriels Weggang sogar Genesis rasch verpoppte. Nostalgie freilich sehnt sich auch nach Neuem, wenn es nur die alten Kleider trägt; so schlug bald die Stunde der Epigonen, deren Gunst Marillion am erfolgreichsten nutzte. Die Demission des Frontmanns Fishs stellte 1988 die Restband vor die Richtungsfrage. Unterm neuen Chef Steve Hogarth wählt sie nun die Flucht zurück, hin zum großen Konzeptopus, zum artrocküblichen Spiel mit der Dynamik, in dem Wucht und Poesie, lyrische Saitenmalerei und pathostrunkene Klangflächen miteinander kämpfen und verschmelzen; ein Spiel, das die Spontaneität des Rock’n’Roll kaltherzig auf dem Altar der Kunstfertigkeit opfert. Die hohen Soundwälle von „Brave“ umbauen ein abgedroschenes Thema (Identitätsverlust) und wollen klingen wie Genesis’ Hauptwerk „Lamb lies down on Broadway“. Diesem kopiegenauen Akt reiner Epigonalität fehlt indes ein designierter Hit wie „Carpet crawl“. Zeitgleich hält Fish den alten Feinden ein songorientiertes Livealbum („Sushi“) entgegen, voll mit synthetischen Bläsern und seelenvollen Gitarren, mit pumpenden Drums, Gabriel-Touch und dem unbedingten Willen, bei MTV zu landen. Er ist besser beieinander als zuletzt beim laschen Studioalbum – und trotz eines Hangs zur großen Geste weit weniger verquast als Marillion. Wiedervereinigung? Unwahrscheinlich.