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c) Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG
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Weiterhin könnte das Gesetz gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV 1 GG[29] verstoßen, indem der Rechtschutz gegen die Planung in Form eines formellen Gesetzes erschwert oder sogar unmöglich gemacht wird.
Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG ist eine spezialgesetzliche Ausformung des Rechtsstaatsprinzips.[30] Nach Art. 19 IV 1 GG steht jedermann, der sich durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt fühlt, der Rechtsweg zu den Gerichten offen. Das primäre Ziel der Regelung des Art. 19 IV 1 GG ist die Gewährleistung einer Rechts- und Tatsacheninstanz gegen sämtliche Akte der Exekutive.[31] Art. 19 IV 1 GG besagt aber lediglich, dass ein Rechtsschutz bestehen muss. Die nähere Umsetzung ist nicht festgelegt. Der Rechtsschutz muss aber umfassend und effektiv sein.[32] Für den Fall bedeutet dies, dass ein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie vorliegen könnte, wenn der Rechtsschutz verkürzt oder unzureichend ist. Dieses Problem tritt insbesondere bei Einzelfallgesetzen auf, da diese den Rechtsweg zu den Fachgerichten verhindern und nur zur Verfassungsbeschwerde eröffnen.[33]
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Der Rechtsschutz gegen Gesetze ist auf die Verfassungsbeschwerde (Art. 93 I Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG), die konkrete Normenkontrolle (Art. 100 I GG, §§ 13 Nr. 11, 80 ff. BVerfGG) und die abstrakte Normenkontrolle (Art. 93 I Nr. 2 GG, §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG) beschränkt. Anders ist dies bei Verwaltungsakten, die durch die Gemeinden, also durch die Verwaltung erlassen werden. Gegen diese sind ein vorheriger Widerspruch (§§ 68 ff. VwGO) und im Anschluss noch die Anfechtungsklage (§ 42 I Alt. 1 VwGO) möglich, in manchen Bundesländern sogar direkt die Anfechtungsklage. Weiterhin haben diese Rechtsbehelfe grundsätzlich eine aufschiebende Wirkung (vgl. § 80 I VwGO), so dass der Rechtsschutz des Bürgers von Anfang an Wirkung zeigt bzw. der Verwaltungsakt nicht vollstreckungsfähig ist. Der Verwaltungsrichter hat die Möglichkeit der Inzidentkontrolle.
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Damit begründen allerdings die Planung (§ 1 InvestG) und Enteignung (§ 2 InvestG) in Form eines formellen Gesetzes nicht per se einen Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie. Art. 19 IV GG verlangt, dass der Rechtsweg gegen Akte der öffentlichen Gewalt offensteht. Damit sind zumindest alle Akte der Exekutive gemeint. Die Gesetzgebung und die Rechtsprechung sind nicht von der öffentlichen Gewalt des Art. 19 IV GG erfasst.[34] Daher bleibt der Weg zu den Fachgerichten versperrt. Der Hinweis auf eine mögliche Verfassungsbeschwerde ist unzureichend.[35] Durch die Legalenteignung zugunsten der ICE-Trasse werden vollendete Tatsachen geschaffen und damit der Rechtsschutz wesentlich verkürzt.[36] Allerdings ist die Enteignung durch Gesetz gem. Art. 14 III 1 GG gerechtfertigt, wenn sie dem Wohl der Allgemeinheit dient und eine behördliche Planfeststellung nachteilig gewesen wäre.[37] So verhält es sich auch in vorliegendem Fall. Die Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse dient dem Allgemeinwohl. Die Verbindung und Angleichung von Ost und West nach der Wiedervereinigung ist ein zentrales staatliches Ziel. Zudem hätte sich vorliegend eine behördliche Planfeststellung als nachteilig und hinderlich erwiesen. Die ICE-Trasse wäre nur schleppend oder aufgrund der Rechtsstreitigkeiten möglicherweise gar nicht erbaut worden. Somit ist der verkürzte Rechtsschutz des Art. 19 IV GG allgemein und auch unter dem speziellen Aspekt der Legalenteignung zulässig.[38]