Читать книгу Examens-Repetitorium Staatsrecht - Max-Emanuel Geis - Страница 47

Оглавление

Fall 2 Blähungen im Bundestag

Themenschwerpunkte: Demokratieprinzip, Wahlrecht, Wahlprüfungsbeschwerde, Wahlsystem, Wahlrechtsgrundsätze, Grundmandatsklausel, 5 %-Sperrklausel, Überhangmandate und Ausgleichsmandate, Wahlrechtsreform, Parteien-Chancengleichheit, Mehrheitsentscheidung, Minderheitenschutz, Repräsentation, Verfassungsänderung

36

Bei der letzten Bundestagswahl konnte die A-Partei als „stärkste Kraft“ insgesamt 322 Sitze im Bundestag ergattern. Da die A-Partei in einigen Bundesländern mehr Direktmandate für sich gewinnen konnte, als ihr nach Anzahl der Zweitstimmen in den jeweiligen Bundesländern eigentlich zustünden, wurden ihr insgesamt 36 sog. Überhangmandate (§ 6 IV 2 BWG) zuteil. Infolgedessen wurden gem. § 6 V, VI BWG auch die Sitze der übrigen Bundestagsparteien durch sog. Ausgleichsmandate solange erhöht, bis das Kräftegleichgewicht im Bundestag insgesamt wieder den abgegebenen Zweitstimmen entsprach. Durch die Überhang- und Ausgleichsmandate stieg die Gesamtsitzzahl im Bundestag von 598 auf 709 Sitze an. Dennoch fragt sich die Opposition, ob Überhangmandate mit der Verfassung vereinbar sind. Schließlich verstoßen diese ihrer Meinung nach gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl und gegen die Chancengleichheit der Parteien. Die Regelung verstoße auch gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl, da die Berechnung der Überhang- und Ausgleichsmandate für den „Normalbürger“ zu intransparent und nicht nachvollziehbar sei; dafür brauche man schon fortgeschrittene mathematische Kenntnisse. Auch komme es durch die vielen Überhang- und Ausgleichsmandate zu einer beunruhigenden „Aufblähung des Bundestages“.

Nach der Wahl entbrennt außerdem ein heftiger Streit, in dem die C-Partei weitere Mängel des Bundeswahlgesetzes (BWG) anführte. Zentraler Streitpunkt war das Ergebnis der B-Partei, die zu den Oppositionsparteien gehörte. Diese konnte zwar nur 3,2 % der Zweitstimmen erzielen, errang jedoch in drei Wahlkreisen das Direktmandat für sich. Dies hatte zur Konsequenz, dass die B-Partei nach § 6 III 1 Halbs. 2 BWG (sog. Grundmandatsklausel) entsprechend ihres Zweitstimmenanteils in den Bundestag einzog. Die C-Partei hingegen konnte 4,9 % der Stimmen erringen, aber nur in einem Wahlkreis ein Direktmandat für sich gewinnen. Wegen der 5 %-Sperrklausel in § 6 III 1 BWG i.V.m. § 6 I 2 BWG blieben ihre Zweitstimmen gänzlich unberücksichtigt. Die C-Partei ist der Meinung, es sei verfassungswidrig, dass die Zweitstimmen der B-Partei berücksichtigt würden, ihre hingegen nicht; das verletze die Gleichheit der Wahl und die Chancengleichheit der Parteien. Sie habe sowieso Zweifel, ob die 5 %-Sperrklausel überhaupt verfassungsgemäß sei. Bei der vorangegangenen Bundestagswahl seien – was zutrifft – immerhin 15,7 % der abgegebenen Stimmen nicht den gewählten, sondern anderen Parteien zugutegekommen. Zudem habe das BVerfG in einem Urteil aus dem Jahr 2014 entschieden, dass bereits eine 3 %-Sperrklausel für die Wahl zum Europaparlament verfassungswidrig sei. Jedenfalls sollte jeder Wähler eine „Eventualstimme“ abgeben dürfen, die nur dann zum Tragen komme, wenn seine Zweitstimme auf eine Partei entfällt, die an der 5 %-Sperrklausel scheitere; das wäre zumindest ein milderes Mittel.

Die A-Partei gefiel sich in ihrer Rolle als stärkste Partei. Nachdem sich eine 2/3-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat zusammen mit ihrer Koalitionspartnerin – der E-Partei – abzeichnete, fasste sie zusammen mit der E-Partei den Entschluss, die nächsten Bundestagswahlen um zwei Jahre zu verschieben. Dieses Vorgehen sei nur zum Wohle des Volkes. Schließlich habe die A-Partei bisher die Steuern um ca. 15 % gesenkt, und betreibe eine solide und erfolgreiche Politik, die auch noch etwas länger weitergeführt werden sollte. Die Opposition hält dies für verfassungsrechtlich unzulässig. Die A-Partei könne doch nicht einfach die Länge von Legislaturperioden aus Gründen politischer Opportunität verändern. Welche Chancen hätte dann eine Opposition, wenn die Mehrheitsparteien einfach die Wahlen verschieben würden?

Frage 1: Wie sind die von Opposition und C-Partei angesprochenen Probleme verfassungsrechtlich zu würdigen?
Frage 2: Wie kann die Opposition die Gültigkeit der Bundestagswahl überprüfen lassen?
Frage 3: Wie ist das Vorhaben der A-Partei verfassungsrechtlich zu würdigen?
Examens-Repetitorium Staatsrecht

Подняться наверх