Читать книгу Examens-Repetitorium Staatsrecht - Max-Emanuel Geis - Страница 49
1. Beeinträchtigung von Art. 38 I 1, 20 I, II und Art. 21 I GG a) Gleichheit der Wahl, Art. 38 I 1 GG
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Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl sichert die vom Demokratieprinzip vorausgesetzte Egalität der Bürger. Er gebietet, dass alle Wahlberechtigten das aktive und passive Wahlrecht möglichst in formal gleicher Weise ausüben können, und ist im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen.[2] Aus dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit folgt für das Wahlgesetz, dass die Stimme eines jeden Wahlberechtigten grundsätzlich den gleichen Zählwert hat, also dass die Stimme eines jeden Wählers gleich viel zählt („one man, one vote“[3]). Der gleiche Zählwert verlangt daher, dass jeder Stimmberechtigte die gleiche Anzahl an Stimmen (Erststimme und Zweitstimme, § 4 BWG) hat und diese Stimmen bei der Auszählung auch den gleichen Wert haben.[4] Daneben muss jede Stimme die gleiche rechtliche Erfolgschance haben bzw. – bei der Verhältniswahl – den gleichen Erfolgswert haben, also jeder Wähler mit seiner Stimme auch den gleichen Einfluss auf die Zusammensetzung der zu wählenden Vertretung haben.[5] Ist der Zählwert oder der Erfolgswert einer Stimme durch die Überhangmandats- bzw. Ausgleichsmandatsregelung ungleich, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl vor.
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Die Überhangmandate sind in § 6 IV 2 BWG geregelt. Erhält eine Partei in den Wahlkreisen mehr Direktmandate, als ihr nach den Zweitstimmen Sitze im Bundestag zustehen, dann spricht man von einem Überhangmandat. Übersteigen die Direktmandate die Bundestagssitze, die der Partei aufgrund der Zweitstimmen zustehen würden, dann verbleiben diese Mandate (Überhangmandate) bei der Partei, § 6 IV 2 BWG.
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Der Zählwert der Stimmen wird demnach bei der Überhangmandatsregelung nicht beeinflusst, da die Anzahl der Stimmen eines Wahlberechtigten unangetastet bleibt. Hinsichtlich des Erfolgswertes könnte jedoch eine Beeinträchtigung vorliegen. Das wäre dann der Fall, wenn nicht alle abgegebenen Stimmen den gleichen Erfolgswert haben. Bei der bisher geltenden Regelung war der Erfolgswert der Stimmen für eine Partei mit Überhangmandaten in Relation höher als der Erfolgswert der Zweitstimme für eine Partei ohne Überhangmandate. Für einen Sitz im Parlament, der nicht über ein Überhangmandat errungen wurde, musste die Partei ungleich mehr Zweitstimmen auf sich vereinen. Die Sitzverteilung des Bundestages entsprach aufgrund der Überhangmandate nicht mehr dem Verhältnis der Zweitstimmen.[6] Daher kam den Stimmen ein unterschiedlicher Erfolgswert zu. Bei der jetzigen Regelung ist in § 6 V, VI BWG ein Ausgleich der Überhangmandate vorgesehen. Dies geschieht im Wesentlichen dadurch, dass jeder Partei so viele zusätzliche Sitze zugeteilt werden, dass das Verhältnis der Mandate wieder dem Zweitstimmenverhältnis entspricht. Die Anzahl der Ausgleichsmandate hängt wiederum von Anzahl und Verteilung der Überhangmandate ab.[7]
Eine Beeinträchtigung der Gleichheit der Wahl liegt damit nicht vor.