Читать книгу Die Fahrt zur Unsterblichkeit - Max Geißler - Страница 17

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Der Bretterbau war verwaist.

Eines Tages, so gegen die Dämmerung hin, kam, der darin gehaust hatte, mit dem Zeichenbuche nach Hause. Er war ganz von der Herbstkälte eingenommen. Da sah er seinen Vater bei der Meisterin und dem Meister am Tische sitzen! Dieser Vater war in seinem Mannesalter Dorfpastor gewesen. Er hatte ein feines und kluges Gesicht und weisses gepflegtes Haar, über die Schläfen nach vorn gebürstet.

„Vater?“ sagte der Sohn. Und dann noch einmal: „Vater!“ Erst war es eine Frage, dann war es ein Erstaunen. Und danach lehnte er sich gegen den Ofen und schwieg.

So sagte die Meisterin: „Die Glieder hangen nun wieder um seinen Leib wie Flegelholz! Seit der Krankheit, die in der Borinage gewesen ist, ist das so mit ihm gekommen. Als ein Heiland ist er da unter den Leuten herumgegangen. Er hat ihnen geopfert, was er besass: seine Zudecken — ob er gleich fror; seine Heller — ob er gleich arm war; seine Speisen — ob er gleich hungerte; seinen Schlaf — ob er gleich müde war; und wohl auch sein Gebet — ob er es gleich für sich nötig hätte.“

Während sie so von ihm redete, sah er recht jämmerlich aus.

Es lief dem alten Mann über diesem Wiedersehen mit seinem Sohne das Wasser in den Augen zusammen. „Ich und deine Mutter dachten, es müsse wohl wieder die Zeit sein, wo wir dir etwas zugute tun könnten“, sagte er. „Ich weiss nun auch, es kommt hier ja doch keiner mehr zu dir, von deiner Klugheit zu profitieren. Du hast ihnen gegeben, was in dir war.“

„Und das muss wahr sein! Gegeben ,hat er über das Mass“, setzte die Meisterin hinzu.

„Du hast dich zu den Menschen gefunden und ihrem Jammer. Aber hast du dich auch gefunden zu dir selbst?“

„Nein“, sagte er, „es ist zu mir ein so weiter Weg.“

Der Vater berichtete: „Dein Bruder ist nun auch nicht mehr daheim. Er ist in Paris bei Monsieur Goupil, weisst du. Den Kunsthandel zu erlernen.“ Der Alte redete das so gegen den Ofen hin, um den Dämmerung lag. Weil er den Sohn noch dort vermutete. Der hatte sich zwischen Wand und Feuerstelle in die schmale finstere Lücke geklemmt. Nun kroch er hervor.

„Ah“, sagte er, „bei Monsieur Goupil!“

Das Eis barst unter seinem grimmigen Lachen. Er erfasste einen Stuhl, setzte sich so darauf, dass er die Lehne vor der Brust hatte, und verschränkte die Arme breit und wohlig darüber. „Eine Weltfirma, die des Monsieur Goupil“, wandte er sich an die Bäckerfrau. „Dort bin ich auch einmal gewesen. Acht Wochen oder zwölf. Ich weiss nicht mehr. Nämlich: ich sollte einmal Kunsthändler werden. Oh!“

„Und warst zu dumm dazu?“ fragte die Frau.

„Ja“, sagte er. „Ich konnte nicht einsehen, dass es bei jenem Geschäfte auf die Kunst nicht so sehr ankommt, sondern auf die Mode. Wer der Dame Mode huldigt, ist rasch ein Genie. Man wirft ihm das Geld haufenweis in den Schoss. Ich konnte den Wahlspruch des grossen Handelshauses nicht zu dem meinen machen.“

„Welchen Spruch?“

„Que voulez-vous, c’est la mode!“

Die Fahrt zur Unsterblichkeit

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