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Medici-Coup II

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Abermals gelang es den Kardinälen, einen Medici-Coup in Frankreich zu landen. Sie schleusten die zweite Medici-Braut mitten in das Bett des französischen Königs. Durch die Heirat der Medici-Großherzog-Nichte Maria 1600 mit Henri IV in zweiter Ehe wurde Chaos andersherum nach Frankreich infiltriert.

Die Noblifizierung des zweiten Medici-Familienstranges ging nicht so »easy« wie der innerfamiliär-adelnde Federstrich des Medici-Papstes Leo X. für seinen Neffen Lorenzo.

Mit den 60 Jahren Staatsterror durch ihre Fastfood-hochgehievte Herzogstochter Katharina Medici waren die Kardinäle immer noch nicht an ihr Ziel gekommen, Frankreich »protestantenfrei« zu säubern. Die Kardinäle ahnten, dass sie auf einem Medici-Herzogbein nicht stehen konnten. So traten sie gemeinsam mit den Medicis in eine Phase des zähen Ringens mit dem deutschen Kaiser ein, die Medicis stabil und für immer höchstzuaristokratisieren. Vor allem ging es darum, die Medicis zu regierenden erbberechtigten Großherzögen emporheben zu lassen, was allein sie auf Dauer befähigte, auf der europäischen Heiratsbörse des Hochadels mitzubieten.

Der Großvater Maria Medicis, Cosimo (1519–1574), erhielt schon als 19-Jähriger von Kaiser Karl V. 1537 in Gegenleistung für die Aufbesserung von Karls Kriegskasse den persönlichen Herzogtitel. Dann veränderte sich 30 Jahre nichts, bis Papst Pius V. »nachstieß«. Er handelte eigenmächtig wie sein Vorgänger Leo X. und »beförderte« – ohne eine Lizenz dafür zu haben – Cosimo Medici 1569 zum Großherzog. Das nützte nicht viel, denn es fehlte weiterhin der Titel des erblichen Großherzogs. Und es fehlte der Adelsbrief vom Kaiser.

Cosimos ältester Sohn, Francesco Maria Medici, arbeitete an dem Problem. Er heiratete 1565 – wieder für viel gezahltes Geld – Johanna d’Austria, eine Schwester des Kaisers Maximilian II. Nun war ein Medici schon einmal Schwager eines deutsch-römischen Kaisers. Aber den Erbgroßherzog-Titel bekam er immer noch nicht. Dafür musste Cosimo Medici, der päpstlich usurpierte, also reichsrechtlich falsche Großherzogsvater Francesco Marias, erst sterben, was er 1574 tat, ein Jahr nach Enkelin Maria Medicis Geburt.

1575 sandte Maximilian II. endlich den Adelsbrief nach Florenz, der den von Cosimo begründeten Medici-Familienstrang in den erblichen Fürstenstand versetzte und die männlichen Vertreter zu regierenden Großherzögen machte. Die Weichen für den zweiten Weg einer Medici-Braut auf den französischen Thron waren nunmehr gestellt.

25 Jahre später war es endlich so weit. Maria Medici, ein ent-ichtes Werkzeug der Kurie, agierte wie deren ferngesteuertes »Fahrzeug«. Sie zeugte mit dem ihr »anvertrauten«, nach Frankreich eingeschleusten, desaströsen, alkoholischen, manisch-depressiven, in Italien gescheiterten jungen florentinischen Abenteurer Concino Concini (1575–1617) fünf ihrer sechs Kinder! Das waren auch schon »gefälschte Königskinder« – diesmal nicht »beschafft«, sondern von der Ehefrau dem Ehemann »untergeschoben«.

Die Medici-Concini-Produkte, die bis heute von der Geschichtsschreibung als Henri-IV-Kinder »geführt« werden, benahmen sich politisch unfähig, Aristokratie-traditionell »unbeleckt« und diplomatisch untrainiert in Frankreichs Politik und auf Europas Thronen. Sie hatten keinen Funken staatsmännlichen und staatsfraulichen Verstandes und waren gesamt-untergänglich tätig, was sich pro-päpstlich auswirkte, versteht sich, worauf es der Kardinalskörperschaft allein ankam. Es waren in Frankreich Louis XIII (1601–1643) und Gaston d’Orléans (1608–1660), in Spanien Elisabeth de France (1602–1644), erste Frau des spanischen Königs Philipp IV., in Savoyen Großherzogin Christine de France (1606–1663) und in England Henriette de France (1609–1669), Frau des englischen absolutistischen Königs Karl des Ersten (1600–1649), der ab 1641 Revolten provozierte und 1649 hingerichtet wurde.

Statt Henri IV ist also Concino Concini der Offizial-Großvater Ludwigs des Vierzehnten. Dessen leiblicher Großvater könnte Concini jedoch nach der Augenprobe so wenig sein wie Henri IV, denn Concini hat braune Augen in einem ethnisch mittel-europäischen Misch-Gesicht, das sich sehr deutlich in seinen fünf Kindern von Ludwig 13 bis zu Henriette de France wiedererkennen, aber in den mittelmeer-orientalischen Konturen und schwarzen Augen von Louis XIV nicht finden lässt.

Das geschichtliche Elend der politischen Apathie und Insolvenz des Medici-Concini-»Bastards«, Ludwigs des Dreizehnten, ermöglichte die erste Implantierung eines Beamten der römischen Kurie in die französische Regierungsspitze, den Aufstieg und die fast 20 Jahre anhaltende quasi-diktatorische Alleinherrschaft Kardinal Richelieus über Frankreich. Die politische »Kopflosigkeit« der Medici-Concini-Söhne Louis XIII und Gaston d’Orléans ließ ein Vakuum im Regierungszentrum Frankreichs entstehen, in das die Kardinäle mit einem der Ihren direkt eindringen konnten. Die Schaltzentrale für diese Aktion war Maria Medici.

Nach der »Erbgutvermasselung« wirkte die ideologische Papstgesandte auf dem französischen Königsthron noch mehrfach staatspolitisch verheerend. Ihr Ehemann, Henri IV, wurde einen Tag nach ihrer Krönung zur allein-regierungsberechtigten Königin ermordet (14. 5. 1610). Die Witwe ersetzte Henri IV, den unvergleichlichen katholisch-protestantischen Balanceur auf Frankreichs Thron, durch ihren italienischen Partner Concini, hochgeadelt zum Marquis d’Ancre, der sich umgehend als eine Regenten-Karikatur erwies und nach sieben Jahren mafiotischer Mistwirtschaft vom eigenen, inzwischen 15-jährigen Sohn, Ludwig 13, umgebracht wurde, der dafür seinen Liebhaber Charles de Luynes angeheuert hatte.

Jedoch, das – für die nächsten Jahrhunderte – Europa-Verheerende war die von Maria Medici 1616 vorgenommene Beauftragung Bischof Richelieus mit den wichtigsten Regierungsämtern, dem Militärministerium (damals »Sekretariat« genannt) und dem Außenamt.

Ab diesem Moment war Richelieu im französischen Regierungsgeschehen »drin«, aus dem er sich trotz eines Rückzug-Intermezzos in den Jahren zwischen 1617 und 1620 nie wieder herausdrängen ließ, im Gegenteil, in das er unaufhaltsam – zur Spitze strebend – immer weiter eindrang, bis er 1624 als zwei Jahre zuvor gekürter Kardinal von Ludwig 13 die Gesamtregierungsgeschäfte übertragen bekam, die ihm erst der Tod im Dezember 1642 aus der Hand nahm, was keiner der Dutzenden von Erhebungen Frankreichs gegen Richelieu gelungen war.

Mit Kardinal Richelieu als De-facto-König und gleichzeitig als Mitglied des römischen Kirchenstaates, was jeder Kardinal sein muss, war das Papsttum in Ansehung Frankreichs gerettet.

Kardinal Richelieu, der politische Großvater Ludwigs des Verrückten, ist der erste Direkt-Emissär des Papstes an der französischen Regierungsspitze gewesen. Er hat die seinem Land blutig eingepaukten Prinzipien in seinem politischen Testament zusammengefasst: 1. Zentralmacht totalisieren = einen Führer-Staat konstruieren, 2. diesen mit den Interessen des Papstes koordinieren, das heißt jede kirchliche Reform vereiteln, den protestantischen Staat im französischen Gesamtstaat eliminieren, 3. Frankreichs Position in Europa als die die Geschicke Europas lenkende, ja beherrschende Großmacht etablieren (165, 166).

So etwas hätten in Frankreich ab 1600 von Rom aus die Päpste allein nicht mehr durchpauken können. Die französischen Herrscher als mit verschiedenen Mitteln eingeschleuste Italiener, als europapolitische Interessenvertreter des Papstes, konnten das aber: Katharina Medici, Maria Medici, Concino Concini, die Kardinäle Richelieu und Mazarin und deren Produkt, der »beschaffte« Louis XIV.

Richelieu heckte 1630, sechs Jahre nach seiner Machtergreifung 1624, mit seinem Schüler Mazzarino den dritten Coup des Papsttums gegen Frankreich aus, die »Königsfälschung Louis XIV«, die der römischen Kardinalskörperschaft für immer die Pfründe Frankreichs sicherte, schlimmer, die die gesamteuropäische Geschichte so verdrehte, dass sie in Diktaturen, Gewalt- und Schreckensherrschaften bis zu Weltkriegen für 300 Jahre ständig »nach hinten losging« – um das Geschehen im Slang zu verknappen.

Die Königsfälschung

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