Читать книгу Altern mit geistiger Behinderung - Meindert Haveman - Страница 34

4.3.4 Kompetenzmodell

Оглавление

Das Kompetenzmodell postuliert, dass Entwicklung über die gesamte Lebensspanne gleichzeitig die Aspekte Wachstum oder Gewinn und Abbau oder Verlust enthält. Baltes & Baltes (1990) entwickelten das Modell der »Selektiven Optimierung durch Kompensation«. Grundlage dieser Theorie ist die Annahme, dass die Funktionen und Wertigkeiten, die soziale Beziehungen im Lebenslauf einnehmen, Veränderungen unterworfen sind. Im Alter gewinnen emotionale Kontakte an Relevanz, im Jugendalter waren es vielmehr instrumentelle Kontakte. Eine Erweiterung der sozialen Kontakte ist im Alter nicht nötig, da der Verlust von sozialen Kontakten durch die emotionale Qualität bestehender Kontakte kompensiert werden kann. Alte Menschen streben in individuell spezifischen Kontakten eine Optimierung ihrer Handlungsmöglichkeiten und Erwerb bzw. Verbesserung von Kompetenzen an, mit Hilfe derer sie die Verluste, die sie in anderen Bereichen erleben, ausgleichen können.

Das Interesse an dieser Sichtweise ist in den letzten Jahren gestiegen, da nicht die Defizite des älteren Menschen im Mittelpunkt stehen, sondern die persönlichen Fähigkeiten und Ressourcen hervorgehoben werden. Der Ansatz öffnet den Blick auf die Bedingungen des erfolgreichen Alterns und schafft die Voraussetzung, um mit gezielten Angeboten, »nicht primär dem Leben mehr Jahre, sondern den Jahren mehr Leben zu geben« (Schelling, 1999). Die besondere Aussagekraft des Kompetenzmodells liegt darin, »dass auf dem Hintergrund eines positiven Menschenbildes die Förderung und Unterstützung einer subjektiv bedeutsamen, bedürfnisorientierten, selbstbestimmten und sinnerfüllten Daseinsgestaltung bis ins höchste Alter hinein, ja bis zum Ende eines individuellen Lebens niemals aufgegeben wird« (Theunissen, 2002, S. 42). In einem Kompetenzmodell des Alterns ist es eine zentrale Aufgabe der pädagogischen Begleitung von Personen mit geistiger Behinderung, Selbstbestimmung und Teilhabe erfahrbar zu machen, und insgesamt zur Umsetzung eines auf Stärken ausgerichteten Modells zu gelangen. Als ›Experten in eigener Sache‹ können sie diesen Lebensabschnitt aktiv selbst- und mitgestalten. »Hierzu können speziell Methoden der Persönlichen Zukunftsplanung einen wertvollen Beitrag liefern, indem sie eine konkrete Planung der Alterszukunft vor dem Hintergrund individueller Kompetenzen und Vorstellungen der Betroffenen ermöglichen« (Schuppener 2004, S. 54).

Da Altern jedoch bei Menschen mit und ohne Behinderung einen Prozess darstellt, der durch individuelle Handlungsmöglichkeiten, Persönlichkeitsfaktoren und durch den jeweiligen Lebenshintergrund geprägt ist, weisen alle aufgeführten Theorien in ihren Erklärungsansätzen Grenzen auf. Deshalb sollten die Theorien nicht separat voneinander betrachtet werden, sondern ergänzend und in Kombination.

Eine allein- und uneingeschränkt gültige Theorie erfolgreichen Alterns kann es dementsprechend nicht geben (vgl. ebd., S. 139). Hinsichtlich sonderpädagogischer Bemühungen sollte primär die »konkrete Gestaltung der letzten Lebensphase von geistig behinderten Menschen, die notwendige Unterstützung und Begleitung unter Wahrung von Würde und Selbstbestimmung« (Jeltsch-Schudel 2011, S. 51) im Vordergrund stehen, um jeder Person ein möglichst zufriedenstellendes und erfolgreiches Altern ermöglichen zu können.

Altern mit geistiger Behinderung

Подняться наверх