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d) Der Schutz bei Vereinbarung einer Meistbegünstigungsklausel
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Eine besondere Situation ist gegeben, wenn eine Meistbegünstigungsklausel vereinbart wurde.103 Der Bundesgerichtshof führte u.a. aus: „Das BerG ist der Auffassung, dass trotz Fehlens einer vertraglichen Vereinbarung für einen Lizenzgeber, der seinem einfachen Lizenznehmer eine Meistbegünstigung eingeräumt hat, außer den im Vertrag geregelten Pflichten aus dem Grundsatz der Erfüllung eines Schuldverhältnisses nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Verpflichtung erwachsen kann, gegen Verletzer vorzugehen.“104 Dieser Rechtsauffassung ist zuzustimmen.
Der Bundesgerichtshof verweist darauf, dass Meistbegünstigungsklauseln den Zweck haben, dass der durch eine solche Klausel begünstigte Lizenznehmer nicht schlechter stehen soll als andere Lizenznehmer am gleichen Schutzrecht und der Lizenznehmer sich mit der Klausel insbesondere Sicherheit dafür verschaffen will, dass andere Lizenznehmer infolge einer geringeren Belastung durch Lizenzabgaben das Erzeugnis nicht niedriger kalkulieren und daher zu einem günstigeren Preis auf den Markt bringen können. Zu Recht verweist er darauf, dass dieser wirtschaftliche Zweck der Meistbegünstigungsklausel im praktischen Ergebnis u.U. jedoch dann nicht erreicht wird, wenn dritte Personen das Schutzrecht unberechtigt benutzen und dadurch, weil sie im Gegensatz zum Lizenznehmer keine Lizenzgebühren zahlen, dessen Konkurrenzlage beeinträchtigen. In einem derartigen Fall kann und wird nach dem Bundesgerichtshof in der Regel beim Vorhandensein einer Meistbegünstigungsklausel nach Treu und Glauben eine der Sicherung des positiven Benutzungsrechts des einfachen Lizenznehmers dienende Nebenpflicht des Gebers einer entgeltlichen einfachen Lizenz zu bejahen sein, gegen die Verletzer vorzugehen.105 Es handelt sich dabei im Übrigen rechtlich nicht um eine vom Lizenznehmer selbstständig einklagbare Nebenpflicht des Lizenzgebers, sondern106 um eine „Last“ im Sinne einer Verteidigungslast des durch eine Meistbegünstigungsklausel gebundenen Lizenzgebers. Erfüllt der Lizenzgeber seine „Verpflichtung“ nicht, duldet er vielmehr fortgesetzte Verletzungshandlungen eines Dritten, ohne dagegen einzuschreiten, kann das Bestehen auf Lizenzzahlungen seitens des Lizenzgebers unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit gegen Treu und Glauben verstoßen. Die fortgesetzte Duldung von Verletzungshandlungen eines Verletzers kann der Gewährung einer Freilizenz gleichkommen, so dass sich der Lizenzgeber, der eine Meistbegünstigung eingeräumt hat, nach Treu und Glauben so behandeln lassen muss, als habe er eine Gratislizenz gewährt, auf die der Lizenznehmer kraft seines Meistbegünstigungsrechts gleichfalls Anspruch hätte.107
Bei der nach § 242 BGB zu beurteilenden Frage, ob eine „Verpflichtung“ des Lizenzgebers in dem gekennzeichneten Sinne besteht, kommt es auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls an. Entgegen der Meinung der Revision kann eine generelle „Verpflichtung“ des Lizenzgebers, d.h. eine schlechthin und unbedingt bestehende Verpflichtung, gegen jeden dritten Verletzer vorzugehen, in dieser Allgemeinheit nicht anerkannt werden. Es kommt stets auf den Einzelfall an, ob eine solche Verpflichtung besteht, wie weit sie geht und welche Auswirkungen die Missachtung einer derartigen Verpflichtung hat.108