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Der Schäferhund Großmarkt Wien, Laxenburger Straße 367, 1230 Wien

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Es ist fünf Uhr früh, ich brause eine breite Ausfahrtsstraße entlang und biege in das dreißig Hektar große Marktgelände des „Kompetenzzentrums für Obst, Gemüse, Blumen, Fleisch, Fisch und Eiprodukte“ ein – das Areal des Groß-marktes Wien. Vierhunderttausend Tonnen Ware gehen hier alljährlich über den Tresen. Die Ursprünge des Großmarktes liegen in der Donaumonarchie. 1916 wurde in Wien ein neuer Lebensmittelmarkt geplant, der anfangs in der Nähe des Naschmarktes angesiedelt wurde. Allerdings gab es dort keine Schienenanbindung, weshalb in erster Linie mit Waren aus dem Inland „gestandlt“ wurde. Alles, was von „draußen“ kam, wurde auf dem besser angebundenen Matzleinsdorfer Frachtenbahnhof verkauft. Fehlender Platz sowie der immer stärker werdende Verkehr machten schließlich die Umsiedlung der beiden Märkte (sowie des Blumengroßmarkts „Phorushalle auf der Wieden“) erforderlich. 1972 eröffnete der neue Großmarkt an seinem heutigen Standort, später kam noch der ehemalige Fleischmarkt St. Marx hinzu.

Die Strahlen der aufgehenden Sonne liegen über dem Gelände. In den Hallen herrscht Hochbetrieb. Auch auf den Plätzen davor werden die Großraumparkplätze, die eigentlich für schweres Gerät reserviert sind, als temporäre Marktfläche genutzt. Vor einer der Hallen sitzt ein Mann und schneidet Krautköpfe. Müde blinzelt er mir zu. Ich stelle ihm einen Becher Kaffee hin. „Seit wann?“, frage ich.


Ein neuer Morgen am Großmarkt

„Drei Uhr. Oft früher. Je nachdem, wo eingeteilt.“ Die Deckblätter landen auf einem großen Haufen.

Just in dem Moment kommt mir ein Artikel in den Sinn, den ich vor Jahren in einem dieser kleinen, bunten Bezirksblätter gelesen habe. Stand da nicht etwas von einem tiefgefrorenen Dackel in der Kühltruhe eines Fleischereibetriebes?

Ich hocke mich neben den Mann und sage: „Dackel.“

Er faltelt die Stirn. „Nix Dackel. Schäferhund!“, grunzt er. Ob Dackel oder Schäfer, ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell klappt. Um diese Uhrzeit sind die Leute gesprächiger, als man denken sollte. Der Mann steht auf, gähnt, zündet sich eine Zigarette an und verschwindet zwischen den Hallen. Was für ein Dialog. Er könnte original aus einem Stück von Samuel Beckett stammen.


Der Arbeitsplatz meines Freundes

Schräg gegenüber liegt das Imperium des Maroni-Königs. Jedes Jahr ab Mitte September ist es so weit. Werden die Tage in Wien kürzer, sprießen die Maroni-Standeln aus dem Asphalt. Wer kennt ihn nicht, den Brater, der immer an derselben Stelle die Füße in den Boden stampft und mit rissigen Händen heiße Kastanien oder Kartoffelscheiben ins Stanitzel stopft. Jahr für Jahr sagte die Großmutter das ewig Gleiche: „Der Kerl füllt auch immer weniger rein!“ Jetzt, ein paar Jahre später, denke ich mir dasselbe. Das Imperium indes liegt nicht auf der faulen Haut. Heute beliefert der Maroni-König rund achtzig Prozent der Wiener Blechöfen mit selbst importierter Ware aus dem Piemont und der Emilia-Romagna. Das Einzige, was der King fürchtet, ist die Erderwärmung, dann müsste er wohl den nächsten Schritt wagen – den ins heiß umkämpfte Eis-Geschäft.

Drüben, beim Großhandel der Familie Aibler, herrscht auch schon Hochbetrieb. Hier wird so ziemlich alles verklopft, was Schuppe oder Kruste hat. Ob die Ware aus der eigenen Teichwirtschaft kommt oder vom vorzugsweise „kleinen Fischer“, der am Ende der Welt in seinem Schinakel hockt und dessen Fang auf (garantiert) kürzestem Weg in den Großraumflieger gelangt, der, kaum dass er beladen ist, in Richtung Inzersdorf abhebt – der Fisch ist frisch wie der von Fischers Fritze. Die Aiblers sind die umtriebigsten Meerestierhändler Österreichs. Innerhalb der Grenzen geht’s natürlich noch schneller: Frühmorgens bestellt, hüpft der fangfrische „Aibler“ zu Mittag schon in die Pfanne.

Ich schlendere durch das Fleisch-, Obst- und Blumenparadies, um wieder bei meinem Freund, dem Kohlputzer, zu landen.

„Habe Hund selbst gefunden.“

„Den Dackel?“

„Den Schäferhund!“ Er schnitzt erneut am Gemüse herum. „War kurz nach Eis-Lady-Geschichte. Hab gejobbt beim Fleischer, drüben in Halle 1. War noch dunkel. Ich mache Kühltruhe auf und halte Gebiss in der Hand. Lieblingshund vom Chef war im Sackl. Er wollte ihn ausstopfen lassen. Betrieb wurde dennoch gesperrt.“

Ich steige auf meine Vespa und rolle durch den Frühverkehr in Richtung Stadt zurück – auf schnellstem Weg. Sicher ist sicher.

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