Читать книгу Österreich für Entdecker - Michael Schottenberg - Страница 11
Ein Ort der Schönheit Kahlenberger Friedhof, Kahlenberger Straße, 1190 Wien
ОглавлениеIch war das erste und einzige Mal in meinem Leben von dem Anblick einer wirklich himmlischen Schönheit ergriffen, wie nie vorher und seitdem.“ Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall, Diplomat, Orientalist und Gründungspräsident der Akademie der Wissenschaften, steht vor dem siebzehnjährigen Mädchen – und ist überwältigt. Ihre Anmut, ihre vollkommene Schönheit machen ihn, den Wortgewaltigen, sprachlos. „Ich fand damals keine Worte, meine Empfindung auszudrücken und finde sie auch heute nicht …“ Der Freiherr ist nicht der Einzige, der dem Charme der jungen Sängerin erliegt. Karoline steht da im Tanzsaal Zum Römischen Kaiser in der Kärntner Straße, umringt von jungen Herren, die ihren Blick nicht lassen können vom Zauber ihrer Jugend, und genießt die Blicke ihrer Bewunderer.
Das „schönste Mädchen zur Zeit des Wiener Kongresses“, wie das junge Fräulein Traunwieser genannt wurde, zog eine Heerschar von Bewunderern in ihren Bann. Einer von ihnen liegt ihr heute noch zu Füßen: Fürst Karl de Ligne, Diplomat, Militär, Politiker und Gesellschaftslöwe, der „Rosarote Prinz“, dessen Rockaufschläge glänzten und der beim weiblichen Geschlecht in hohem Ansehen stand. Sein Grab liegt vis-à-vis dem ihren. Ihr Herz aber war zeit ihres kurzen Lebens einem anderen Mann versprochen, dem feschen französischen Oberst Rameuf. Der aber ließ sein Leben für Krone und Vaterland. Karoline folgte ihm schon bald nach. In den frühen März-Tagen des Jahres 1815 starb die Schöne an gebrochenem Herzen. Angeblich suchte sie Tag und Nacht nach ihrem Geliebten. Ihre gemeinsame Liebe sollte sich erst nach dem Tod der schönen Karoline erfüllen.
Das Tor zur Ewigkeit
Ein heißer Frühlingstag. Der Aufstieg zu diesem verwunschenen Platz ist mühsam. Über steile Wiesen führt er herauf, über Wege und Steige, durch Weinberge, vorbei an Obstgärten – vom Kahlenbergerdörfel aus, oder eben aus Grinzing. Allerdings: Man wird belohnt für die Mühe. Vom kleinsten (und höchstgelegenen) Friedhof Wiens hat man eine prächtige Aussicht über die Stadt. „Glücklich der, der hier begraben liegt!“ Nirgendwo sonst erscheint des Dichters Wort gültiger.
Nur wenige Glückliche fanden hier ihren Platz, an denkmalgeschütztem Ort, zu Füßen des ehemaligen Josefsdorfes, in dem die frommen Männer des Kamaldulenser-Ordens lebten. Knapp unterhalb ihrer Häuser legten sie im Jahre 1783 den Friedhof an, versteckt, inmitten des Waldes. Exakt hundert Jahre früher sprengten von hier aus Elite-Husaren unter dem Kommando des polnischen Königs Johann Sobieski die Flanken des Berges hinunter und fügten den osmanischen Truppen Kara Mustafas die entscheidende Niederlage zu. Die Zweite Türkenbelagerung Wiens wurde siegreich zu Ende gebracht. Noch heute bestatten die Mönche des polnischen Ordens der Resurrektionisten, die die Kirche auf dem Kahlenberg betreuen, hier ihre verstorbenen Mitbrüder.
Die Geschichte eines Friedhofes ist immer auch die Geschichte derer, die in seiner Erde begraben liegen. Hier, zu Füßen des Kahlenberges, ruht die Schönheit der Jugend. Die Schönheit Wiens. Ewiglich. Ihr ist dieser Ort geweiht.