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Die Wehrkirchenstraße In der Buckligen Welt – von Edlitz nach Katzelsdorf
ОглавлениеIn Edlitz beginnt sie. In Katzelsdorf endet sie. Oder umgekehrt. Die Landstraße schmiegt sich wie ein dunkelgraues Band um die Welt, mal aufwärts, mal abwärts, vorbei an blühenden Wiesen, Teichen, quer durch üppige Wälder, um sich weit vorne um die nächste Kirche zu winden und sich aus dem Blick zu stehlen. Hundertzwanzig Kilometer, an denen die Zeugen vergangener Zeiten aufgereiht sind wie auf einer Perlenschnur: die Wehrkirchenstraße der Buckligen Welt.
Extra-Tipp
Am besten startet man bei der Dokumentation Wehrkirchenstraße, Markt 104, 2842 Edlitz.
Ab dem 15. Jahrhundert boten die Kirchen Zuflucht vor einfallenden Horden. Heute verwandeln die stummen Male zwischen Edlitz und Katzelsdorf den krummen Rücken der Wiener Alpen in ein historisches Freilichtmuseum. Die Region war lange Zeit Grenzland. Immer schon fielen feindliche Truppen ein, teils auf Durchmarsch, teils in niederer Absicht. Die Bauern errichteten Wachtürme, um das Herannahen des Feindes frühzeitig erkennen zu können. Später dann wurden die Kirchen zu Wehrkirchen ausgebaut, Trutzburgen, bestückt mit allem, was zum Überleben notwendig war. Man wollte die Angriffe hinter geweihten Mauern aussitzen. Meistens gelang dies auch. Zu Zeiten der Wiener Türkenbelagerungen fielen osmanische Truppen ein und verwüsteten Dörfer und Felder. Später kamen die Kuruzzen, ungarische Aufständische. Noch später: Bonaparte und seine Chevaliers, und auch sie taten sich gütlich an Land und Leuten. Die armen Buckligen bauten und bauten, und die Kirchen wurden zu Meisterwerken der Selbstverteidigung. Sie alle kann man heute besichtigen und – sich wundern über den Einfallsreichtum der Belagerten. Sogar auf die Backstube im Kirchenturm wurde nicht vergessen, vom versteckten Geldspeicher ganz zu schweigen. Die Kirchen sehen aus wie sakrale Schildkröten aus Phantásien. Ein Freiluftmuseum der speziellen Art.
Die Wehrkirche in Lichtenegg, geweiht dem Heiligen Jakobus dem Älteren
Abwechslung pur lautet das Motto der Buckligen Welt. Sportler kommen hier ebenso auf ihre Kosten wie kulturell Interessierte. Und auch die Schnittmenge ist glücklich: Weltreisende, die zu Österreich-Entdeckern werden, staunen. Ein „Paradies der Blicke“ voll von anmutiger Schönheit, bestückt mit all den Köstlichkeiten, die der Buckelboden hergibt. Und erst die prachtvoll erhaltenen Kulturschätze! Dies alles lohnt mehr als bloß einen Ausflug.
Lichtenegg – der Himmel öffnet sich.
Was das Wandern betrifft, sollte man einige Zeit mehr einplanen, als angegeben: Es geht drunter und drüber, rauf und runter. Dazu braucht es Kraft. Die aber holt man sich am besten in den ortsansässigen Schenken. Das Land der tausend Hügel ist ein Schlemmerparadies: Von Fleisch- und Wurstspezialitäten über Milchprodukte, Edelbrände und Liköre bis hin zu herrlich dottrigen Eiern, krustelndem Bauernbrot und brockfrischen Kräutern. Hier gibt’s alles, wonach dem hungrigen Wanderer der Sinn steht. Fruchtsäfte und Marmeladen, Schafwolldecken und Kürbisse, Mostheurige, Schmankerlhöfe, Genussbauern, Lamm-Buschenschänken und Weinhauer – hinter jedem Hügel wartet eine andere Gaumenfreude. Vielleicht ist es auch nur die Kraft des Zusammenwirkens allen Lebens, das mich hier so anrührte. Oder die Ruhe der Landschaft. Die Wahrheit ist wohl nur in jedem selbst zu finden, vorausgesetzt, man versteht zu schmecken, zu sehen und zu fühlen. Dann, und nur dann, ist man bereit dazu, all das Schöne zu erfahren, was das so betörend bucklige Land herzuschenken bereit ist.