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Der Herbst
ОглавлениеDer Herbst ist aus Sicht des Geldes die interessanteste Jahreszeit. Hier ergeben sich riesige, neue, bisher ungesehene Möglichkeiten. Der Finanzsektor boomt, obwohl es zu Herbstbeginn ganz und gar nicht danach aussieht, denn der Herbst beginnt mit hohen Zinsen und einer durch diese hohen Zinsen ausgelösten Rezession. Im letzten Zyklus begann der Herbst im Jahr 1979 mit dem Volcker-Schock, in dessen Folge die US-Leitzinsen auf fast 20 Prozent angehoben wurden. In Deutschland brauchtes es lediglich eine Anhebung auf 7 bzw. 9,5 Prozent, um die Inflation zu stoppen. Zurzeit, also im Jahr 2021, befinden wir uns noch immer im Herbst. Der Wintereinbruch konnte dank einer sehr effektiven Politik der Zentralbanken bisher stets verschoben werden – Gott sei Dank, wie wir am Ende des zweiten Teils verstehen werden.
Mit dem Herbstbeginn ist die Zeit der steigenden Preise (wie im Sommer) vorüber, und sie wird auf längere Zeit auch nicht mehr zurückkehren, jedenfalls nicht in der Realwirtschaft. Im Herbst stagniert alles – und das erleben Wirtschaft und private Kreditnehmer schmerzlich. Privates Bauen zum Beispiel wird schlagartig fast unmöglich, weil die Doppelbelastung aus Zins und Tilgung für potenzielle Bauherren nach der starken Zinserhöhung nicht mehr tragbar ist. In einer Welt, in der die Preise kontinuierlich stiegen, hatte es jeder Verkäufer leicht. Allein die Ankündigung, dass die Preise am Ende des Monats angehoben werden, kann Interessen dazu motivieren, einen Kaufvertrag noch vor Ende des Monats, eben zu den alten Preisen, abzuschließen. Wenn es zu den alten Preisen allerdings keine Käufer mehr gibt, muss die Leistung effektiver, also mit weniger Personal, erbracht werden, oder es muss wieder schlichter, also mit einfacheren Materialien, gebaut werden, damit die Verkaufspreise gesenkt werden können. Für viele gängige Güter, die nicht Teil des täglichen Bedarfs sind, fallen die Preise durch Optimierungen und Rationalisierungen im Verlauf des Herbstes und sind am Ende niedriger als am Anfang des Herbstes.
Auch für Kreditnehmer ändern sich die Zeiten. Die Hilfe, die Kreditnehmer im Sommer bei der Tilgung erhalten hatten, ist im Herbst nicht mehr vorhanden. Wir erinnern uns: Im Sommer wurde die Kreditrate durch steigende Preise und steigende Gehälter im Verhältnis zu den Einkommen rasch kleiner. Die Schuldner konnten so anderweitig konsumieren. Durch die rasch ansteigenden Kreditmengen kam mehr Geld in Umlauf, welches stets schnell ausgegeben wurde, was im Sommer zum weiteren Wachstum der Wirtschaft beitrug. All diese positiven Effekte gibt es im Herbst nicht mehr. Das Gegenteil kann jetzt leicht eintreten, denn im Herbst kommt es immer wieder zu tendenziell sinkenden Preisen, weil die Kaufkraft der Bevölkerung fällt. So passiert es durchaus, dass die Schulden den Wert der Kreditsicherheit plötzlich übersteigen. Diese Situation ist für den Schuldner und die Bank äußerst unerfreulich. Im Herbst sind dies jedoch stets nur Einzelfälle.
Gerade bei Unternehmen der Wirtschaft ist dieser Effekt im Herbst deutlich zu erkennen. Die Konkurrenz der Anbieter wird schärfer. Einzelne Unternehmen werden unrentabel und die Eigentümer verkaufen entweder rechtzeitig oder sie werden durch Pleiten dazu gezwungen, ihre Unternehmen abzugeben, wobei die Gläubiger das Unternehmen anschließend verkaufen.
Nur, wenn die Notenbanken mit deutlich zu viel künstlicher Geld-Einspeisung einen erneuten Winter-Einbruch fehlerhaft verzögern, kann es wieder zu Inflation kommen. Das sind jedoch unübersehbare Warnsignale für den nahenden Kollaps, wie wir im weiteren Verlauf lernen werden.