Читать книгу Geschichten - Michail Alexejewitsch Kusmin - Страница 16

Fünftes Kapitel

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Inhaltsverzeichnis

„Colette, Colette,

So kommt es, ich wett’:

Keinen Gruss mehr,

Keinen Kuss mehr,

Vergessen die Eide.

In dürftigem Kleide

Naht das Alter auf Krücken,

Um dich niederzudrücken

Ins letzte schmale Bett,

Colette, Colette!“

So sang ein Mann in langem rotem Gilet, ein Bein über das andere geschlagen, die Gitarre aufs Knie gestützt, den Kopf mit dem roten dicken Gesicht zurückgeworfen. Colette spielte mit dem Marquis Karten, wobei sie den Sänger wütend von der Seite ansah. Die kleine Ninon tanzte, ganz bei der Sache, ein Menuett ohne Kavalier, der Schauspieler deklamierte mit seinem hohen Tenor:

„O Herrscher, wenn deine Wünsche sich

Mit des Volkes Vorteil deckten,

Wenn auch der letzte Bauer noch

Vermöchte Schutz beim Thron zu finden!“

Mir gegenüber sass, sich zu de Saucier haltend, ein junger Mann, den alle „Durchlaucht“ anredeten. Er trug einen bescheidenen Anzug, hatte aber äusserst kostbare Ringe von seltener Schönheit an den Fingern. Seine Augen hatten etwas, was sie den Augen des Marquis eigenartig ähnlich machten. Später begriff ich, dass es die Verbindung von Aufmerksamkeit und Zerstreutheit, von Schärfe und Blindheit war, was sie gemeinsam hatten. Der Hund unter dem Tische kratzte sich, mit der Pfote klopfend, die Flöhe aus dem Fell; wenn Colette ihm einen Fusstritt gab, heulte er auf.

„Das ist unter Freunden unehrenhaft: Du hast eine Volte geschlagen.“

„Liebe Colette, Sie haben sich versehen!“

„Was? Glaubst du vielleicht, dass ich blind bin?“

„Nein, es scheint, dass Mademoiselle unrecht hat,“ bemerkte leise der Mann mit den Ringen.

„Es ist kein Wunder, dass Sie für François Partei ergreifen.“

„Um dich niederzudrücken

Ins letzte schmale Bett,

Colette, Colette . . .“

„Mich macht dieses Gesinge wild! Jacques, hör’ auf!“

„Wie werde ich dann mein Menuett tanzen?“

„Und himmelwärts erhöbe sich das Stimmenmeer

Von dir, befreiter, freier Bürger . . .“

Colette trank mit einem Zuge ihren Wein aus. Mir war es, als träumte ich. Der Streit wurde immer hitziger. François beugte sich zu Colette und sagte:

„Nun, küssen Sie mich, meine liebe Colette, mein Engel, meine Seele.“

„Würde mir grad noch fehlen jeden Schmutzfinken, jeden Herumtreiber zu küssen! Was, weiss ich etwa nicht woher du dein Geld hast? Vom herzoglichen Papa natürlich? Was genierst du dich? Wir sind hier unter uns und ich speie dir ins Gesicht, wenn du noch zu mir kriechst. Du weisst selbst, was du weisst!“

„Ihre Worte beleidigen auch mich, Madame,“ sagte, sich erhebend, der junge Mann mit den eigenartigen Augen.

„Ach, fühle sich beleidigt, wer mag. Ihr seid mir alle bis zum Halse! Und was schleppt ihr euch hierher, wenn ihr uns nicht braucht?“

„Wer beleidigt? Wer wagt Frauen zu beleidigen?“ brüllte der im roten Gilet und warf seine Gitarre fort.

„So kommt es, ich wett’,

Colette, Colette . . .“

sang die kleine Ninon, ihr Menuett tanzend, weiter.

François hatte seinen Degen gezogen und drang auf den parierenden Schauspieler ein. Colette kreischte:

„Geoffroi! Geoffroi! . . . .“

Der Hund hellte.

„Ich bin verwundet,“ rief der Schauspieler und sank auf einen Stuhl.

„Gehen wir!“ rief François’ Freund mir zu und zog ihn, der auch etwas schrie, am Rockärmel mit auf die Strasse hinaus. Draussen war es schon fast hell.

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