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3. Anhörungen

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Zum Teil sehen die einschlägigen Regelungen vor, dass sich die Kandidaten für das Amt eines Verfassungsrichters einer Anhörung stellen müssen, die zumeist vor einem Parlamentsausschuss stattfindet. Die Anhörung hat den Zweck, die Qualifikation des Kandidaten vor der eigentlichen Wahl einer Überprüfung zu unterziehen.

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Dieser Verfahrensschritt hat in historischer Perspektive eine besondere Ausprägung im Rahmen der Bestellung der Richter des US Supreme Court erlangt. Im Rahmen des Bestätigungsverfahrens („Confirmation proceedings“) im Senat findet seit den 1940er Jahren eine Anhörung der Kandidaten vor dem Senate Judiciary Committee statt. Wie in keinem europäischen Land wird hier die Person des (einzigen) vom Präsidenten nominierten Kandidaten einer Prüfung unterzogen.[46] Im Vorfeld der eigentlichen Anhörung hat der Nominierte eine Reihe von Fragebögen auszufüllen, die Mitglieder des Ausschusses erhalten Einsicht in FBI-Akten und können gegebenenfalls auch von sich aus Untersuchungen anstellen. Dabei geht es bereits in diesem Stadium zum einen um die juristische Qualifikation, zum anderen um Einstellungen zu bestimmten gesellschaftspolitischen Fragen. Die eigentlichen Anhörungen waren zunächst nicht öffentlich und werden nach einer schrittweisen Öffnung seit der Nominierung von Justice Sandra Day O’Connor sogar im Fernsehen übertragen, wobei man im Gegenzug seit 1992 auch eine nicht-öffentliche Anhörung zu vertraulichen Angelegenheiten durchführt.[47] Der Ablauf und die Reihenfolge der Fragen stellenden Senatoren sind genau festgelegt. Im Mittelpunkt der Hearings stehen (insbesondere bei Professoren) Veröffentlichungen sowie die bisherigen Urteile der Richter, im Allgemeinen aber auch die Tätigkeit in bisherigen Berufen und Ämtern, im Einzelfall auch das Privatleben. In den letzten Jahrzehnten rückten, ausgehend von Befragungen zu bestimmten Entscheidungen des Supreme Court, die politischen Einstellungen der Nominierten in den Mittelpunkt der Anhörungen.[48] Am Ende steht eine Abstimmung verbunden mit einer Empfehlung, die für das Plenum formal nicht bindend ist, der aber regelmäßig in der letztlich entscheidenden Abstimmung gefolgt wird.

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In Europa finden Anhörungen der Kandidaten für künftige Verfassungsrichter in Österreich, in Spanien und in Ungarn sowie für die Richter des EGMR und des EuGH statt.

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In Spanien müssen jene Richter, die vom Parlament zu wählen sind, vor dem zuständigen Ausschuss erscheinen, dort werden sie nach den Regeln der Geschäftsordnung befragt.[49] In Ungarn ist eine Anhörung durch den Ausschuss für Verfassungsangelegenheiten vorgesehen.[50]

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In Österreich werden alle Bewerber für Richterstellen, für die die Wahl den beiden Kammern des Parlaments obliegt, zu einer Anhörung („Hearing“) eingeladen. Die vom National- oder Bundesrat zu wählenden Richter[51] haben sich seit Ende der 1990er Jahre einem Hearing zu unterziehen. Im Nationalrat findet die Anhörung seit 1998 vor einem ad hoc aus Vertretern aller im Nationalrat vertretenen Parteien gebildeten Gremium statt, in dem der Obmann des Verfassungsausschusses den Vorsitz führt. Das Gremium beschließt aber weder einen verbindlichen Wahlvorschlag noch eine Empfehlung.[52] Im Falle des Bundesrates finden die Hearings seit 1997 im Rahmen von parlamentarischen Enqueten[53] unter dem Vorsitz des Präsidenten des Bundesrates statt. Die Hearings sind nicht öffentlich, beim Bundesrat wird jedoch die Niederschrift über die parlamentarische Enquete zur Verfassungsrichterwahl veröffentlicht.

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