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7. Faktische Entscheidungsmacht jenseits der Organzuständigkeiten

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Die Zusammensetzung der Gerichte wird nicht nur von den formalen Zuständigkeiten zur Wahl oder Bestellung bestimmt, sondern auch von Übungen und politischen Usancen, die nicht in den Regelungen der Verfassungen abgebildet sind. In Bundesstaaten ist häufig ein Regionalproporz anzutreffen. Im Fall von Belgien ist er ausdrücklich angeordnet, in Deutschland – und deutlich abgeschwächt – in Österreich ergibt er sich nur im Ausgangspunkt aus der Zuständigkeit des Bundesrats zur Wahl eines Teils der Richter, im Übrigen aber aus politischen Absprachen.

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Die Nähe zu bestimmten Parteien oder die beratende Tätigkeit für bestimmte Organe begünstigt die Wahl in das Verfassungsgericht. In Deutschland wurden in der Vergangenheit immer wieder ehemalige Regierungsmitglieder, insbesondere aus Landesregierungen, zu Richtern gewählt. Der Einfluss der Länder manifestiert sich darin, dass bei Regierungskoalitionen auf Landesebene, die von jener auf Bundesebene abweichen, die nicht in der Bundesregierung vertretenen Parteien Einfluss auf die Wahl eines Verfassungsrichters haben.

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In Österreich sind die der Politik nächsten Richter jene, die zuvor in Kabinetten von Bundesministern gearbeitet haben. Für Parlamentarier schließt die Bundesverfassung einen unmittelbaren Wechsel insofern aus, als Personen, die bei der letzten Wahl für eine bestimmte Gesetzgebungs- oder Funktionsperiode gewählt wurden, für die Dauer der Wahlperiode nicht zum Verfassungsrichter bestellt werden dürfen, und zwar selbst dann, wenn sie vorzeitig auf ihr Mandat verzichtet haben. In Bezug auf das Amt des Präsidenten und jenes des Vizepräsidenten ist darüber hinaus eine fünfjährige „Abkühlfrist“ nach Beendigung der Tätigkeit (nicht der Wahlperiode), und zwar auch für ehemalige Mitglieder einer Bundesregierung vorgesehen. Die Wahl eines Ministers zum einfachen Richter des Verfassungsgerichts ist dagegen ohne weiteres möglich, ein solcher Fall hat jedoch in der jüngeren Geschichte nur einmal stattgefunden. In Deutschland sind dagegen einige ehemalige Mitglieder von Landesregierungen Richter des Bundesverfassungsgerichts, zuletzt wurde ein Mitglied des Bundestags zum Vizepräsidenten des Gerichts gewählt.

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