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1. Staatsangehörigkeit

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Eine grundlegende und vielleicht deshalb nicht durchgehend ausdrücklich normierte Voraussetzung für die Bestellung zum Richter eines nationalen Verfassungsgerichts ist, dass dieser Staatsbürger des jeweiligen Landes ist. Dennoch findet sich dieses Erfordernis zum Teil explizit in jenen Rechtsvorschriften, die sich mit der Richterbestellung befassen: So machen beispielsweise das portugiesische, das spanische sowie das ungarische Gesetz über das Verfassungsgericht die jeweilige Staatsbürgerschaft zur Voraussetzung, um als Verfassungsrichter bestellt zu werden.[70] Mitunter ergibt sich das Staatsangehörigkeitserfordernis auch indirekt aus einer anderen Bestellungsvoraussetzung: Dies trifft auf die Schweiz zu, wo zum Bundesrichter nur gewählt werden kann, wer stimmberechtigt (und nicht entmündigt) ist, woraus sich ergibt, dass nur Schweizer Staatsbürger in Frage kommen.[71] Teilweise muss auf allgemeine Regelungen für Staatsbedienstete zurückgegriffen werden, um das Staatsbürgerschaftserfordernis zu begründen: Dieses bleibt beispielweise in Österreich in jenen die Bestellung der Richter des Verfassungsgerichtshofes regelnden Vorschriften[72] unerwähnt, weswegen auf Art. 3 des Staatsgrundgesetzes von 1867[73] zurückgegriffen werden muss, um die österreichische Staatsbürgerschaft als Bestellungsvoraussetzung zu begründen.[74] Dass Ausnahmen die Regel bestätigen, zeigt das Beispiel Liechtenstein: Der Staatsgerichtshof hat lediglich mehrheitlich aus Richtern zu bestehen, welche das liechtensteinische Landesbürgerrecht besitzen.[75] Diese Regelung ist wohl auf die geringe Größe des Landes zurückzuführen, wobei auch hier darauf Bedacht genommen wurde, dass die Nicht-Staatsbürger in der Minderheit bleiben.

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Insgesamt wird deutlich, dass die Staatsbürgerschaft eine selbstverständliche und daher teilweise nicht ausdrücklich normierte Voraussetzung für die Wahl zum Richter eines nationalen Verfassungsgerichts ist. Die unionsrechtlich gewährleistete Freizügigkeit der Arbeitskräfte steht diesem Inländervorbehalt schon aufgrund des hier zweifellos anwendbaren Art. 45 Abs. 4 AEUV nicht entgegen.

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Eine mit der Staatsangehörigkeit in Verbindung stehende, den persönlichen Status betreffende Voraussetzung ist die regionale Herkunft eines Verfassungsrichters. Diesbezüglich trifft die österreichische Bundesverfassung Regelungen, dass bestimmte bzw. ein bestimmter Anteil der Verfassungsrichter seinen Wohnort außerhalb der Bundeshauptstadt hat: Drei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder müssen ihren ständigen Wohnsitz außerhalb von Wien haben.[76] Tatsächlich besteht eine deutliche Zentralisierungstendenz, nur mehr ein kleiner Teil der Richter wohnt überwiegend außerhalb der Bundeshauptstadt, dem Sitz des Gerichts.[77] In Staaten, in denen der Sitz des Gerichts nicht in der Hauptstadt ist,[78] ist diese Tendenz von vorneherein schwächer.

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Jenseits dessen gibt es aber insbesondere in Bundesstaaten einen informellen Regionalproporz, demzufolge bestimmte Stellen mit Richtern aus einer Region, einem Land oder einem Kanton besetzt oder wenigstens auf Vorschlag von Entscheidungsträgern aus diesen regionalen Einheiten besetzt werden. Solche informellen Absprachen gibt es etwa in Deutschland oder in Österreich, wobei der Regionalproporz mitunter durch einen von parteipolitischen Gesichtspunkten beeinflussten Proporz überlagert wird.[79]

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In Belgien ist mittelbar ein regionaler Proporz dadurch rechtlich verankert, dass auf die Sprache der Richters in differenzierter Weise abgestellt wird: Die Richter müssen je zur Hälfte französisch- bzw. niederländischsprachig sein.[80] Für jene sechs Richter, die aus dem Kreis der Juristen ernannt werden, wird auf die Sprache ihres Diploms abgestellt, für die „Politiker“-Richter[81] wird auf die Lage des Wahlkreises abgestellt.[82]

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