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DAS GEHIRN

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Es war das erste Mal, dass ich das Schullabor betrat. Das erste Mal, dass ich ein menschliches Gehirn sah. Ich starrte auf das Glas, das wie die Glasgurken im Kühlschrank meiner Mutter aussah. Ich starrte auf das Glas mit dem Gehirn in Äther. Ich blieb lange Zeit ohne zu blinzeln, bis die Lehrerin mich anrief und ich einen Schrecken bekam, der meine Augen weitete, meinen Körper zittern und meine Lungen mehr Luft schlucken ließ, was ich nicht wollte, weil mein Magen von dem seltsamen Geruch krank war.

Doch ich folgte der Lehrerin nicht. Und meine Augen waren nun auf die trübe Flüssigkeit im Glas gerichtet. Ich betrachtete die gelbliche Substanz und die scheinbar mit der Flüssigkeit vermischten Fragmente des Gehirns. Dann zog sich mein Interesse tief in die Linien des Gehirns, die Umrisse, die nicht entzifferbare Farbe, die Dicke, seine Größe, und es fehlte mir nur das Gewicht, die Temperatur und das Gefühl zu empfinden.

Ich öffnete das Glas, steckte die Hand hinein und nahm das Gehirn. Erst mit der rechten, dann mit der anderen Hand. Die ganze ovale Form hatte ich in meinen Händen. Ich nahm es dicht ans Ohr und dachte, etwas gehört zu haben, ein nicht zu entzifferndes Geräusch von Unermesslichkeit wie das, was wir in der Meeresschnecke hören. Ich dachte daran, es zu riechen, aber mir fiel ein, dass der Duft nicht das Original sein würde. Für einen langen Moment starrte ich auf das Gehirn in meinen Händen, ich wollte es von dem starken Geruch wegwaschen, der meinen Blick störte. Mitleid fühlte ich, und trotz des Geruchs umarmte ich es, lehnte es an meine Brust, nah an mein Herz und mit dem Kopf gesenkt, bedeckte ich es mit der linken Wange.

So war ich, fast am Weinen, als die Lehrerin plötzlich ins Labor kam und blitzend rief: Was machst du da?

Der Schock war so tief, dass sich meine Arme in Panik lösten und das Gehirn auf den Boden fiel.

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