Читать книгу LebensLichtSpuren - Nanaja Meropis - Страница 18
DIE ERZÄHLUNGEN MEINER OMA
ОглавлениеMeine Oma ist anders als alle anderen, denn sie ist seit ihrer Kindheit blind und wurde schon immer von ihren Eltern, ihrem Ehemann und später auch von ihren Kindern betreut. Sie kommt nach unserem Umzug in unser neues Haus zu uns und wird Teil unserer Wohngemeinschaft.
Meine Oma wurde sehr jung verwitwet mit sechs Kindern. Sie ist knapp über 50 Jahre alt, mollig, hat lange dünne Haare, die mit Henna gefärbt sind. Ihr Gesicht ist rund, freundlich, mit einer schönen rosigen Haut. Trotz ihrer Blindheit ist meine Oma ein humorvoller Mensch. Sie erzählt uns oft Geschichten, Sagen, Fabeln oder auch Märchen, die sehr lebendig sind, und entführt uns in eine andere Welt.
Ihre Geschichten fangen immer spannend an: „Es war einmal ein sehr geiziger Mann in einem kleinen Dorf. Er sparte sein ganzes Vermögen und versteckte es in einem großen Koffer unter dem Dach. Jeden Abend schaute er mit Genugtuung seinen Reichtum an und ging dann mit tiefer Zufriedenheit schlafen.
In dem Dorf kam es zu einer Dürre und Trockenheit. Es hatte so lange nicht geregnet, dass die Ernte zum Leben nicht reichte. Die Menschen suchten verzweifelt den Mann auf in der Hoffnung, dass er sie mit einem kleinen Betrag unterstützen konnte. Dies taten sie, um sich damit in der Nachbarschaft etwas zum Essen besorgen zu können. Der geizige Mann sagte: „Nein, ich gebe euch kein Geld, da ich nicht sicher bin, das Geld wieder zurückzubekommen“. Für sich selbst kaufte er gutes Essen und freute sich über seine Klugheit und seinen Reichtum. Seine Nachbarn hungerten, und er war nicht bereit, ihnen unter die Arme zu greifen.
Im Winter machte er sich ein Feuer an, um sich zu wärmen. In dieser Nacht fiel er in einen tiefen Schlaf und bemerkte nicht, wie sich das Feuer im ganzen Haus verbreitete. Er konnte sich nicht mehr retten, und niemand hörte seine Hilferufe. Von seinem Haus blieb nichts als Asche übrig. Die Nachbarn waren entsetzt und fragten sich, ob er seinen Reichtum wohl in die Hölle mitgenommen hätte, damit es niemandem besser gehen konnte als ihm selbst.“