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DIE ALTEN HAUSREZEPTE

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„Ihr Kind soll Kamillentee trinken, mit Salzwasser inhalieren und drei Mal täglich mit Salbeitee gurgeln. Und vielleicht auch eine Hühnersuppe essen. Dann sollte die fieberhafte Erkältung bald zurückgehen“, meinte unsere Hausärztin, nahm ihre große Arzttasche und verabschiedete sich. Meine Mutter fuhr mir zärtlich über den Kopf und meinte: „Das wird schon wieder. Ich koche dir gleich einen Kamillentee!“

Ich lag ermattet in meinem Krankenbett, das direkt gegenüber der Küche im kleinen Speisezimmer lag. Ich durfte es nur benutzen, wenn ich krank war, was es leichter machte, mich mit meiner in der Küche weilenden Mutter auszutauschen. Doch Kommunikation kam diesmal nicht in Frage, ich war benommen, hatte hohes Fieber, neigte zum Phantasieren, und die Essigsocken, die mir meine Mutter mehrmals täglich anlegte, engten meinen Aktionsraum noch mehr ein. Kamillentee war mir als Kind schwer erträglich, dann schon lieber russischer Tee, und am liebsten wäre mir mein Kakao gewesen, aber den gab es im Krankheitsfalle nur selten.

Besonders dramatisch wurde es aber, wenn man mir zuredete, im Krankheitsfalle zumindest einmal täglich „einen kleinen Teller“ warme Suppe zu essen. Ich hatte eigentlich überhaupt keinen Appetit und wollte nur liegen und ausruhen. Auch diesmal kam meine Mutter pünktlich zur Mittagessenszeit mit der von der Ärztin empfohlenen Hühnersuppe, die durch ihre Vitamine und andere wertvolle Inhaltsstoffe mein Immunsystem aufbauen sollte. Wenig begeistert nahm ich den Teller, ließ mir den ersten Löffel von meiner Mutter widerwillig einflößen, blies aber lange und heftig auf die heiße Suppe, sodass letztlich nur weniger als die Hälfte den Weg in meinen Mund fand. Dann begab sie sich wieder in die Küche und überließ mich meinem Schicksal. Mit schwacher Stimme rief ich ihr hinterher: „Ich kann schon alleine weiter essen!“

Nach einigen Minuten, als meine Mutter Nachschau hielt, war mein Teller tatsächlich leer. Ich stellte mich schlafend, was meine Mutter aber nicht davon abhielt, mir noch einen zweiten Suppenteller zu servieren. Am nächsten Tag, an dem es mir ein wenig besser ging, brachte sie mir wieder zwei Hühnersuppenteller zum Mittagessen, die ich zu ihrer Überraschung schnell gegessen hatte. Danach sollte ich kurz aufstehen, um mich ins Wohnzimmer zu setzen. Als meine Mutter in der Zwischenzeit mein Bett neu bezog, entfuhr ihr ein Schreckensschrei: „Mein Gott, hier in deinen Nachttopf hast du also die gute Hühnersuppe geleert!“

Seit diesem Tag, an dem mein kleines Geheimnis entdeckt worden war, wurde ich beim Suppenessen immer streng kontrolliert. Zum Glück hat jedoch niemand herausgefunden, dass zwei unserer schönsten Zimmerpflanzen in dieser Woche verwelkt waren, weil ich sie mit heißer Hühnersuppe gegossen hatte.

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