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MITTEN IN DER HÖLLE

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Wir kamen dort an, wo die alte Brücke war. Aber es gab keine Brücke mehr, nur ihr Skelett. Ich dachte, wir könnten sie überqueren. Zu Beginn der Brücke waren die Streben noch in Ordnung, doch als ich voranging, mein Cousin hinter mir, brach weiter vorn das Holz. Mein Cousin konnte nicht weitergehen, ich stand schon mitten auf der Brücke. Doch was ich zuvor nicht gesehen hatte: Sie führte nicht weiter. Es gab hier ein tiefes Loch, darunter brodelte der Fluss, dessen schnelle Strömung wie schwarze Zöpfe dahinzog. Ich konnte nicht schwimmen. Ich war mitten im Gerippe der Brücke gefangen. Auf der anderen Seite befand sich eine schmale Betonwand. Wenn ich springen würde und meine Füße sie nicht erreichten, konnte ich hinfallen und mit dem Kopf auf den Beton schlagen.

„Du musst Hilfe holen!“, schrie ich meinen Cousin an, der auf der anderen Seite der Brücke geblieben war und nicht wusste, was er tun sollte. „Ja, das werde ich! Aber zuerst muss ich scheißen!“ „Was? Ich sterbe hier und du musst scheißen?“, fragte ich entsetzt. „Ich muss scheißen!“, wiederholte er aufgeregt und versteckte sich hinter einem Busch.

Ich sah wieder auf die andere Seite der Brücke. Nach unten schauen konnte ich nicht, die Strömung machte mich schwindelig. Der Nachmittag ging zu Ende, und das Licht der Sonne nahm rapide ab. Außerdem würden die Fledermäuse kommen und an meinen Körper fliegen. Ich wusste, ich konnte nicht überleben. Ich konnte nicht schwimmen, hatte Angst vor der schwarzen Strömung, dem Schwarz der Nacht und den unsichtbaren Fledermäusen. Ich kannte meinen Cousin, er würde langsam nach Haus gehen, bis es Zeit zum Abendessen wäre.

„Geh und wasch deine Hände!“, würde seine Mutter sagen. Er säße zum Abendessen am Tisch und erst, nachdem jemand gefragt hätte, wo ich sei, würde er sagen, dass ich auf einer kaputten Brücke wäre, ohne vorwärts oder rückwärts gehen zu können.“ „Welche Brücke, Junge? Erklär die Dinge richtig!“ Und nach einer wirren Erklärung würden meine Eltern und meine Onkel zu meiner Rettung kommen. Wie lange musste ich hierbleiben? Ich richtete meinen Blick auf das Betonfundament, berechnete genau, wo meine Füße aufkommen würden. Ich musste springen, ich konzentrierte mich. Und ich sprang, mit einem Fuß voran und balancierend mit dem anderen, und mit ausgestreckten Armen fand ich mein Gleichgewicht. Ich sah nur auf den Horizont vor mir, nicht nach unten. Nur auf die schmale Betonwand. Ich musste mit ausgestreckten Armen gehen, einen Fuß nach dem anderen und mit maximaler Konzentration. Endlich gelangte ich an das Ufer. Ich war in Sicherheit, rannte glücklich mit offenen Armen den menschenleeren Weg hinunter und spürte, wie der Wind mein Gesicht streichelte. Den salzigen Geruch des Waldes zog ich genussvoll durch die Nase und erblickte vor mir die dunkle Silhouette der Unermesslichkeit des Meeres.

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