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St.Galler Diskurs bei der Preisübergabe

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Geschätztes Publikum,

Sehr verehrter Stadtrat,

Sehr abwesender Regierungsrat von Kanton und Republik St. Gallen,** Der sanktgallische Regierungsrat (Kantonsregierung) hatte aus politischen Gründen der Kulturpreisübergabe der Stadt St. Gallen am 25. November 1990 nicht beigewohnt.

Dear Representatives of the business school of Saint Gall,

Estimable Kollegen aus dem Mediensektor & der Schriftstellerei, als da sind: Hugo Loetscher, Laure Wyss, Notker Balbulus, Kurt Marti, Notker Labeo, Jürg Laederach, Notker Teutonicus, Eveline Hasler, Ekkehard I., Gerold Späth, Ekkehard IV., Jürg Federspiel,

und nicht zu vergessen Ihro Exzellenz Fürstabt Beda Angehrn, welcher den heute unabkömmlichen Bischof Mäder vorteilhaft vertritt,

und natürlich lieber Herr Rabbiner Schmelzer, welcher als einziger Vertreter der monotheistischen Religionen die Einladung des Stadtrates zu diesem Anlass angenommen hat und, wie er schrieb, mit Freuden akzeptiert hat,

erlauchte Spitzen-Politiker, von denen einer sogar aus dem Irak extra nach St. Gallen zurückgedüst ist,

edle Verwalter und Seelenapotheker der Stiftsbibliothek, Ochsenbein und Vogler, über der Stiftsbibliothek steht bekanntlich, wie früher über dem Eingang der ungeheuren Bibliothek von Alexandria, PSYCHAES IATREION, Seelenapotheke,

werte Vertreter der Wirtschaft, z.B. der Firmen von Roll, Stoffel und Mettler, aber auch der Wissenschaft, insbesondere die Abgesandten der Universität Zürich in Gestalt ihrer hervorragendsten Germanisten, Herzog u. von Matt,

liebe Familie Scola aus den Dolomiten, aber auch aus Paris,

und last but not least, ehrwürdige Madame Meienberg geborene Geiges, genannt MAGNA MATER SANGALLENSIS, Stamm-Mutter eines nachgerade über den ganzen Erdball verzweigten Clans –

Es ist mir ein Bedürfnis, Ihnen allen heute die Grüsse und den ehrerbietigsten Dank des prämierten Meienberg zu überbringen. Er selbst, Niklaus Meienberg I., hat es vorgezogen, in dieser zeremoniösen Stunde in den Untergrund abzutauchen, weil seine sensible Natur die Feierlichkeiten nur ächzend bzw. grochsend überstehen könnte und natürlich auch deshalb, weil die Wogen der bü-bü-bürgerlichen Empörung, welche nach dieser Preisverleihung aufgebrandet sind, oder aufgequirlt oder aufgeschäumt oder abgeschäumt sind, sein Wohlbefinden doch recht sehr beeinträchtigen könnten. Einem Herrn im mittleren Alter kann es ja gesundheitliche Störungen verursachen, wenn er, wie das in der hiesigen Presse geschehen ist, in einer Zeichnung als Männeken Piss dargestellt wird, der auf seine Mitbürger herunterbrunzt, oder wenn er als abverstrupfter Klosterschüler und Nestbeschmutzer tituliert wird – nachdem er sich so lange als Nest-Entschmutzer betätigt hat. Er hat mich deshalb gebeten, an seiner Stelle ein paar Dankesworte, die er allerdings teilweise selbst redigiert hat, an die Festgemeinde zu richten. Es spricht also jetzt nicht das Original zu Ihnen, sondern ein Duplikat oder double des prämierten Meienberg, auch stuntman genannt. Lassen Sie sich von physischen Ähnlichkeiten nicht irreführen. Diese Einrichtung hat sich bewährt, seit Papst Johannes Paul II. seinen stuntman auf Schweizerreise schickte und sich zu Hause in Castel Gandolfo einen Schranz lachte, als er am Fernsehen verfolgen konnte, wie die ganze Schweiz vor seinem Duplikat katzbuckelte.

Ich darf sogleich beifügen, dass ich diesen Part des Meienbergstuntman nicht zum ersten Mal spiele, sondern ihn schon öfters am Fernsehen, Radio und bei Streitgesprächen übernommen habe; immer dann, wenn es gilt, den angeblich wilden, bösen, sarkastischen, aggressiven M. zu spielen, nennen wir ihn Meienberg II. Um meine Vertreterrolle, die hiermit enthüllt ist, zu erklären, muss ich in der Geschichte etwas zurückgreifen und Ihnen erläutern, wie das real existierende Medienwesen diese Abspaltung erzwungen hat. Meienberg I., so darf ich in Erinnerung rufen, hatte während seiner Pariser Korrespondentenzeit recht viel in seine Arbeiten investiert und auch immer versucht, den philosophischen Strömungen der damaligen Zeit auf den Grund zu gehen, etwa in grossen Interviews mit einem Michel Foucault, einem Pablo Neruda; und auch die politischen Strömungen wollte er erkunden, im Gespräch z.B. mit Charles Tillon und François Mitterrand, sowie in grossen Pariser Reportagen. Bald musste er feststellen, dass diese aufwendigen Stücke ziemlich echolos über die Bühne gingen und kaum je eine Debatte provozierten. Als er dann, nach seinen Pariser Lehrjahren, in die Schweiz zurückkehrte und die Instrumente, welche er in Frankreich gewetzt hatte, an heimatlichen Themen erprobte, waren die Folgen plötzlich überwältigend, vor allem für ihn. Seine Sujets und sein Stil waren anscheinend im Begriff, eine Marktlücke zu füllen, die Reaktionen (d.h. sehr oft: die Antwort der politischen Reaktion) kamen hageldicht, es war etwas los, manchmal sogar der Teufel. Wenn ich an die Wirkungsgeschichte des Films über den Landesverräter S. denke und daran erinnere, wie grotesk, aber auch wie lustig, jedenfalls wie deutlich damals die Positionen eines verkalkten Bürgertums bezogen wurden – da gab es doch jene dreissig Professoren der Universität Bern, welche beim Oberbürgermeister von Mannheim feierlich dagegen protestierten, dass dieser Film den ersten Preis des Dokumentarfilmfestivals gekriegt hatte; und anschliessend kam heraus, dass keiner von den Herren den Film gesehen hatte –, und wenn ich an die heftigen Wallungen denke, welche beinahe jeder zweite Artikel von ihm provozierte, so wird wohl verständlich, dass er lustvoll diesen Acker weiter pflügte. Der Ekel, den er über die Zustände empfand und formulierte, war zwar echt und empirisch fundiert, kam aus der Anschauung und Anhörung; aber der Markt war auch echt, hat ihn fast zu einem Markenartikel gemacht und manchmal verführt, nur die eine Komponente seines Temperaments auszubeuten. Das Publikum schrie nach mehr, mochte nur das Heftige kaufen. Als er dieses merkte, sah er sich nach einem double um, denn er wollte weiterhin auf dem Markt bleiben und dort den Hecht spielen, Karpfen gibt es ja wohl genug, und so hat er eben mich, den stuntman Meienberg II., in die Öffentlichkeit delegiert und mich mit sogenannt streitbaren Artikeln und Auftritten betraut. Er könne nämlich, so sagte er mir damals, als Streithammel und Rammbock und offiziell akkreditierter Robin Hood und wackerer Rächer der Armen seine meditativen Talente nicht entwickeln, will sagen, das Philosophische zu wenig pflegen und der Lyrik nicht obliegen, und ausserdem sei das ewige Stämpfeln und Zörneln eine anstrengende Sache, und, so zitierte er einen Dichter:

Auch der Zorn über das Unrecht macht die Stimme heiser.

Ich aber, als alter ego, besorge gern sein Geschäft von ehedem, ziehe als Reisender in Sachen Umsturz über die Dörfer, etwa nach Zollikon, besuche etwa eine Veranstaltung, an der die entsetzliche Kopp ihr Comeback feiern möchte, und stelle ihr öffentlich ein paar Fragen, und geniesse das auch noch. Um einen wirklichen Umsturz handelt es sich aber beileibe nicht, eher um einen Rücksturz in demokratische Verhältnisse, ich beharre nur auf der Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit, welche uns schon in der Verfassung von 1848 garantiert worden ist bzw. welche wir uns damals selbst garantiert haben; und bin immer ganz erstaunt, wenn ich höre, was dieser Meienberg für ein mutiger Porscht oder frecher Siech sei. Die Wahrheit zu sagen, wenn nötig auch ein bisschen laut, fällt mir weniger schwer, als aufs Maul zu hocken und mein Gemüt zu strangulieren. Das ist kein Verdienst, nur ein Temperament, höchstwahrscheinlich geerbt von der magna mater Sangallensis, und macht sich auf die Dauer sogar bezahlt, sei es auch nur, dass man keinen Magenkrebs bekomme vom vielen heruntergeschluckten Ärger. Dass ich, Meienbergs stuntman, bei der Ausübung meiner verfassungsmässig verbrieften Rechte, und obwohl ich nie etwas mit dem kriminellen Nonsens der raf oder mit ähnlich doofen Brüderschaften am Hut hatte, von der Polizei eines demokratischen Staates seit 1963 bis und mit 1989 konstanter und fideliter, ich hab's doch tatsächlich auf 15 Fichen gebracht, bespitzelt worden bin, erregt dann wieder den Zorn, der in mein Weltbild passt, und ich muss mich nicht künstlich aufregen, wenn ich etwa meinen Ficheneintrag vom 30. 5. 75 lese:

v. Sikripo Bern. Bericht über den Aktionstag der Studentenschaft der Uni Bern vom 28. 5., organisiert von der sozialdemokr. Hochschulgruppe, der Poch sowie der Studentenschaft der Uni Bern. Es nahmen ca. 150 Interessenten u. Studenten teil. Keine Zwischenfälle. M. trat als Redner in Erscheinung und sprach über die Gewährung von Grundrechten.

Ich erinnere mich, damals mit einigem Stolz darauf hingewiesen zu haben, dass eben z.B. die Redefreiheit bei uns nicht von Spitzeln beeinträchtigt werde wie in der ddr; denke mit Schaudern daran, insofern das Lob unsrer Demokratie gesungen zu haben, die mich bespitzelte. Der andere St.Galler, welchem seinerzeit das Spitzelwesen unterstand, hat entweder seine Spitzel nicht im Griff gehabt und muss dementsprechend ein schlechter Bundesrat gewesen sein, oder er hat von den Spitzeleien gewusst und sie gedeckt und müsste dann als widerwärtiger Oberschnüffler bzw. Hundsfott bezeichnet werden. Diesenfalls würde ich erwarten, dass er sich bei mir, wie bei sämtlichen Beschnüffelten, in aller Form entschuldigt, evtl. auch eine Entschädigung herausrückt: für jene Leute zum mindesten, welche wegen ihrer Fiche etwa eine Stelle nicht gekriegt oder sonst materielle oder moralische Einbussen erlitten haben.

Ach ja. Ich kann nur immer wieder mein Köpfchen schütteln über das Verhältnis unsrer regierenden Herren zu den verfassungsmässig garantierten Freiheiten, etwa zur Versammlungsfreiheit. Die sogenannten Freisinnigen dieses Kantons St. Gallen etwa scheinen vergessen zu haben, wie der Kanton entstanden ist, nämlich durch die Freiheit, welche sich die grossen Volksversammlungen am Ende des ancien régime herausgenommen haben, unter Anführung des unvergesslichen Postboten Kuenzle, als dem Fürstabt von St. Gallen eine Art von Verfassung abgetrotzt worden ist und die Abgaben verweigert wurden mit dem glorreichen Schlachtruf «Zahl nünt, Du bist nünt scholdig». Diese Volksversammlungen waren illegal, und mancher sagte damals: «Da taar me nöd.» Das geschah, bevor die Soldaten der französischen Republik die bürgerlichen Freiheiten importierten, und geschah zufällig auf dem Territorium der Gemeinde Gossau, wo kürzlich andere Volksversammlungen die Freiheit der Natur von einem Waffenplatz reklamierten. Diese vernünftig und demokratisch fühlenden Leute wurden bekanntlich vertrieben, der lächerliche überflüssige Waffenplatz wird uns beschert, und die Parlamentarier, welche gemeinsame Sache mit der Vernunft machten, sollen juristisch belangt werden. Da war Fürstabt Beda Angehrn, der sich immerhin auf sein Gottesgnadentum berufen konnte, denn doch aufgeklärter und fast schon demokratisch, er gab der Volksbewegung nach und reduzierte seine weltliche Herrschaft auf ein Minimum. Er hat durch seine kluge Politik den Bürgerkrieg verhindert, besass jenes Format, das Hans Magnus Enzensberger den «Helden des Rückzugs» bescheinigte, sah nämlich, dass es absolutistisch nicht weiterging und die untern Wünsche mit Gewalt nicht auszurotten waren. Dafür gebührt ihm eigentlich in den Schullesebüchern ein mindestens so ehrendes Andenken wie dem offiziellen Kantonsgründer Müller-Friedberg.

Nun ja. Es lastet allzu vieles auf meinen fragilen Schultern, und diese vermaledeite Rolle, nämlich dort auszurufen, wo andere schweigen, diese Delegation des Aufmuckens, ist mit der demokratischen Tradition unvereinbar, denn jeder sollte können dürfen, und wird unsereiner ähnlich vereinnahmt und einseitig fixiert wie die Intellektuellen in der weiland ddr, wo sie oft nur noch als Ventile funktionieren mussten und Wünsche transportierten, welche das kommune Volk nicht äussern durfte. Diese Arbeitsteilung zwischen den schweigenden Unterdrückten und den gepflegt Aufschreienden zementiert nur die Unterdrückung und bedrückt am Ende beide und zwingt die Intellektuellen, ständig in die Öffentlichkeit gehen zu müssen, so dass ihnen keine Zeit mehr bleibt für eine ruhige Entwicklung. Das kann sich für die schriftstellerische Arbeit mindestens so katastrophal auswirken wie die Abstinenz von jeder Politik, der Innerlichkeitswahn. Und diese Rolle des designierten und akkreditierten Ausrufers geht sogar mir, Meienbergs stuntman, auf den Wecker. Wobei ich dann, doch wieder verzweifelt, weil da nur Unrecht ist und keine Empörung, die alte Rosinante satteln muss.

Derweil sitzt Meienberg I., der eigentliche, den ich periodisch besuche, still in einem alten Fauteuil und meditiert und gestattet sich ein paar ausführliche Depressionen, die er manchmal auch formuliert, etwa so –

Eigentlich

bin ich mir längst abgestorben

ich tu noch so, als ob

Atemholen, die leidige Gewohnheit

hängt mir zum Halse heraus

Mein Kadaver schwankt unsicher

auf tönernen Füssen

die wissen nicht

wohin mit ihm

Oder er erinnere sich, so sagt er, an Clemens Brentano und liest wieder Brentano, und es gefällt ihm besonders der «Frühlingsschrei eines Knechtes aus der Tiefe», und er schreibt:

Genossen. Von Geniessen ist bei euch

keine Spur

ihr meldet euch nur

wenn ich in eure Agenda pass

wenn ihr mich plant

wenn ich veranstaltet werde. Schöner

Artikel gefällig

was darf es sein diesmal

vielleicht wieder

einer meiner

beliebten Aufschreie gegen die Hartherzigkeit der

Bourgeoisie

Freunde

Freunde? Es ist schon schön

gebraucht zu werden

ihr braucht aber nur

einen Teil von mir

der Rest verreckt

der grössere Teil

Fürs nächste Podiumsgespräch

schick ich euch

eine Podiumsgesprächspezialanfertigung

von mir. Ambulanter Kopf direkt

montiert auf Bein. Kutteln Herz Gekröse Galle Sonnengeflecht

sämtliche Innereien

bleiben daheim. Kompaktmodell

es ist

verreckt mit euch bin ich

ein Gebrauchsgegenstand eine alternative

War manchmal

vergeht ein Jahr man hört

obwohl mein Telefon lauthals kräht

keinen Ton von euch ich meine

von eucheucheucheucheuch nicht von eurer

verfluchten Funktion in der ihr ganz

begraben seid wie ich

in meinem eigenen

Sarkophag. Ihr wir hoffnungslosen linken

Aktenköferli

Als er dann seine Gedichte publizierte, wurden sie ein Erfolg – aber leider nur jene, die sich nach aussen richten und die Öffentlichkeit bedienen und manchmal die Sau ablassen, obwohl es doch viele andere Töne in diesem Gedichtbuch hätte, die man auch hören könnte, und darauf gestattete er sich wieder ein paar ausführliche Depressionen und musste dann konstatieren, dass auch von seiner Prosa meist nur das Harte zur Kenntnis genommen wurde, Meienberg-on-the-Rocks, und die Texte, welche nicht ins Empörer-Schublädchen passten, unters Eis gingen. Die Geschichte von Maurice Bavaud etwa, nach einer zweijährigen Recherchierplackerei in dreimonatiger Klausur geschrieben, sei ganz unter den Tisch gefallen, weil sie kein Identifikationsangebot enthalten habe und nicht einer ideologischen Linie entlang geschrieben worden sei, ein voller Misserfolg punkto Verkauf und Besprechungen, der schweizerische Hitler-Attentäter war leider nicht links, und das musste der Wahrheit zuliebe geschrieben werden. Dem entsprechenden Film ging es auch nicht besser. Die Leute erwarteten eine zweite Ernst-S.-Landesverräter-Geschichte mit klaren Verhältnissen und Klassenkampf-Folie, und die war für Bavaud halt so nicht vorhanden (während sie bei Ernst S. tatsächlich stimmte). Aus den Depressionen, sagt mir Meienberg I., werde er dann allerdings herausgerissen, wenn er in seiner Fiche lese unter dem Datum des 17. 11. 78:

v. + Bundesarchiv: Kopie Schreiben an Villi Hermann 41 und M. betr. Akteneinsichtsgesuch des Villi zum Fall Bavaud Maurice 16.

Und also feststellen muss, dass im Bundesarchiv ein Spitzel sitzt, welcher das Akteneinsichtsgesuch, einen Teil der wissenschaftlich-historischen Arbeit, direkt an die Bundespolizei weiterleitet; vermutlich, damit sich diese Herren historisch weiterbilden können. Da kann der depressive M. dann seine selbstzerstörerischen Energien wieder kurz nach aussen ablenken und den letzten Vers aus einem bekannten Werk zitieren, das in seiner althochdeutschen Fassung von anno 790 in der Stiftsbibliothek aufbewahrt ist; und rezitiert dieses dann, wenn er in Versuchung kommt, dem Hauptquartier der Schnüffler mit Sprengstoff aufzuwarten, und sagt:

enti ni unsih firleiti in khorunka/und führe uns nicht in Versuchung

uzzer losi unsih fona ubile/sondern erlöse uns von dem Übel.

PS I: Aus dem Bericht des «Tages-Anzeigers» vom 26.11.1990 über die Preisverleihung in St. Gallen: «Seine Erinnerungen an die Kindheit, … seine Schulzeit in der Katholischen Sekundarschule der Stadt, ‹Flade› genannt, das alles sind in der Rückschau schon eher nostalgische, fast liebevolle Texte.»

Wirklich?

PS II:

St. Gallen, den 23. November 1990

Sehr geehrter Herr Meienberg,

Letzthin habe ich im Fernsehen eine kurze Sendung über Sie im Zusammenhang mit dem Kulturpreis der Stadt Sankt Gallen gesehen. So viel ich mich erinnern kann, haben Sie sich auch über die sogenannte «Flade» geäussert. Ich glaube sie hatten nicht die beste Meinung über diese Schule. Unter anderem fiel auch das Wort Psychoterror. Wie recht Sie doch haben mit Ihren Äusserungen, denn auch ich musste in diese Schule und habe fast nur negative Erinnerungen. Es gab damals glaube ich einen Lehrer xy. Ich war damals noch ein unverdorbener Bub. Ich fragte mich in jener Zeit nur immer, warum wohl eben dieser Lehrer uns vielen, darunter auch mir oft mit seiner fleischigen Hand, man trug damals noch Kniehosen, einem immer die Oberschenkel knutschte während der Stunde. Wir waren noch alle so dumm, dass wir dies zu Hause nicht einmal erwähnten. Dafür musste man jeden Mittwoch und Freitag in die Frühmesse. Wir wohnten damals an der Ulrich-Rösch-Str. und ein Tramabonnement oder ein Velo gab es damals halt noch nicht, und wehe, wenn mal man in der Messe gefehlt hat. Und wie musste man damals alle 4 Wochen zur Beichte. Zu jener Zeit war im Beichtstuhl oft ein Pfarrer oder Domvikar Brülisauer, der sich während der Beichte auf die Schenkel geklopft hat, wenn du eine Jugendsünde hast beichten müssen und gefragt, wie viele Minuten es gedauert hat. Das war doch reiner Psychoterror in meinen Augen.

Leider habe auch ich meine Buben in die Flade geschickt, wo sie so verdorben wurden, dass sie seit Ende der Schule nie mehr in eine Kirche gehen. Das gleiche Schicksal hat auch mein seinerzeitiger Vicechef mit seinen Buben erlitten.

Was ich in den über 50 Jahren seit jener Zeit über die Flade gehört habe, geht auf keine Kuhhaut.

Diese Schule ist recht für solche Schüler, denen man einmal etwas sagt und dann einfach im Gehirn sitzen bleibt und alle andern bleiben mehr oder weniger auf der Strecke.

Ich glaube kaum, dass sie heute noch so verfahren können mit den Schülern wie sie mit uns damals verfahren sind. Ihre Aussagen sind mehr als berechtigt und bestätigt.

Mit den freundlichsten Grüssen

B.N.

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