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Hengelo-Interstadial: erneute Vermehrung und Abwanderung nach dem Norden

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Das warme Glinde-Interstadial war in eine Kaltzeit ausgelaufen, welche etwa ein Jahrtausend lang anhielt. Dann aber hob sich zwischen 44 000 und 43 000 v.h. die Temperatur wieder plötzlich um mindestens 5°C zu einer neuen Warmphase an, dem Hengelo-Interstadial, welches drei bis vier Jahrtausende anhielt – wenn auch wieder mit fallender Tendenz in eine neue kurze Kaltphase (s. Abb. 2). Unter den günstigen wärmeren Bedingungen wuchs die Bevölkerung im Nahen Osten wieder an und es entstand erneut Auswanderungsdruck. Diesmal richtete er sich nach dem Norden und die breite Tiefebene von Euphrat und Tigris war seine Pforte.

Der Norden des Orients, die Levante, war immer noch vom Neandertaler besetzt. Der vormoderne Mensch, welcher von Afrika aus schon fünfzigtausend Jahre früher auf den Neandertaler getroffen war, hatte sich damals gegen diesen robusten Menschentyp nicht durchsetzen können; diesmal aber scheint der Neandertaler kein ernsthaftes Problem mehr gewesen zu sein, denn die Expansion ging schnell weiter, im Westen nach Nordafrika, im Nordwesten nach Europa, im Norden nach Russland und im Nordosten in die sibirischen Weiten. Innerhalb einiger Jahrtausende verschwand dann der Neandertaler in der Levante. Es ist auch erstaunlich, in wie kurzer Zeit die modernen Jäger und Sammler nun riesige Strecken hinter sich gebracht haben: am mittleren Don, in Kostenki, 400 Kilometer südlich von Moskau, gräbt man ihre Hinterlassenschaften schon aus einer Zeit vor 43 000 Jahren aus. Südost-Europa wurde an der unteren Donau zur selben Zeit erreicht. Nach neu datierten Funden aus der Geißenklösterle-Höhle auf der Schwäbischen Alb ist der moderne Mensch kurz darauf auch schon in Süddeutschland angekommen: den berühmten Adoranten auf einem Täfelchen aus Mammut-Elfenbein datiert man nun auf 43 000 bis 42 000 Jahre v.h. Er hat der bisher ältesten Plastik der Menschheit, der prallen „Venus vom Hohle Fels“ bei Schelklingen am Südrand der Schwäbischen Alb, damit den Rang abgelaufen! Die Donaupassage bis Zentraleuropa wurde also schnell bewältigt! Sogar viel weiter westlich finden sich sehr alte Stätten des Menschen: nach dem britischen Archäologen Paul Mellars aus Cambridge sind die ältesten Funde auf der iberischen Halbinsel und an der französischen Atlantikküste mit 42 000 bis 41 000 Jahren nur geringfügig jünger! Ein weiterer Pfad nach Westeuropa könnte der Umweg über Nordafrika und die Meerenge von Gibraltar gewesen sein. Nach Funden im Museum in Tunis ist die Anwesenheit des modernen Menschen dort seit etwa 40 000 Jahren nachgewiesen. Die Menschen haben sich auch in Nordafrika sehr rasch in einem Gebiet ausgebreitet, das im Westen bis zum Atlantik und im Süden bis zum Tschadsee reicht. Der neue Mensch scheint sich bis heute auch noch sprachlich bemerkbar zu machen, denn man hat Parallelen zwischen Berbersprachen in Nordafrika und der baskischen Sprache im Norden der iberischen Halbinsel gefunden, welche wohl auf diese frühen Einwanderer zurückgehen.

Wie weit ist der Mensch damals nach dem Osten vorgedrungen? Wir wissen es nicht! Im Cerro Toluquilla bei Puebla südlich von Mexico-City hat man Eindrücke im vulkanischen Boden gefunden, in denen einige Wissenschaftler versteinerte Fußspuren von Menschen zu sehen glauben mit einem Alter von etwa 40 000 Jahren. Die frühen Menschen könnten bei der Verfolgung von Wild im Osten von Sibirien eine schmale 80 bis 90 Kilometer lange Landpassage in der heutigen Beringstraße zwischen der ostsibirischen Halbinsel Chukchi und Alaska schon damals überquert haben. Der Meeresspiegel stand zu dieser Zeit etwa 50 Meter tiefer als heute, 5 Meter unter der tiefsten Stelle des Pfades in der Beringstraße, sodass die Menschen, sofern sie schon nach Nordostsibirien vorgestoßen sein sollten, auf dieser schmalen Passage nach Amerika gelangen konnten. Lit. 2.3

Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall

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