Читать книгу Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall - Norbert Buchner - Страница 16
Kaltzeiten mit kurzen Warmperioden: Kunst der prallen „Venus-Figuren“
ОглавлениеDie schon geschilderten großen Kunstperioden in Europa, in denen Kunstwerke aus Mammutelfenbein, wie die Venus vom Hohlefels und der berühmte Adorant (Hengelo-Interstadial) und der „Löwenmensch“ (Denekamp-Interstadial) entstanden, waren durch lange Warmzeiten mit einer Dauer von mehreren Jahrtausenden innerhalb des letzten eiszeitlichen Zyklus gekennzeichnet. Die nächste Kunstperiode, das Gravettien, hingegen charakterisieren nur kürzere wärmere Abschnitte innerhalb einer sonst recht kalten Zeit. Offensichtlich brachten aber auch sie den Zyklus aus Vermehrung der Bevölkerung und Erwachen des Kunstschaffens zumindest zeitweise wieder in Gang. Vor allem in Frankreich und in Mittel- und Osteuropa breitete sich nun eine kleinfigürliche Kunst aus in einem sehr weiten Raum, der bis zum Baikalsee reichte. Die meisten Funde aus den kühleren Gegenden stammen aus den Zeitabschnitten zwischen 27 000 und 25 000 Jahren v.h. mit 2 wärmeren Temperaturspitzen. Die späteren Funde aus den wieder kälteren Phasen konzentrieren sich auf wärmere Regionen wie Frankreich und Italien.
Häufig finden sich Darstellungen von „Urmüttern“ mit einer prallen überbetonten Weiblichkeit. In dieser von wiederkehrenden und oft langen Kälterückfällen geprägten Zeit war ja das Überleben der Familien ganz wesentlich abhängig von der Lebenskraft der Frauen, welche die Kinder zu gebären und zu ernähren hatten. Eine unbedingte Voraussetzung hierfür waren ausreichende Fettreserven. Am bekanntesten von vielen tragbaren Kleinfiguren aus unterschiedlichen Materialien ist die etwa 26 000 Jahre alte Kalksteinstatuette der „Venus von Willendorf“ in der Wachau. Eine etwa gleich alte Kalksteinfigur aus Kostienki in Russland weist eine große stilistische Ähnlichkeit auf – trotz einer Entfernung der Fundorte von zweitausend Kilometern. Auch Funde von Dolni Vestonice in Mähren und vom Baikalsee stammen aus dieser wärmeren Epoche. Lit.2.7