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6. Die Völkerwanderung. Die Hunnen.

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1. Deutsche Völkerbündnisse. Seit Armins Siege konnten die Römer nicht mehr daran denken, Deutschland zu bezwingen. Sie suchten nur noch ihr Gebiet vor dem Eindringen der deutschen Völker zu sichern. Darum stellten sie an den deutschen Grenzen ihre besten Heere als Wache auf und zogen Wälle, Gräben und Mauern von gewaltiger Stärke. Die Überreste dieser Befestigungen, des Pfahlgrabens, haben sich zum Teil bis zum heutigen Tage erhalten. Dennoch ließen sich die kriegerischen Deutschen nicht von Angriffen auf das römische Reich zurückschrecken. Die fortwährenden Kämpfe belehrten sie, daß Eintracht stark macht. Daher schlossen sich die zahllosen kleinen Völkerschaften immer mehr zusammen und bildeten größere Vereinigungen. So entstanden die vier großen Völkerbündnisse der Alemannen am Oberrhein, der Franken am Niederrhein, der Sachsen zwischen Rhein und Elbe und der Goten im östlichen Deutschland. Besonders mächtig wurden die Goten, die ihre Herrschaft weit hin nach Osten bis zum Schwarzen Meere ausbreiteten. Sie teilten sich in Westgoten und Ostgoten. Immer gefährlicher wurde die Macht dieser streitbaren Völker dem sinkenden römischen Reiche, das sich damals in zwei Teile geschieden hatte, in das oströmische und das weströmische Reich. Endlich trat ein Ereignis ein, das diese Völker alle in mächtige Bewegung setzte: es begann die große Völkerwanderung (375 n. Chr.).

2. Einfall der Hunnen in Europa. Den Anstoß zu der Völkerwanderung gab ein wildes Nomadenvolk, das von Asien her in Europa einbrach. Es waren die Hunnen, Leute mit schwarzem, struppigem Haare, schmutziggelber Gesichtsfarbe, schiefen Augen, breitschulterig und klein, aber wild und furchtbar. Sie lebten von Wurzeln und von Fleisch, das sie nicht kochten, sondern wie einen Sattel aufs Pferd legten und durch einen tüchtigen Ritt mürbe machten. Feste Wohnsitze kannten sie nicht; von Kindesbeinen an schweiften sie im Freien, in Bergen und Wäldern umher und lernten Hitze und Kälte, Hunger und Durst ertragen. Ihre Kleider waren leinene Kittel oder Pelze von Waldtieren, die Beine umwickelten sie mit Bockfellen. Von ihren Pferden waren sie unzertrennlich: sie aßen, tranken und schliefen darauf. Ihre Weiber und Kinder führten sie auf Karren mit sich. Krieg war ihre größte Lust. Mit schrecklichem Geheul begannen sie die Schlacht; ohne Ordnung, aber mit großer Schnelligkeit stürzten sie sich auf den Feind. Wich er ihren Pfeilen und Säbelhieben aus, so warfen sie ihm Schlingen um den Hals und schleppten ihn mit sich fort. Nichts kam ihrer Raubsucht und Grausamkeit gleich. So zogen sie jetzt raubend, sengend und mordend von Land zu Land und trieben die Völker vor sich her.

3. Alarich, der Westgote. Zuerst stießen die Hunnen auf die Goten. Die Ostgoten wurden besiegt und mußten sich den Hunnen unterwerfen. Die Westgoten aber drangen in hellen Haufen über die Donau in das oströmische Reich, besiegten den Kaiser und eroberten sich neue Wohnsitze. Später fiel ihr tapferer König Alarich auch in Italien ein und rückte siegreich bis vor die Thore der Stadt Rom. Angst und Entsetzen überfiel die Römer, denn seit vielen Jahrhunderten war kein Feind der Stadt nahe gekommen. Eilig schickte man Gesandte an Alarich, um ihn zur Rückkehr zu bewegen. „Unzählbar," prahlten diese vor dem Westgotenkönig, „sind die Bewohner Roms, beherzt und in den Waffen wohlgeübt." Alarich aber lachte laut und rief: „Je dichter das Gras, desto leichter das Mähen!" Und er forderte, daß ihm alles ausgeliefert werde, was Rom an Gold, Silber und kostbarem Geräte besaß. „Was willst du uns denn übrig lassen?" fragten die bestürzten Römer. „Euer Leben," lautete die Antwort. Und die stolze Stadt mußte sich fügen; mit einer unermeßlichen Geldsumme erkaufte sie sich Schonung, und Alarich mit seinen Westgoten zog ab. Aber im folgenden Jahre kehrte er wieder, eroberte die Stadt und plünderte sie aus (410). Mit Beute beladen, brach er dann nach Süditalien auf, um von dort nach Sicilien und Afrika überzusetzen. Da ereilte ihn der Tod in der Blüte seiner Jahre. Die Goten begruben ihren König in großartiger Weise. Sie leiteten einen Fluß (Busento) ab, mauerten in dem trockenen Bett ein Grab aus und senkten den toten König mit der Rüstung auf seinem Streitrosse hinab. Dann bedeckten sie das Grab mit Erde und leiteten den Fluß wieder darüber, damit niemand erfahre, wo der große Alarich liege, und niemand seine Ruhestätte störe. Der neue König führte darauf das Volk durch Italien zurück nach Gallien und gründete dort ein großes Westgotenreich. Dieses breitete sich bald auch über Spanien aus und hat noch drei Jahrhunderte bestanden, bis es von den aus Afrika stammenden Mauren zerstört wurde (711).

4. Geiserich, der Vandale. Gleich den Westgoten brachen andere deutsche Völker in das römische Reich ein; denn die Römer waren nicht mehr imstande, ihre weit ausgedehnten Grenzen zu beschützen. Nicht einmal das Meer hemmte das Vordringen deutscher Völkerstämme. Nordafrika wurde die Beute der Vandalen, eines Volkes, das seine Sitze einst in Deutschland zwischen Weichsel und Oder gehabt hatte. Von ihrem Könige Geiserich geführt, eroberten sich die Vandalen ein Reich in Afrika mit der Hauptstadt Karthago (429). Wie vor 600 Jahren von Rom aus Zerstörung und Untergang über Karthago gekommen war, so unternahm jetzt der Vandalenheld von Afrika aus einen Kriegszug nach Italien. Alle Kostbarkeiten, die seit der Verheerung durch Alarich noch in Rom vorhanden waren, Bildsäulen und sonstige Kunstschätze in Tempeln und Palästen, wurden zu Schiffe gebracht und fortgeschleppt. Tausende der angesehensten Römer gerieten in Gefangenschaft und Sklaverei. Etwa hundert Jahre hat die Herrschaft der Vandalen in Afrika gedauert. Ihr Reich wurde durch den oströmischen Kaiser Justinian zerstört (534).

5. Die Angelsachsen. Auch die Nordsee hielt die Deutschen nicht von Wanderzügen ab. So fuhren die Angeln und Sachsen (449) nach Britannien und eroberten das Land, das nach ihnen Angelland oder England genannt wurde.

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