Читать книгу Erzählungen aus der deutschen Geschichte - Otto Adalbert Hoffmann - Страница 11
7. Attila, der Hunnenkönig.
Оглавление1. Der Hunnenschrecken. Furchtbarer als alle Verwüstung, welche die Züge deutscher Völker anrichteten, war die Not und Zerstörung, die von den Hunnen ausging. Nicht allein dem römischen Reiche, auch den neu gestifteten deutschen Staaten schien von ihnen der Untergang zu drohen. Am gefährlichsten wurde ihre Macht unter dem König Attila (Etzel).
2. Attila, die Gottesgeißel. Dieser gewaltige Kriegsheld war von Gestalt klein und häßlich. Aber an dem stolzen Gange, der würdevollen Haltung erkannte man sogleich den Herrscher. Ein Haufe von Königen und Fürsten unterjochter Völker umgab ihn; sie erschienen wie seine Diener, zitterten bei seinen Winken und eilten, seine Befehle zu vollziehen. Um sich her liebte er die Pracht; seine Gäste aßen aus goldnen und silbernen Gefäßen; er selbst duldete auf seiner Tafel nur hölzerne Schüsseln und war in Speise, Kleidung und Pferdeschmuck sehr einfach. Bei Gastmählern hörte er gern Gesang und heiteren Scherz; doch verlor er dabei nie den strengen Ernst. Sein Wohnsitz lag in Ungarn. Dort erhob sich in einem sehr großen Dorfe sein Palast, wie die andern Häuser nur aus Holz erbaut, doch mit weiten Hallen umgeben und prächtig ausgestattet. Von hier aus verbreiteten seine Befehle Schrecken über ferne Nationen. Man sagte, wenn er sein Schwert in die Erde stieße, so hätten hundert Völker gebebt und Rom und Konstantinopel in ihren Grundfesten gezittert. Er selbst nannte sich Gottesgeißel. Und wahrlich: alles Land, das er betrat, erfuhr es, daß er wirklich eine Geißel Gottes, eine Zuchtrute der Völker war.
3. Attilas Verheerungszug. Attilas Herrschaft reichte von den Grenzen Asiens bis tief in Deutschland hinein. Aber das genügte ihm nicht: auch den Westen von Europa bis zum Ocean hin wollte er besitzen. Darum brach er mit einem Heere von mehr als einer halben Million Streiter auf, zog, alles vor sich niederwerfend, durch Österreich und Bayern und ging dann über den Rhein nach Gallien. Sein Zug glich dem der Heuschreckenschwärme, welche die Saatfelder in wenigen Stunden zur Wüste machen. Eine Menge blühender Städte sank in Schutt und Asche. Plünderung, Mord und Brand herrschten überall, wo sich die wilden Scharen hinwälzten.
4. Die Hunnenschlacht (451). In dieser Not verbanden sich Römer und deutsche Völker (Westgoten, Franken etc.), dem Weltstürmer gemeinsam entgegenzutreten. Auf den catalaunischen Ebenen in Gallien, wo jetzt die Stadt Chalons liegt, stießen die feindlichen Heere aufeinander. Hier fand die große Hunnenschlacht statt, die entschied, ob Europa hinfort den kräftigen deutschen Völkern oder den hunnischen Barbaren gehören sollte. Es war ein fürchterlich blutiger Kampf, ein grauenvolles Würgen. So grimmig war die Wut der Streitenden, daß die Sage erzählt, noch drei Tage nachher hätten die Geister der Erschlagnen in den Lüften miteinander gerungen. Gegen 200 000 Tote deckten das Schlachtfeld. Aber der Hunnenkönig ward geschlagen und mußte mit den Überbleibseln seines Heeres nach Ungarn zurückkehren.
5. Attilas Ende. Freilich war Attila noch stark genug, im nächsten Jahre einen Einfall in Italien zu machen. Doch das war seine letzte Heerfahrt. Bald darauf starb er. Sein Leichnam wurde in einen goldnen Sarg gelegt, den ein silberner und zuletzt ein eiserner umschloß. Waffen, Pferde und Kostbarkeiten wurden mit ihm begraben, die Gefangnen aber, die das Grab gemacht hatten, getötet, damit die Ruhestätte des Hunnenhelden nicht verraten werde. Nach Attilas Tode zerfiel sein Reich: die unterjochten Völker machten sich wieder frei, und die Hunnen verschwanden allmählich aus Europa.