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5. Armin, Deutschlands Befreier.

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1. Drusus in Deutschland. Durch die Eroberungen des großen Cäsar war der Rhein die Grenze geworden zwischen dem römischen Reich und dem Lande der Deutschen. Aber die Römer erkannten in ihrer Herrschsucht diese Grenze nicht an, auch die Deutschen sollten unter das römische Joch gebeugt, auch ihr Land dem ungeheuern Reiche einverleibt werden. Als nicht lange nach Cäsars Tode der Kaiser Augustus im Römischen Reiche herrschte, sandte er mächtige Heere über den Rhein, und sein Stiefsohn, der tapfere Feldherr Drusus, unternahm mehrere Kriegszüge, auf denen er bis an die Weser und Elbe vorrückte. Zwar starb Drusus bald: aber die Unterjochung Deutschlands wurde fortgesetzt. Schon schien das Land zwischen Rhein und Weser ganz im Besitze der Römer zu sein: römische Legionen hatten dort ihre festen Lagerplätze, römische Statthalter schalteten wie in einer eroberten Provinz.

2. Varus. Besonders drückte der Statthalter Varus das deutsche Volk durch schimpfliche Behandlung. Er forderte von den freien Deutschen Abgaben, als wären sie die Unter- thanen der Römer; er suchte ihnen die römischen Sitten und Gesetze, ja sogar die römische Sprache aufzudrängen; er ließ Ruten und Beile vor sich hertragen zum Zeichen, daß er die Macht habe, körperliche Züchtigungen und selbst die Todesstrafe zu verhängen. Solche Knechtschaft empfanden die Deutschen als die äußerste Schmach. Aber wer sollte das Vaterland aus der Hand des mächtigen Unterdrückers befreien?

3. Der Cherusker Armin. Unter den Cheruskern, einer deutschen Völkerschaft, die am Weserstrome ihre Wohnsitze hatte, lebte damals ein junger Fürst von schöner Gestalt, scharfem Verstände, tapferem Arm und Herzen. Sein Name war Armin (Hermann). Um die Kunst des Krieges zu erlernen, hatte er, wie mancher andre deutsche Jüngling, im römischen Heere gedient, und die Römer hatten den edeln Fürstensohn mit Ehren und Würden reich belohnt. Doch ihn konnte römisches Wesen nicht verführen, römische Sittenlosigkeit nicht verderben. Mit tiefem Unwillen sah er die Schmach seines Vaterlandes, und seine Seele erfüllte der Gedanke, dessen Retter zu werden. Kein Römer ahnte sein Vorhaben. Auch als ein Verräter den Varus vor ihm warnte, wollte der sorglose Statthalter an keine Gefahr glauben.

4. Die Schlacht im Teutoburger Walde (9 n. Chr.). Armin aber gewann in der Stille einen der deutschen Fürsten nach dem andern und wartete nur der günstigen Stunde. Da brach bei einer entfernt wohnenden deutschen Völkerschaft ein Aufstand aus. Ihn rasch zu unterdrücken, begab sich Varus mit seinem zahlreichen wohlgerüsteten Heere auf den Marsch. Den drei römischen Legionen folgten deutsche Hilfsscharen unter ihren Fürsten. Auf schlechten Wegen, durch dichtverwachsenes Gehölz ging der Zug durch den Teutoburger Wald (in Westfalen). Bald vermehrte arges Unwetter die Anstrengungen des Marsches. Heftiger Regen rauschte nieder, machte den Boden schlüpfrig und alle Tritte unsicher. Immer schwieriger wurde den schwer bewaffneten, erschöpften römischen Kriegern das Vorwärtsschreiten. Jetzt schien Armin die Zeit zum Kampfe gekommen. Unter seiner Führung stürzten die Deutschen aus ihren Wäldern mit furchtbarem Schlachtgeschrei auf die entsetzten Römer los. Den ganzen Tag hindurch wird gestritten. Am Abend gelingt es den Römern, einen freien Platz zu gewinnen und ein festes Lager aufzuschlagen. Doch ohne Nahrungsmittel und von den Feinden umringt, verbrennen sie in der Frühe des nächsten Morgens alles entbehrliche Gepäck und ziehen durch den unwegsamen Wald weiter. Aber das Unwetter dauert fort, und die Deutschen fallen mit um so größerem Ungestüm über sie her. Noch einmal unterbricht die Nacht den Kampf, noch einmal wird es Morgen. Kein Ausweg, keine Rettung mehr! Auch den Tapfersten entsinkt der Mut, und Varus tötet sich selbst. Nur wenige seiner Krieger können noch entfliehen; alle andern werden erschlagen oder gefangen. Das ganze große, tapfere Römerheer ist vernichtet.

5. Folgen der Schlacht. Während die Deutschen ihren Göttern Dankopfer darbrachten für den errungenen herrlichen Sieg, verbreitete die Botschaft von der furchtbaren Schlacht in Rom Trauer und Schrecken. Der Kaiser Augustus legte Trauerkleider an und ließ sich monatelang Haar und Bart wachsen. Von Schmerz überwältigt, rief er: „Varus, Varus, gieb mir meine Legionen wieder!" Allgemein herrschte die Furcht, die Deutschen würden wieder in Italien einbrechen, wie zur Zeit der Cimbern und Teutonen. Eilig wurden die größten Rüstungen gemacht, um die Grenzen gegen ihren Andrang zu verteidigen. Allein diese Besorgnis war unbegründet: Armin dachte nicht daran, auf Eroberungen auszuziehen; er war zufrieden, den vaterländischen Boden von den Feinden befreit zu haben.

6. Armins Ende. Diese Freiheit seinem Volke zu bewahren, war sein Bemühen, so lange er lebte. Vergeblich machten die Römer neue Versuche, in Deutschland festen Fuß zu fassen. Drusus Sohn Germanicus drang zwar weit in Deutschland ein und nahm Armins Gemahlin, die heldenmütige Thusnelda, gefangen, aber Armin schirmte sein Vaterland mit starkem Arm. Zwölf Jahre lang war er noch des Volkes oberster Führer und Feldhauptmann. Da fiel der edle Held durch schmachvollen Meuchelmord. Das deutsche Volk aber sang seinen Ruhm Jahrhunderte hindurch, und die dankbare Nachwelt feiert ihn mit Recht als Deutschlands Befreier. Im Teutoburger Walde bei Detmold ist ihm jetzt ein großes Denkmal errichtet worden.

7. Römische Kultur in Deutschland. Während ihrer Herrschaft in den deutschen Gauen hatten die Römer an allen wichtigen Verkehrsstraßen Burgen oder befestigte Lager errichtet. So entstanden z. B. die Orte Köln, Bonn, Koblenz, Trier. Am Rhein und an der Mosel führten die Römer den Obst- und Weinbau ein; hier entwickelten sich auch die ersten Anfänge des deutsch-römischen Handels. Bald zogen römische Kaufleute durch die deutschen Lande und betrieben einen lebhaften Tauschhandel mit römischen Waren, vor allem mit Waffen, Schmucksachen, Metallwaren, römischen Kleidern und Wein, während ihnen die Deutschen dafür die Erzeugnisse ihres Landes lieferten, besonders Felle, Pelze, Bernstein, Vieh, Feldfrüchte und das von römischen Frauen begehrte deutsche Frauenhaar; selbst deutsche Sklaven wurden im Tauschhandel vergeben oder gegen römische Münzen und Schmucksachen verkauft. Die Deutschen lernten von den Römern den Bau von festen Häusern, Brücken und Wegen, auch eigneten sie sich bald die Grundzüge der römischen Kriegskunst an und wurden im römischen Waffendienste so erfahren, daß die Römer sie gern in ihre Heere aufnahmen.

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