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Das eigene Medienumfeld auf den Prüfstand stellen

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Gehören Sie auch zu den Menschen, die voller Überzeugung über sich sagen: »In die Fake-News-Falle tappe ich nicht«? Sind Sie ganz sicher, dass Sie selbst noch nie etwas (eventuell) Unwahres verbreitet haben? Lassen Sie uns das doch etwas genauer anschauen. Die Anzahl an Informationen, die wir tagtäglich bewusst oder unbewusst konsumieren, ist so groß, dass wir unmöglich jede Information einem Faktencheck unterziehen können. Wir vertrauen also unseren bewährten Medien, Freunden oder eben auch Parteien. Doch das reicht leider nicht. Wir sollten auch bei diesen Medien (Zeitung, Radio etc.) deren Motiv für die jeweilige Berichterstattung stets hinterfragen.

Was viele Medien, vor allem im Onlinebereich, antreibt, sind ihre Klickzahlen. Dazu benötigen sie bloß einen »Skandal« – Futter dafür gibt es zuhauf – und eine reißerische Überschrift. Doch nicht alles, was uns als Skandal verkauft wird, ist tatsächlich einer. Das beste Beispiel für eine Skandalisierung von allem und jedem ist sicherlich die deutsche »Bild«-Zeitung mit rund 8,63 Millionen Lesern pro Ausgabe. Ihre reißerischen und polemischen Headlines sind Legende. Als das deutsche Innenministerium 2015 die Kriminalstatistik für Sachsen veröffentlichte, titelte die »Bild«-Zeitung: »Die Wahrheit über kriminelle Asylwerber« und untermauerte den Artikel mit dem Bild eines Drogendealers aus Tunesien.15 Die »Freie Presse« hingegen schrieb: »Innenministerium legt Zahlen zur Kriminalität von Zuwanderern vor.«16 In Wahrheit stieg die Kriminalitätsrate im Vergleich zur Zuwanderungsquote verhältnismäßig gering an. Der Großteil der Delikte wird von wenigen Einzeltätern begangen. Viele Menschen in Deutschland beziehen ihre Informationen vorrangig aus der »Bild«-Zeitung und bilden sich daraus ihre Meinung. Das halte ich für höchst problematisch. Eine subjektive und in weiten Teilen polemische Berichterstattung ist keine Basis für eine ausgewogene Meinungsbildung. Die »Bild«-Zeitung hat aus meiner Sicht einen großen Anteil an der aktuellen gesellschaftlichen Spaltung und trägt auch eine Mitverantwortung dafür.

In Österreich werden Regierungsanzeigen gerne in Boulevardmedien geschaltet. Unter Ex-Kanzler Werner Faymann (SPÖ) war dies lange Zeit Usus. Als sein Nachfolger Christian Kern, ebenfalls SPÖ, diese Praxis einstellte, änderte sich die Art der Berichterstattung der Tageszeitung »Österreich«* über Kern schlagartig. Man ließ kein gutes Haar mehr an ihm und machte sich über ihn lustig. Eine dieser abwertenden Schlagzeilen lautete zum Beispiel: »Geheim-Akte: Kern ist eine eitle Prinzessin«. Die nachfolgende Regierung unter Sebastian Kurz nahm die Anzeigenschaltungen in den Medien der Yellow Press wieder auf und siehe da: Dem neuen Kanzler und seiner Regierung wurden in den Medien Rosen gestreut. Meine Empfehlung: Recherchieren Sie immer auch das mögliche Motiv einer Berichterstattung. Wenn es, wie hier, finanzielle Anreize gibt, kann von einer neutralen, unparteiischen Berichterstattung keine Rede sein.

Eine ähnliche Geschichte gibt es auch über die österreichischen Tageszeitung »Kurier«. Diese Zeitung habe ich lange Zeit als bürgerliches und seriöses Magazin eingestuft, und das war sie früher auch. Der ehemalige Chefredakteur Helmut Brandstätter beschreibt in seinem Buch »Kurz & Kickl: Ihr Spiel mit Macht und Angst« jedoch, wie Sebastian Kurz regelmäßig in Redaktionen angerufen und sich massiv beschwert hat, wenn die Berichterstattung nicht so ausgefallen war, wie er und seine Leute es erwartet hatten. Die Journalisten begannen darüber nachzudenken, ob ihnen eine bestimmte Art der Berichterstattung schaden oder nutzen könnte. Eine veritable Gefahr für die Demokratie, denn unsere Medien stellen die vierte Gewalt im Staat dar.

Wir als Leser, Zuschauer und Hörer können einiges gegen diese unheilvolle Entwicklung tun. Wir können die Medien indirekt zur Verantwortung ziehen, indem wir diese unseriöse Berichterstattung einfach ignorieren und ihnen nicht noch zusätzliche Klickzahlen bescheren, denn genau diese sind ja das Ziel. Darüber hinaus hat jeder die Möglichkeit, die Quellen der Journalisten zu überprüfen und kritisch zu hinterfragen, ob die zitierte Statistik auch wirklich das repräsentiert, was sie vorzugeben scheint. (Sie kennen ja sicher den Spruch: »Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast«.) Wem das zu aufwendig ist, der kann das Projekt »Zuerst denken – dann klicken« unter www.mimikama.at aufrufen.

Hier werden Medienberichte einem intensiven Faktencheck unterzogen. Darüber hinaus lohnt es sich, die Berichterstattung über ein Ereignis in verschiedenen Medien miteinander zu vergleichen.

Dialog statt Spaltung!

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