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4.

Männer bei der Arbeit

Der Fußweg endete vor einem Tor in einer Mauer, hinter der sich die struppigen Bäume von Reginald Bulls Garten erhoben. Eine Weile stand Perry Rhodan vor dem Eingang und wartete auf Antwort, doch weder der Bewohner noch das Haus reagierten auf das Betätigen der Sprechanlage. Vielleicht schlief das Haus komplett, oder nur die Türklingel war abgestellt. Vielleicht schlief Bull. Andererseits war es helllichter Tag, und nach Auskunft der Flotte war Bull zu Hause.

Rhodan hatte nicht schlecht gestaunt, als er mit dem Flottenkommando Kontakt aufgenommen und sein alter Schulfreund Marcus Everson das Gespräch entgegengenommen hatte. Alt im Wortsinn – tiefe Falten zeichneten sein Gesicht. Zwar hatte Everson bereits in der Vergangenheit das Amt des Stellvertretenden Systemadmirals ausgeübt, aber das war lange her.

»Reginald hat sich seit Tagen nicht mehr blicken lassen.« Aus Eversons Stimme hatte kein Vorwurf geklungen. »Bitte richte ihm aus, dass wir uns langsam Sorgen machen.«

»Danke, Marcus. Es tut gut, dich zu sehen.«

»Ebenso, Perry.«

Rhodan lauschte. Nur das Rauschen der Blätter, ein paar Vögel, der ferne Verkehr ... Dann glaubte er, aus Richtung des Hauses ferne Geräusche zu hören.

Er wusste, dass Bulls Sicherheitssysteme nicht die besten waren. Aber falls er einen Alarm auslöste, wäre das durchaus peinlich. Rhodan sprang in die Höhe, drückte sich an der Mauer hoch und schwang sich darüber.

Das Grundstück war groß, aber nicht riesig. Eine Rasenfläche mit ein paar Bäumen, ein kleiner, trockener Pool, in dem sich Blätter sammelten, und Bulls privates Landefeld, daneben die große Garage. Ähnlich wie Rhodans eigenes Grundstück, aber etwas pragmatischer und in den zurückliegenden Monaten augenscheinlich schlecht gepflegt.

Rhodan folgte dem Weg zum Haus und klopfte. Keine Reaktion. Das Eingabefeld für den Öffnungscode neben der Tür jedoch leuchtete grün. Allmählich machte sich auch Rhodan Sorgen. Dass Bull für niemanden erreichbar war, sich aber in einem unverschlossenen Haus versteckte, war nicht gut. Er drückte die Tür auf und trat ein.

»Reg?«

Ein dicker Geruch nach Fertiggerichten, alter Kleidung und verbrauchter Luft schlug ihm entgegen. Die Jalousien waren heruntergelassen, auf den Tischen und Stühlen des Wohnzimmers stapelten sich Teller, Verpackungsmüll und Gläser. Mücken tanzten im Halbdunkel, und die Holzbalken an der Decke waren von der Salzluft angegriffen und benötigten dringend einen neuen Anstrich. Rhodan versuchte sich zu erinnern, wann er Bull das letzte Mal zu Hause besucht hatte. Es musste länger her sein, als er sich eingestehen mochte, denn ihm fiel wieder ein, dass Autum Legacy sich damals noch darüber beklagt hatte, dass der Bungalow zwar durchaus im Stil der Achtziger eingerichtet war, aber der falschen Achtziger. Und die gegenseitigen Besuche von ihm und Thora sowie Reginald und Autum waren schon eine ganze Weile kein Thema mehr.

»Reg!«

Rhodan eilte zur Küche. Auch dort bot sich ein Bild der Verwahrlosung. Eine dicke Fettschicht hatte Herd und Töpfe überzogen, der Boden war voller Krümel, und in der Spüle stapelten sich leere Flaschen. Insbesondere die Whiskyflaschen gaben Rhodan zu denken. Bull hatte schon immer gern einen guten Tropfen genossen, aber er war nie ein Trinker gewesen.

Auf der Wohnzimmeranrichte stand ein gerahmtes Foto von Bulls Töchtern. Daneben lag ein weiteres Bild auf dem Gesicht. Rhodan richtete es auf: Es zeigte Reginald Bull, Autum Legacy und die Mädchen, an einem Sonnentag vor langer Zeit. In der Nähe entdeckte er einen Thermostrahler, die Dienstwaffe eines Flottenoffiziers. Sie war nicht gesichert. Rhodan runzelte die Stirn, nahm die Waffe, sicherte sie und legte sie wieder zurück. Dann trat er an den nächsten Positronikzugang und kontrollierte den Status des Hauses. Wie erwartet, waren die meisten automatischen Systeme ausgeschaltet, ebenso die Servoroboter. Das war nicht gut. Die Privatsphäre des Protektors in allen Ehren – aber wenn es wirklich einen Notfall gab, war es die Aufgabe dieser dienstbaren Geister, Hilfe zu rufen.

Rhodan folgte einer Spur zertretener Salzstangen, zerknüllter Servietten und klebriger Getränkeflecken zur hinteren Tür hinaus auf die Veranda. Dort trafen sich alle Müllpfade in einem kleinen Chaos zu Füßen des alten Rattansessels, der auf den Goshunsee hinausblickte.

Keine Spur von Bull. Aber Rhodan hörte deutlich die Schläge eines Hammers aus dem großen Schuppen zwischen Haus und Ufer. Er setzte sich schon in Bewegung, dann hielt er inne. Über dem Geländer der Veranda hing achtlos hingeworfen ein getragenes Hemd. Und daneben, am Eckpfosten der kurzen Treppe, hing Bulls Zellaktivator an seiner Kette.

Nun machte sich Rhodan ernstlich Sorgen. Wieso hatte Bull den Aktivator abgelegt? Und ganz davon abgesehen: Etwas so Wertvolles sollte man nicht einfach irgendwo rumliegen lassen ...

Rhodan nahm den Zellaktivator an sich, eilte die Treppe hinab und ging weiter zum Schuppen. Das Hämmern wurde lauter, von einzelnen Flüchen durchsetzt. Rhodan atmete erleichtert aus. Das war definitiv Bull, und solange er noch fluchte, ging es ihm gut.

Am Eingang des Schuppens bot sich Rhodan ein denkwürdiger Anblick. Bull, von dem Rhodan nur die Beine sah, lag drinnen auf dem Rücken wie ein Kfz-Mechaniker unter einer großen Holzkonstruktion, bei der es sich mit viel Phantasie um den Rumpf eines breiten Boots handeln konnte. Neben Bull stand eine halb volle Flasche Whisky. Überall lag Werkzeug verstreut, an der Wand stapelten sich Planken und Gestänge sowie verschiedenste Bauteile aus Holz und Metall. Es roch nach heißen Sägespänen, Teer und Öl. Zwar hatte sich Bull schon immer als Bastler bestätigt ... doch dies war etwas anderes. Das Ding war rau. Es war schmutzig. Es war ... fundamentaler als Bulls frühere Projekte.

»Was hast du vor?«, fragte Rhodan laut. »Die erste Überquerung des Goshunsees nur mit Muskelkraft?«

Reginald Bull schreckte auf, schlug sich den Kopf an und stieß einen Schrei aus. »Au, verdammt!« Hastig kam er unter dem Rumpf hervorgekrochen und starrte Rhodan mit einer Mischung aus Vorwurf und Unglauben an. »Du! Du bist ein Mistkerl, weißt du das?«

»Tut mir leid, dass du dir den Kopf gestoßen hast, Reg.«

»Das meine ich nicht.« Bull klopfte mit der Faust auf sein Werk. »Das hier ist mir wichtig. Musst du dich darüber lustig machen? Na, wenigstens hast du erkannt, was es sein soll.«

»Du überschätzt mich«, gestand Rhodan. »Was soll es denn werden?«

»Es ist ein Tretboot.«

»Ein Tretboot?« Rhodan glaubte, sich verhört zu haben.

»Ein Tretboot.« Als wäre damit alles geklärt, griff Bull nach der Flasche, bot sie Rhodan an und nahm, als dieser den Kopf schüttelte, selbst einen Schluck.

»Du sitzt in deinem Schuppen und baust ein Tretboot«, konstatierte Rhodan verwirrt.

»Ich hatte das schon ewig vor. Weißt du noch, im ersten Jahr, als Autum bei mir einzog? Da redeten wir häufig darüber, dass es keine Tretboote auf dem See gibt.«

Rhodan schüttelte bedauernd den Kopf

»Was ist ein ordentlicher See ohne Tretboote?«, fuhr Bull unbeirrt fort. »Ich will es dir sagen: eine Spielwiese für Vollidioten und ihre Jetskis. Kein Mensch weiß mehr die Langsamkeit eines einfachen Tretboots zu schätzen.« Er wischte sich die Stirn und grinste schwach. »Eigentlich ist die Idee sogar noch älter. Ich wollte schon immer mal ein Boot bauen.«

»Wenn du dich unbedingt umbringen willst, gibt es schnellere Wege, weißt du«, sagte Rhodan und ließ den Aktivator an seiner Kette baumeln.

Etwas an seiner Stimme ließ das Grinsen aus Bulls Gesicht verschwinden. »Woher hast du den?«, fragte er.

»Gefunden«, antwortete Rhodan wahrheitsgemäß. »Draußen an der Veranda.«

Bull grunzte.

»Wie lange trägst du ihn schon nicht mehr?«

Sein Freund zuckte die Achseln. »Ich lege ihn immer mal wieder ab. Dachte mir, vielleicht hält er so länger.«

»Macht er Probleme?«, erkundigte sich Rhodan besorgt. Er wusste noch gut, wie machtlos er sich gefühlt hatte, als bei seinem eigenen Zellaktivator Funktionsstörungen aufgetreten waren.

»Ach, ein bisschen«, wehrte Bull ab. »Wird schon wieder, nehme ich an.«

Zweifelnd zog sich Rhodan eine Kiste heran und setzte sich. »Was ist los, Reg? Marcus sagt, du bist seit Tagen abgetaucht.«

»Kommt drauf an.« Bull kratzte sich am Kopf. »Was für ein Tag ist es denn?«

»Mittwoch. Es ist Mittwoch, Reg.«

Bull nickte. »Marcus ist prima. Ohne ihn wüsste ich nicht mal, wo ich meine Hosen habe.«

»An die immerhin hast du gedacht.« Rhodan musterte Bulls schweißfleckiges Unterhemd. »War es deine Idee, Marcus aus dem Ruhestand zu holen?«

»Du warst nicht da. Stellte sich raus, dass Systemadmiral und Protektor ein bisschen viel für einen alten Sack wie mich ist. Auf Marcus ist Verlass.«

»Marcus ist neunzig«, sagte Rhodan. »Und trägt keinen Aktivator.«

»Danke.« Bull trank einen weiteren Schluck. »Jetzt komme ich mir wie ein Arschloch vor.«

»Ernsthaft, Reg.« Allmählich wurde Rhodan ungeduldig. »Ist es die Arbeit? Der Aktivator? Ist es Autum? Wenn es irgendwas gibt, was ich ...«

Bull wedelte mit dem Finger, als hätte Rhodan ihm gerade ein beleidigendes Angebot gemacht. »Wo warst du? Also zuletzt, meine ich. Du bist von Arkon heimgekommen und dann gleich wieder weg.«

»Ich war auf Olymp. Willst du wissen, warum?«

Bull stellte die Flasche neben sich auf dem Boden ab und reckte aufmerksam den Kopf wie ein Schüler in einem Klassenraum ohne Stühle.

»Also schön. Der Kaiser von Olymp ...?«

»Ja?«, fragte Bull. »Kenne ich.«

»Der ist meine Tochter.«

Bull zeigte erst keine Regung. Dann blinzelte er. »Sag das noch mal.«

»Anson Argyris.«

»Ja?«

»Ist Nathalie.«

»Anson Argyris ist Nathalie«, wiederholte Bull.

»Reg!«, klagte Rhodan. »Du bist mein Freund, aber dein Gehirn hat sich zu lange mit Tretbooten befasst.«

Bull zog sich ebenfalls eine Kiste heran und begab sich ächzend auf Rhodans Höhe. »Erzähl weiter.«

Also berichtete ihm Rhodan: von ihrem Einsatz im Arkonsystem und wie sie das Dunkelleben bekämpft hatten, von Atlan und Mirona und der Projektion Nathalies auf einem Bruchstück der Elysischen Welt. Er erzählte Bull von Nathalies Hinweisen und geheimnisvollen Andeutungen, von Thoras Schmerz und ihrer beider Wut darüber, dass ihre Kinder sie zehn Jahre lang hinters Licht geführt hatten.

»Ich verstehe, dass ihr nach Olymp wolltet«, sagte Bull lahm. »Ich an eurer Stelle hätte da wohl auch Gesprächsbedarf gehabt.« Er bot seinem Freund abermals die Flasche an.

Rhodan hielt ihm im Gegenzug den Aktivator hin. Bull seufzte, sie tauschten, er streifte die Kette über und Rhodan trank. »Also, was hat sie gesagt?«, fragte Bull.

»Wer hat wozu was gesagt?«, fragte Rhodan, der kurzzeitig von der Tatsache abgelenkt war, dass er an einem Mittwochnachmittag in einem warmen Schuppen teuren Scotch aus der Flasche trank.

»Na, Nathalie. Dazu, dass sie jetzt Kaiserin ist. Wollte sie doch immer sein, oder?«

Rhodan musste prusten. Bull und seine eigene Art, die Dinge auf den Punkt zu bringen, hatten ihm gefehlt. »Im Prinzip dasselbe, was sie mir zuvor schon durch die Blume gesagt hat: dass wir durch das Versiegeln der Großen Ruptur ein paar Probleme gelöst und eine ganze Reihe neuer Probleme geschaffen haben. Dass wir an Dingen gerührt haben, deren Auswirkungen noch niemand von uns überschauen kann. Dass wir gewissermaßen in das Räderwerk einer komplexen kosmischen Maschine eingegriffen und wahllos an einigen Stellschrauben gedreht haben – und nun die Konsequenzen in den Griff bekommen müssen, ehe es zu spät ...«

Er sah, dass Bull schon nicht mehr zuhörte.

»Dafür seid ihr nach Olymp geflogen?«, fragte Reginald Bull. »Für diese Sprüche? Erinnere mich daran, dass ich die Klappe halte, wenn ich mich mal wieder über meine Töchter beklage.«

Rhodan wusste, dass sein Freund oft genug Probleme damit hatte, dass Laura und Sophie Bull-Legacy im Auftrag NATHANS Dinge taten, die Bull nicht mal ansatzweise erfasste.

»Glaub mir, mir fällt das auch nicht leicht«, versicherte Rhodan. »Zuletzt hat Callibso solche kosmischen Zusammenhänge angedeutet, und dass ich und Thora, wir alle vielleicht wichtige Rollen darin spielen. Und jetzt auch Nathalie.«

»Wieso tun sie uns das an, was meinst du?«, rätselte Bull.

»Wer?«

»Callibso. ES. Oder NATHAN. Ellert, Soptor ...«

Rhodan dachte an die Halbarkonidin, die in seinen Armen gestorben war, nachdem sie ihn vor der drohenden Gefahr gewarnt hatte.

Doch Bull hatte derzeit andere Sorgen. »Diese ganzen Gestalten, die behaupten, die Wahrheit zu kennen, aber immer nur in Rätseln sprechen!«, setzte er seine Tirade fort.

»Nathalie sagt, dass die Eckpunkte dieses kosmischen Plans – wenn es denn einer ist – sich ständig verändern und angepasst werden müssen. Deshalb dürften wir die Details dieses Plans nicht kennen, denn sonst würden wir ihn vielleicht gefährden ...«

Bull winkte ab. »Dasselbe Geschwätz, dass wir uns seit Jahrzehnten anhören dürfen. Aber wieso, frage ich dich, wieso müssen sie das auch unseren Kindern antun?« Ein merkwürdiger Ausdruck trat in sein Gesicht. Halb Leid, halb Flehen. »Warum, Perry? Warum können NATHAN und seine Freunde nicht wenigstens die Finger von unseren Familien lassen?«

Rhodan wusste keine Antwort. »Es ... schmerzt«, gestand er.

Bull machte eine auffordernde Geste, Rhodan trank noch einmal und reichte ihm die Flasche dann zurück.

»Und bleibt sie Kaiser?«, erkundigte sich Bull.

»Bis auf Weiteres. Sie sagt, das sei die ideale Position, um das zu tun, was getan werden muss.«

»Sag bloß.« Bull lachte. »Kaiserin Nathalie die Erste.«

»Wie steht es mit dir?« Rhodan hatte Angst vor dieser Frage gehabt, aber sie musste gestellt werden.

»Was meinst du?«

»Bleibst du auch auf deiner Position? Kann die Menschheit auf dich zählen?«

Nachdenklich schwenkte Bull die Flasche und sah ihrem goldenen Inhalt beim Kreisen zu. »Früher hättest du gefragt, ob du auf mich zählen kannst, weißt du das?«

»Ich sehe nicht, was das für einen ...«, setzte Rhodan an.

»Oh, es macht einen großen Unterschied«, unterbrach Bull. »Aber ich bin froh, dass du die Frage genau so gestellt hast, wie du sie gestellt hast. Es ist fairer, weißt du. Ein bisschen theatralisch vielleicht, aber fairer.«

»Reg ...«

»Lass mich mal ausreden. Ich weiß, ich mache nicht den besten Eindruck, und ich will nicht dein Mitleid. Ich will nur, dass du weißt ...« Bull wedelte mit der Hand. »Dass es schwer ist.« Seine Hand fand den Zellaktivator. »Das hier.« Er zog ihn sich über den Kopf. »Das hier ist schwer. Du hast das ja schon wieder hinter dir, also ...« Er stockte, deutete wortlos auf Rhodans Brust.

Seit seiner Rückkehr aus dem Zeitbrunnen von Lashat brauchte Rhodan keinen Aktivator mehr und kam dennoch in den Genuss seiner lebensverlängernden Wirkung. Eine Manipulation auf der Quantenebene, die sich ihrer aller Verständnis entzog.

»Was, Reg?«, fragte Rhodan. »Was fällt schwer?« Doch er glaubte die Antwort zu kennen: Die Unsterblichen entfernten sich von den Menschen. Erst verloren sie ihre Liebsten, so wie Bull Autum verloren hatte. Und wenn sie nicht aufpassten, verloren sie ihre eigene Menschlichkeit, bis sie wie Atlan, Avandrina oder Mirona wurden.

»Das Trinken fällt schwer«, scherzte Bull. »Macht richtig viel Arbeit. Dieses verdammte Ding hält einen nüchtern, und das weißt du genau, auch wenn du so tust, als wärst du ebenso alkoholisiert wie ich.«

»Reg, bitte glaub mir. Mir fällt das alles auch nicht leichter als dir. Aber ich versuche, keine Fragen zu stellen, auf die mir niemand außer mir selbst eine Antwort geben kann.«

Bull hob den Blick. »Du wolltest mich was fragen: ob ich meinen Job machen kann. Mein Job, der eigentlich deiner ist. Es ist nett, dass du fragst, denn voriges Mal hast du das nicht getan. Willst du endlich deine Antwort?«

Rhodan nickte.

»Es ist sauschwer«, sagte Bull. »Aber ich kriege es hin. Ich erledige meine Arbeit. Und Marcus hat einen Orden verdient.«

»Ist vermerkt«, versprach Rhodan.

»Aber ich wüsste gern: Wieso gerade jetzt? Wieso die Frage?«

»Weil ich wieder wegmuss.« Bisher war es nicht mehr als eine vage Ahnung gewesen. Aber nun, da Rhodan es aussprach, wurde es zur Gewissheit. »Wir haben noch keine offizielle Freigabe, aber es wird unvermeidlich sein. Merkosh ist im MIMERC in Behandlung – und es geht ihm schlecht. Er redet viel davon, dass er nach Hause will. Und als ich das vorige Mal von unseren kosmischen Rätselfreunden kontaktiert wurde, im Arkonsystem ...«

Bull bedeutete ihm, zum Punkt zu kommen.

»Ich hatte eine Vision. Von einem Ort namens Drem-Doreus. Irgendwo im galaktischen Zentrum.«

»Das zum Compariat gehört.«

»Wir haben starke Gravitationswellen von dort aufgefangen«, berichtete Rhodan weiter. »Eine ungewöhnliche Aktivität der Schwarzen Löcher im Milchstraßenzentrum, die anscheinend Auswirkungen auf die Pulsare der Lokalen Blase hatte. Eine fünfdimensionale Front ...«

»Ich kenne meine Pflichten«, sagte Bull knapp. »Du kannst dich auf mich verlassen.«

»Danke.« Rhodan fiel ein Stein vom Herzen. Es gab noch so viel, über das er seinen Freund ins Bild setzen musste: das Dunkelleben, Tihit ... Doch dafür war es sinnvoll, das Bull auch die zugehörigen Daten und Holoaufzeichnungen einsehen konnte. »Ich bin wirklich froh, dass wir das geklärt haben. Ich wollte dir nämlich nicht in den Rücken fallen, wenn wir mit Michelsen darüber reden.«

»Wir reden mit Michelsen?«, fragte Bull misstrauisch.

»Wie gesagt – wir haben noch keinen offiziellen Missionsauftrag. Aber selbstverständlich reden wir mit Michelsen. Gleich morgen früh.«

Bull grinste. »Was wurde aus Rhodan, dem Raumschiffdieb?«

»Komm mal her.« Rhodan stand auf und streckte Bull die Hand hin. Der zögerte kurz, dann griff er zu, und Rhodan zog seinen Freund auf die Beine.

Die beiden Männer schlossen einander in die Arme. Sie hatten mehr gemein als die Unsterblichkeit. Sie teilten ihre Ängste. Ihren Zorn und ihren Schmerz.

»Danke«, sagte Reginald Bull irgendwann. »Es war wirklich nett, dass du vorbeigekommen bist.« Er warf einen kummervollen Blick auf das Tretboot. »Und du wirst wohl noch etwas warten müssen, mein stolzes Schiff.«

»Ich würde dich noch gern um einen Gefallen bitten«, sagte Rhodan. »Eigentlich um zwei.«

»Nämlich?«

»Du und Autum, redet ihr noch miteinander?«, wollte Rhodan wissen.

Bull wirkte nicht überrascht von der Frage. »Gelegentlich. Wenn was mit Laura oder Sophie ist.« Er grinste schwach. »Wir sagen immer, wir reden nicht oft genug, aber wie es eben so ...«

»Ruf sie an«, forderte Rhodan.

»Das ist der Gefallen, den ich dir tun soll?«, vergewisserte sich Bull.

Rhodan machte eine bejahende Geste.

»Also schön«, sagte Reginald Bull. »Dann rufe ich sie an. Und was ist der andere Gefallen?«

Perry Rhodan grinste und klopfte seinem Freund noch einmal auf die Schulter. »Komm morgen zu Michelsen bitte nüchtern.«

Perry Rhodan Neo Paket 24

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